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Lyrische Einkleidung einer Beobachtung, versehen mit fantastischen Versatzstücken, muss keine Befindlichkeitsschau sein. Raphael Urweider, einer der seltenen Lyriker, der sich als Erzähler versteht, hat sich bewusst der ersten Person entledigt – wiewohl sie anderenfalls längst noch nicht für den Schreiber stehen müsste. Urweider strukturiert die Dinge lieber systematisch durch die Schablone, in der Fokussierung des Details. Wie in seinem ersten Band "Lichter in Menlo Park" exerziert die junge Dichterhoffnung aus der Schweiz im zweiten, "Das Gegenteil von Fleisch", Erkenntnistheorie wider Realismus und pure Fantasterei.
Die Gedichte sind streng formgebunden, wobei das lange Prosagedicht „Steine“ etwas ausschert, Zeilenbrüche willkürlich sein mögen. Trotzdem: Die paradoxale Auseinandersetzung mit dem Leib-Seele-Dualismus ist einer der besten Texte. In allen denkbaren Formen lässt ein Krebskranker Steine Revue passieren: als Material, das sich kaum wahrnehmbar zersetzt (Metapher für die Ewigkeit), als Stein, der übers Wasser geht, als feiner Staub den Strand aufbaut, markierter Pfad des Kopfsteinpflasters. Besonders das letzte Bild ist als Integrationsversuch der Krankheit zu lesen: Der Stein als Ebene, auf welcher der Kranke steht. Es gilt aus dem Krankheitsweg aber auch eine Wegrandmarginalie zu machen, den "Hirnstein", den Tumor als winziges Pflaster zu vereinzeln und zu verharmlosen. Paradoxerweise der Stein also Fleisch, Materie und andererseits Geist, erstrebte Unvergänglichkeit. Einerseits Kiesel, andererseits Bodenhaftung. Am Ende dieses Paradox: Boden steht für Erde und Erde für das Grab.
Sehr gelungen auch der Zyklus "Faltenwürfe": kleine, streng gebundene Gedichte, deren Verkettung auf der Bedeutungsebene Situationsbeschreibungen eines wunderschönen Jahreszeitenzyklus ergeben. Urweider zoomt die Dinge dicht an sich heran und lässt sie sanft wieder los. Der Leser bemerkt seine Entfernung erst, wenn er so weit weggedriftet ist, dass es eines Perspektivenwechsels bedurfte. Die Beobachtung flirrt durch den Mesokosmos wie eine große Lichtquelle ein Insekt im Plural zum Riesen verzerrt oder Nebel den Beobachter vom Augenlid zu Schafen führt: "augenlidern die / lid an lid am himmel kuppeln bis / föhn abbricht und nebel steht /// und nebel steht wie / eine herde untrennbarer / schafe die schlafen [...]". Marietta Böning
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