Siegfried van den Bergh

Der Kronprinz von Mandelstein – Überleben in Westerbork, Theresienstadt und

Biographie. Fischer Taschenbuch, ISBN: 3-596-13141-3

Siegfried  van den Bergh: Der Kronprinz von Mandelstein – Überleben in Westerbork, Theresienstadt und

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Siegfried van den Bergh

Der Kronprinz von Mandelstein – Überleben in Westerbork, Theresienstadt und Auschwitz

Frankfurt am Main, Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, 1996, ISBN 3-596-13141-3

„Der Kronprinz von Mandelstein“ erschien in der Reihe „Lebensbilder – Jüdische Erinnerungen und Zeugnisse“.

Der Untertitel führt ein wenig in die Irre: Siegfried van den Bergh beschränkt sich eben nicht auf sein Überleben im holländischen Durchgangslager Westerbork und den Lagern Theresienstadt und Auschwitz. Er stellt sein Erleben in den großen Zusammenhang der Geschichte seiner Familie. Die van den Berghs erreichten Holland bereits Anfang des 18. Jahrhunderts vermutlich auf der Flucht vor antisemitischen Progromen in Deutschland und kamen im Laufe der Jahre zu gesellschaftlichem Ansehen und Wohlstand. Leib Mandelstein, der später Pate von Siegfried van den Bergh werden wird, flieht aus seiner Heimat Bukowina, als er sich dort zunehmend rassischen Angriffen ausgesetzt sieht, und kommt 1908 nach Rotterdam. Nach seiner Heirat kommt er als Wein- und Spirituosenhändler bald zu Vermögen und Ansehen. Maurits van den Bergh, Siegfrieds Vater, wird Leibs Schwager und Teilhaber.

Siegfried van den Bergh, 1912 geboren, erlebt trotz seiner gefühlskalten Mutter eine behütete Kindheit, besucht ein Rotterdamer Elite-Gymnasium und wird von seinem Paten Mandelstein mit Zuneigung verwöhnt und in dem Bewußtsein aufgezogen, später einmal dessen Geschäfts-Nachfolger zu werden (daher der Titel des Buches). Doch dazu wird es nicht kommen. Siegfrieds Mutter leidet zunehmend an Verfolgungswahn und zwingt ihren Mann, aus der Firma seines Schwagers auszuscheiden. Damit beginnt sein wirtschaftlicher Ruin. Als Maurits van den Bergh 1933 stirbt, ist vom einstigen Wohlstand nichts mehr geblieben. Siegfried besteht 1929 das Abitur und schreibt sich aufgrund der unsicheren Zeiten an der Handelshochschule in Rotterdam ein. Zwei Jahre später hält er das Kandidaten-Diplom in Händen. Als sein weiteres Studium aus finanziellen Gründen gefährdet ist, wird er von einem Großcousin unterstützt – bis er sich mit diesem überwirft. Es bleibt ihm keine andere Wahl, als sich eine Arbeit zu suchen, die er in einer Großbank findet.
Siegfried van den Bergh wird einberufen. Die Offiziersausbildung endet 1935, danach arbeitet er bis 1938 wieder bei der Bank. Im Juni 1938 wird er erster Assistent eines Amsterdamer Professors und Wirtschaftsprüfers.

Im August 1939 erhält er den Marschbefehl und das Kommando über eine Batterie. Er lernt seine zukünftige Frau kennen. Am 10. Mai 1940 beginnt die Invasion, und die Kriegstage sind durch Warten gekennzeichnet – bis zur Kapitulation. Van den Bergh kommt für wenige Tage in ein Kriegsgefangenenlager, heiratet im Juni 1940 und beendet sein Studium im Februar 1941 mit einem Diplom in Ökonomie. Kurz danach kommen die ersten antijüdischen Verordnungen: Siegfried und seine Frau müssen den gelben Stern tragen, ihr Besitz wird ihnen genommen, sie müssen in ein bestimmtes Viertel von Amsterdam umziehen.

Im März 1941 wird er Angestellter im Judenrat von Amsterdam. Bis zum 30. März 1943 reist er zwischen Amsterdam und Westerbork hin und her, um Deportierten beizustehen. Dann wird er mit Frau und Schwiegermutter selbst verhaftet und nach Westerbork gebracht.

Das Leben in Westerbork ist gekennzeichnet durch das Bemühen, auf eine der Listen zu kommen, die den Verbleib im Lager sichern – bei manchen bis zum Ende des Krieges, aber oft auch nur für kurze Zeit. Van den Bergh und seine Frau werden im Februar 1944 nach Theresienstadt geschickt.

