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Ob die angebliche Übertragung filmischer Mittel in die Literatur wirklich immer ein Verkaufsargument ist, darf bezweifelt werden.
Es gab ja 2000 bei der Konkurrenz ein mittelhessisches Romanwunder mit
"Wäldchestag" von Andreas Maier, warum also nicht noch
einmal den wider herkömmlicher Erwartung und modischer Großstadthysterie
erzählerisch erfolgreichen provinziellen Raum aufsuchen, um die
einmal eroberte Domäne als literarischen Lebensraum zu verteidigen?
Zumal das Schicksal des Protagonisten, unser Gymnasiallehrer Hugo Rähs, Ende Dreißig und verliebt in eine Kollegin, verknüpft wird mit der oha! Jagd auf eine religiöse Sekte in Wisconsin/USA bzw. Chicago/USA, so dass doch die große weite Welt in den Roman eingeht. Das nicht nur räumlich-erzählerisch, sondern auch erzählerisch-metasprachlich, denn unser Lehrer Rähs beschäftigt sich nebenbei auch mit Sprachtheorie, was eng von seiner nochmal: oha! - W. S. Burroughs-Lektüre, insbesondere Naked Lunch, bestimmt wird. "Für Hugo Rhäs ist Burroughs Höhe- und Endpunkt der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts. Wenn nicht sogar der Literatur überhaupt."
Ein solches Klischeelein passt nun wiederum wunderbar in eine mittelhessische Gymnasiallehreridylle, doch Halt! Handelt es sich hier um eine Idylle? Weit gefehlt. Ein Kriminalfall steht ins Haus, mit konstruierten Verbindungen und so bedenklich sich das jetzt auch anhört, so merkwürdig liest es sich dann auch in die deutsche Schlageridylle und den amerikanischen Geheimdienst, und erstellt mit folgenden Hilfsmitteln (Zitat Klappentext): "Die optische Erzählweise mit ihren filmartigen Schnitten, Wiederholungen, Vor- und Rückblenden, mit Zeitlupe und Zeitraffer ist deutlich dem neuen Kino verpflichtet, bleibt aber moderne Literatur: spannend, satirisch bis absurd, komisch-melancholisch und immer wunderbar lakonisch."
Filmartige erzählerische Stilmittel; obwohl das nun eher Schnee von gestern ist, wird wohl erwartet, dass man wiederum aufhorcht, also bitte, ein weiteres Mal: oha!
Die Erzähltechnik ist selbstverständlich auch ein wenig Burroughs geschuldet, wobei seine Texte sich allerdings nüchtern und ohne Drogenkonsum betrachtet hart an der Lesbarkeitsgrenze entlang bewegen. Will Frank Witzel das auch erreichen? Manchmal hat man das Gefühl, aber ihm fehlt der Mut zum kompletten Chaos des cut-up und fold-in, er beschränkt sich hier sage ich: zum Glück für die Leser, die gerne einer Geschichte folgen-, auf die Schauplatz- und Personenverwirrung. Doch was im Film in Form von short-cuts funktionieren kann, weil über die Bildebene selbst in einer kurzen Szene immer viele Informationen transportiert werden können wer sieht wie aus, hat was an, macht in welcher Umgebung mit welcher Mimik was für Bewegungen und wie wird darauf reagiert etc. , geht hier glatt in die Hose, weil in der Fülle der Personen diese kaum an Charakter gewinnen, wenig beschrieben werden, ihre Motivationen häufig im Undeutlichen verbleiben, und wenn sich am Ende alles in einem mörderischen Showdown auflöst, ist es einem eigentlich auch schon egal.
Begleiten
wir zum Schluss einen Geheimdienstmitarbeiter bei seinem Beschattungsauftrag
und sehen die Szene auch als Metatext:
"Worüber die beiden da im Garten
alles sprachen, wirklich über Gott und die Welt. Kassetten hatte
er genug dabei, aber das Problem war seine völlig ausgetrocknete
Kehle und seine am Gaumen klebende pelzige Zunge. Der Kopfhörer
drückte auf seine Ohren, die darunter noch mehr schwitzten als
seine übrige Haut. Schon seit geraumer Zeit rutschte er auf seinem
Sitz hin und her und verpaßte immer wieder ganze Sinnzusammenhänge
des Gesprächs."
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