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Im Lande ist der Schweizer Erzähler Markus Werner in seinen früheren
Romanen nicht immer geblieben, in seiner Zeit sehr wohl. Wenn die Leute
in seinen Büchern auch ausrissen aus den Bindungen und Verpflichtungen,
so war das doch alles sehr heutig, was sie hinter sich zu lassen trachteten.
Und die Schweiz, die trugen sie, ob sie wollten oder nicht, immer mit sich.
In seinem neuen Buch steigt Markus Werner hinab in den Brunnen der Vergangenheit,
der in diesem Fall die Gestalt des Suezkanals annimmt.
Der titelgebende ‚‚ägyptische Heinrich" nämlich ist der
Ur-Urgroßvater des Erzählers, den es an den Nil verschlug, seine
Schweizer Vergangenheit samt Frau und Kind und Bankrott hinter sich lassend,
neue Unternehmungen versuchend, zu erneuter Familiengründung bereit.
‚‚Der ägyptische Heinrich" - das erinnert mit Recht an den ‚‚Grünen
Heinrich" und Gottfried Keller, Markus Werner nicht nur Landsmann und
Kollege, sondern auch Vorbild in der erzählerischen Haltung. Keller
kommt auch namentlich vor in dieser Reise auf den Spuren des Vorfahren,
der, wie eine zeitgenössische Chronik vermerkt, 1850 als ‚‚Henri Bluntschli
de Zurich" in Alexandria ankam und 1901 in Kairo starb. Denn Werner erzählt
auch Heinrichs Vorgeschichte in Oberurdorf im Limmattal und in Richterswil
am Zürichsee, wo sie aus dem fürstlichen Auftritt eines kleinen
Schneiders, Vorbild für Kellers Novelle ‚‚Kleider machen Leute",
ein Fastnachtsspiel gemacht haben, das für Heinrich in erfreulicher
Weise schicksalhaft werden sollte. Denn in Festlaune kommt Heinrich Bluntschli
seiner Elise näher, die er später heiratet...
Aber Heinrich ist kein Grüner Heinrich, ist kein Künstler
auf der Wanderschaft zu sich selbst, sondern einer, der nicht recht weiß,
was er ist und was aus ihm werden soll und es auch in der Fremde nicht
erfährt, einer wie Pankraz, der Schmoller, dem das Davonlaufen nicht
vom Fleck geholfen hat, und insofern auch eine kellersche Figur. Mit seltsamer
Sympathie geht der Ur-Urenkel der Geschichte dieses Mannes nach, der, wenn
man es recht besieht, ein Virtuose des Scheiterns ist. Der Pfarrerssohn,
der nach wenigen Wochen genug vom Gymnasium hat, der am liebsten mit Seide
handeln möchte, der mit dem väterlichen Erbe und dem Anteil der
Mutter dazu eine Fellhandlung aufmacht und bald zum Konkurs führt,
der mit dem Geld der Ehefrau die ersehnte Seidenhandlung endlich bekommt
und wiederum so wenig glückhaft agiert, dass die Schulden den Entschluss
zur Flucht nach Ägypten reifen lassen. Dort wiederum war er keineswegs
‚‚maßgeblich am Bau des Suezkanals beteiligt", wie die Familiengeschichte
kolportiert, sondern hat irgendetwas mit Baumwolle, später mit Salz
gemacht, im Staatsdienst und mit mäßigem Auskommen.
Aber fünf Kinder zeugt er, mit Cathérine, einer jungen
Frau aus französisch-griechischer Verbindung; wie der Erzähler
herausbekommt, heiratet er sie nach mehrjähriger wilder Ehe, als Elise
ihrerseits die Auflösung ihrer Ehe vorangetrieben hatte - eines der
wenigen gesicherten Fakten dieser Chronik, die ins schöne Schweben
widersprüchlicher Überlieferung gerät.
Der Nachfahr nimmt dafür einiges auf sich: mühevolle Forschungen
in zugigen ägyptischen Archiven, auf verlassenen Friedhöfen,
neben riesigen Müllkippen, die er nach anstrengender Fahrt auf heißer
Wüstenpiste erreicht. Er folgt dem flüchtigen Großpapa
von Kairo nach Alexandria und zurück und erfährt dabei, was der
Orient dem Fremden an Befremdlichkeiten zu bieten hat. Der notorisch ungenießbare
Wein, von dem alle Ägyptenfahrer zu berichten wissen, gerät ihm,
in Kombination mit der Spezialität Felfela, die sich als ein paar
verkohlte Täubchen entpuppt, nicht zum einzigen charmanten Genrebildchen
dieser Reise. Dabei beklagt er sich nicht, denn immer schwebt ihm das Bild
des Ahnen vor Augen, und nicht nur das - er imaginiert, über den Graben
von hundert Jahren hinweg, direkte Begegnungen mit Heinrich in verschiedenen
Lebenszeiten, wobei Werner seine spezielle Form der Zeitkritik anbringen
kann. - Der ‚‚ägyptische Heinrich" ist wohl ein Vorgänger all
der komischen ‚‚Helden" des Markus Werner. Und nicht der am wenigsten
schätzenswerte.
Julia Schröder
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Danke.
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