Theresienstadt, ursprünglich ein Durchgangslager, war mit der Zeit zu einem „Reservat“ für Juden geworden. Es gab viel zu wenig zu essen, kleinste Vergehen wurden schwer bestraft, und ständig drohte Gefahr, nach Polen transportiert zu werden. Aber auch Annehmlichkeiten werden erwähnt: ein Café, Konzerte, Theateraufführungen, ein Schwimmbad. In Theresienstadt gab es Personengruppen, die Privilegien genossen. Van den Bergh berichtet, wie er und seine Frau aus Anlaß einer „Verschönerungsaktion“ zu solchen Privilegien kommen – eine Rot-Kreuz-Komission hat ihr Kommen angekündigt und soll über die wahren Zustände in der Stadt getäuscht werden. Mit spürbarem Vergnügen beschreibt er diese Aktion: es werden Giebel gestrichen, Schaufenster hergerichtet, Wohnungen ausgestaltet, es gibt eine Kabarettveranstaltung und mehr. Der ganze Besuchstag wird akribisch geplant – die Täuschung der Rot-Kreuz-Komission soll den Nazis aber nicht gelingen.

Als im September 1944 das holländisch-jüdische Establishment in Theresienstadt ankommt und sich wie selbstverständlich einrichtet, bedeutet das für viele der dort Lebenden den Abtransport nach Polen, auch für den Erzähler und kurze Zeit später für seine Frau.

Er beschreibt die Fahrt nach und die Zeit in Auschwitz detailliert: Ankunft und erste Selektion, Entkleidung, Beraubung durch die Kapos, Rasur und Austeilen der Häftlingskleidung, Unterbringung in Baracken, Tagesablauf, Verpflegung und immer neue schreckliche Erlebnisse. Siegfried und sein Schwager Gerard, der mit ihm nach Auschwitz gekommen ist, fahren eine Zeitlang einen Jauchewagen, bis sie am 13. Oktober 1944 für einen Arbeitstransport ins KZ Gleiwitz I ausgewählt werden.

In Gleiwitz herrscht große Sauberkeit und Ordnung, bei Verstößen muß „Sport“ getrieben werden – bis zur völligen Erschöpfung und mit teilweise schlimmen Folgeschäden. Van den Bergh kommt (da er sich als ehemaliger Offizier zu erkennen gibt) in ein Strafkommando und leistet Schwerstarbeit bei ständiger Lebensgefahr. Gerard, der Arzt, muß im Häftlingskrankenbau arbeiten, wo es ihm etwas besser ergeht. Der Autor bekommt schließlich eine Phlegmone (Zellgewebsentzündung) an der linken Wade, das Bein schwillt immer mehr an, er kommt in die Krankenbaracke, wird mehrfach – meist ohne Betäubung – operiert und hat dann eine große Wunde, die offenbleiben muß.

Am 21. Januar 1945 wird das Lager evakuiert: die Russen sind im Anmarsch. Es folgt ein langer Marsch, bei dem viele ihr Leben lassen, in ein anderes KZ, am nächsten Tag ins KZ Blechhammer. Gerard und Siegfried, dessen Bein einen Weitermarsch unmöglich macht, bleiben dort zurück. Die SS versucht in den folgenden Tagen noch, die Baracken niederzubrennen und ihre Bewohner zu erschießen, macht das in der Eile aber nicht mehr gründlich, so daß beide mit dem Leben davonkommen. Die ersten russischen Panzer ziehen vorbei, das Lager ist frei.

Gerard macht mit Unterstützung seines Schwagers und einiger „Sanitäter“ im früheren Krankenzimmer des Lagers eine Praxis auf, um wenigstens die schlimmsten Leiden der Überlebenden zu lindern. Bevor das Lager aus Quarantänegründen von den Russen geschlossen wird, brechen van den Bergh und sein Schwager mit 7 anderen Männern auf. Sie erreichen Wörlitz, das sie auf Befehl der Russen nicht verlassen dürfen, kommen ins Zuchthaus und werden später in Richtung Osten in Marsch gesetzt. Wegen seiner Krücken kann van den Bergh beim Marschieren nicht mithalten, und zwei russische Soldaten erlauben ihm zu verschwinden.

Es folgen Aufenthalte in einem Kriegsgefangenenlager und in einem Spital in Tschenstochau, im März 1945 begegnet er Freunden und zieht mit ihnen in eine Wohnung, und beim Rücktransport nach Holland werden sie als Kommandanten für ihre Landsleute eingesetzt. Es geht mit der Bahn bis Odessa, per Schiff nach Marseille, per Bahn nach Paris und Brüssel, von dort mit einem Militärlastwagen nach Holland, wo er schließlich auch mit seiner Frau wieder zusammentrifft.

Das Ganze ist sehr sachlich geschrieben, ein Bericht, der die schlimmen Erlebnisse und Gefühle nicht verschweigt, sie aber mit einem gewissen inneren Abstand betrachtet. Das und der große Zusammenhang, in den der Lebensabschnitt Westerbork, Theresienstadt, Auschwitz gestellt wird, machen das Faszinierende gerade dieses Buches aus.

(Almut Nitzsche)






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