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Mayu, eine gefeierte
junge Schauspielerin, kommt bei einem Verkehrsunfall ums Leben, vielmehr:
Sie nimmt sich das Leben mittels eines Verkehrsunfalls - und hinterläßt
eine eher unkonventionelle Wahlfamilie, "eine Art Pensionsbetrieb", die
die Trauer um die Verstorbene zusammenhält: Sakumi, die ältere Schwester
und Protagonistin, ihre Cousine Mikiko, den jüngeren Bruder Yoshio, eine
noch junge Mutter, sowie deren Jugendfreundin Junko.
Rychir, Schriftsteller
und Mayus (ehemaliger) Geliebter, arrangiert sich, indem er auf Reisen
geht und die Situation schreibenderweise bewältigt. Zunächst schickt er
Sakumi von unterwegs einen Porzellanhund, dann eine Kiste Äpfel, und schließlich
wird die Trauerbewältigung selbst erwartet:
"Es würde sein wie der Weihnachtsmorgen in Kinderzeiten, bestimmt […], ein Symbol des Loslassens und der Vergebung. Es wird so etwas wie eine Antwort darinstehen, in genau den richtigen Worten, Worte, die die Leere ausfüllen werden, die meine Schwester hinterlassen hat." |
Der fleißige Yoshimoto-Leser
hat bis zu diesem Punkt bereits einige Déjavu-Erlebnisse zu gewärtigen:
Die Erfahrung mit dem Tod, die allgemeine Tendenz zum Esoterischen, die
flapsig-melancholische Grundstimmung und sogar die altbekannte Küchenobsession.
Das nächste
Déjavu-Erlebnis teilt er mit der Protagonistin: Es ist Sakumis eigene
Lebensgeschichte, als Ich-Erzählung verfaßt, die der Leser ansatzweise
bereits kennt. Oder auch nicht. Schon beginnt die Grenze zwischen Traum
und Realität zu verschwimmen. Da ist zunächst Sakumis Bruder Yoshio, der
nach und nach zum "Okkultknaben" mutiert, was sich zuallernächst in seiner
Neigung zur Schriftstellerei und einer Geschichte über eine Frau äußert,
die mit zwei Gedächtnissen lebt, ihrem eigenen und dem einer Fremden.
Auch das kennt Sakumi, die sich bei einem Unfall so gründlich den Kopf
angeschlagen hat, daß sie seither nicht mehr so ist wie früher. Statt
zweier hat sie jedoch nur mehr ein halbes Gedächtnis - bestenfalls. Wer
ist hier wer? - Das fragt sich zuweilen auch Sakumi:
"Soll ich wirklich an den Ort zurückgehen, an den ich gerade denke? Ist das richtig, wohne ich da? Und wo arbeite ich? Wie viele sind wir zu Hause überhaupt? Heute morgen muß ich doch noch dort gewesen sein, wieso kommt es mir dann jetzt so weit weg vor? Ich war total durcheinander und bekam Angst. Alles schien so entfernt wie ein Traum, den ich irgendwann einmal geträumt hatte. Außerdem war ich allein auf weiter Flur, alles, aber auch alles, hielt gleichermaßen Abstand zu mir, ich war ganz auf mich gestellt." |
Direkt nach ihrem
Unfall hatte sich Sakumi in den Schriftsteller Rychir verliebt - dass
er bereits der Geliebte ihrer toten Schwester gewesen war, hat sich erst
später herausgestellt. Auf der Suche nach Sakumis Gedächtnis beginnt eine
Reise ins Reich des Übersinnlichen; von der ersten Seite des Buches taucht
man ein in die wunderbare Welt der Banana Yoshimoto. Aber es ist kein
Sprung ins kalte Wasser. Schwerelos treibt man durch die Über- und Unterwelten,
und wenn man nach rund 500 Seiten wieder auftaucht, ist es ebenfalls kein
Sprung zurück in die kalte Realität, sondern der Traum geht weiter: Die
Wirklichkeit sieht plötzlich anders aus.
Unverkennbar ist auch Banana Yoshimotos Schreibstil; locker dahergeknallte
Dialoge gehen zuweilen ohne Vorwarnung über in den poetischen Raum:
"Ein Gefühl wie beim Kotzen. Ich weinte, ohne Luft zu holen. Nicht um die ständig benebelte, dick geschminkte Mayu der letzten Jahre, deren Gefühle schon völlig abgestumpft waren, sondern um die verlorene Zeit aller Schwestern dieser Welt." |
So grenzenlos platt
und kitschig derlei zuweilen anmutet, so grenzenlos rührend und vor allem
grenzenlos ehrlich ist es auch.
Charakteristisch für Yoshimotos Romane und Erzählungen ist weiterhin die
detaillierte Art und Weise, in der ihre Heldin immer neue Menschen kennenlernt
und beschreibt, die Art und Weise, wie sich deren Charaktereigenschaften
immer ähnlicher werden - und die Art und Weise, wie irgendwann die Grenzen
und Unterschiede zwischen ihnen gänzlich verschwimmen. In diesem Klima
setzt die Protagonistin ihre tote Schwester und ihre eigene Vergangenheit
zusammen.
Während dem Umherorientieren im Erinnerungslosen löst sich Sakumis ‚Familie'
auf - zunächst langsam aber sicher, irgendwann Schlag auf Schlag aber
sicher. Amrita ist ein Buch über die kategorische Einsamkeit des Abschieds
und das grenzenlose Staunen des Kennenlernens, eine Philosophie des Willkommens
und Verabschiedens, des Kommens und Gehens, des Festhaltens und Loslassens.
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Danke.
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