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Drei gehen. Mehr weiß man nicht. Gehen, gehen, gehen, vom ersten Augenblick an, man wird mitgezogen, mitgesogen, mitgegangen und weiß nicht, wohin.
Peter Weiss’ "Gespräch der drei Gehenden" beginnt rasant. Entschlossen und miraculös. Fesselnd. Drei gehen, aber vielleicht gehen sie gar nicht. Drei reden, aber vielleicht schweigen sie auch. Oder träumen. Oder nur einer redet. Mit sich und niemandem. Abel, Babel und Cabel nennen sie sich. Geht hier die Unschuld? Geht hier die Verwirrung? Folgt beiden, den biblischen Opfer- und Strafsymbolen, Cabel – der Teufel der Juden? Oder befindet sich alles im grotesk-surrealen Chaos?
Peter Weiss betreibt einen tiefen, gewaltigen Text. Literatur auf der Ebene des Traumhaften. "Das Gespräch der drei Gehenden" reiht Episoden aneinander, die aus einer resignativ-distanzierten Stimmung heraus eskalieren, ohne den Urgrund ihrer Explosionen gleich zu offenbaren. Eine Braut übergibt sich auf einer Brücke, ihr Pferd bricht zusammen, ein anderes, angefeuert noch von der Mutter, geht mit der Hochzeitsgesellschaft durch, die Menschen fliehen in einen Park mit Blasorchester, und ganz plötzlich ist Ruhe und nichts scheint passiert.
Doch die Welt von Peter Weiss ist nur scheinbar ein irres Spiel absurder Situationen. Die Schocks, die man erfährt, sind vielmehr die Oberfläche eines biografisch bedingten Schmerzes. Die ‘Gespräche’ der Gehenden sind Maske und Metapher für eine Foltererfahrung, die dem Auschwitz-Insassen Weiss geblieben ist. Vor diesem Hintergrund wird der Text zu einem bitteren Nacherfahrungskonzentrat. Die Episoden sind dabei Kafka und Beckett, aber auch purer Surrealismus. Mythologisches und bewusst Märchenhaftes vermischt sich mit satirischen Angriffen auf die menschliche Gesellschaft. Neben filigran-unschuldigen, symbolischen Beschreibungen stehen permanent Attacken auf die Sinnsucht des Lesers.
"Das Gespräch der drei Gehenden" lässt sich als Versuch lesen, die Erinnerung an Auschwitz darzustellen. Manches liegt kryptisch, doch das scheinbar beliebig Wahnwitzige öffnet sich immer mehr als deutliche Wunde.
Die Welt der drei Gehenden ist ein Gemälde nicht verarbeiteter Bilder. In surrealistischer Manier wird Welt im Blick auf Details wahrgenommen, ohne sie zu im Ganzen zu beschreiben. Realität wird wie im Traum heftig verzerrt und verschoben. Die Vergangenheit hat die Gegenwart zu einem Panoptikum gemacht, die alles erlaubt und nichts zu fordern scheint. Der clowneske Erzähler ist "keiner anderen Bewegung fähig, als sich in der Nase zu bohren". Nonsensuales wird trotzig zur Schau gestellt; die Bilder tragen keinen Inhalt.
Peter Weiss’ Nicht-Erzählung ist eine Tour de Force, die sich einbrennt, ohne aufdringlich zu sein. Der interpunktionsarme Text ist extrem mitreißend; die somnambulen, ekstatischen Episoden bieten keine Atempausen. Eine Paradoxie folgt auf die andere. Die größte aber ist: Mit jedem Verstehen wird der Text noch viel undurchdringlicher. Weiss lässt nicht mehr los.
Ron Winkler
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Danke.
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