Christian Uetz
Nichte
Lyrik. Droschl, Graz-Wien. ISBN: 3-854-20475-2
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Christian Uetz wurde 1963 in Egnach in der Schweiz geboren. Er studierte
Philosophie, Komparatistik und Altgriechisch. Heute lebt er in Romanshorn
am Bodensee. Seine ersten zwei Lyrikbände Luren und Reeden erschienen
1993 bzw. 1994 im Verlag Im Waldgut. Nun liegt bei Droschl, Graz, ein neuer
Gedichtband vor: Nichte. Schon der Titel zeigt Christian Uetz' Vorliebe
für lautliche Anspielungen und sprachliche Verzerrungen: Nichte reimt
sich auf den Untertitel Gedichte - das Gedicht als ein dem Nichts abgerungener
oder geweihter Hauch der Leere; unsere Sprache offeriert zudem "Wichte"
oder "Gerichte", aber den Plural "Nichte" nicht, allenfalls
als Artefakt, als Plural des substantivierten Adverbs "nicht", und
angesichts des gängigen Imperativs "Vernichte!" wirkt "Nichte"
wie eine Verstümmelung, eine Verdichtung allerdings zur semantischen
Freisetzung der Wortwurzel "nicht". Disseminationen solcher Art
pflegt Uetz in jedem Gedicht. Sein Umgang mit der Sprache ist sehr frei,
so frei aber nicht, dass wir es mit einer puren Lautpoesie zu tun hätten,
so sehr seine Wortgebilde Lautliches auch bewältigen, - zu gegenwärtig,
zu wohlerwogen dafür ist Uetz' Spiel mit den diversen Bedeutungsfeldern
seiner "Nichte": "Rich breche dich, Brauch. / Brich brache dich
auch. / Dich brauche ich, / Fauch." Eine mögliche Lesart dieser
Uetzschen Miniatur wäre: Aus dem Zerbrechen der sprachlichen Konvention
bricht das Brachland des in der Tradition Versäumten auf, und zwar
als Gedicht: als wilder "Fauch", als Waffe gegen die Öde des
Gängigen, als intensiver, aber flüchtiger Atem-Hauch, als lebendiger
Ausdruck eines Ichs, das um seine letzte Nichtshaftigkeit weiss. Übrigens:
Christian Uetz gilt als hervorragender Vertreter der internationalen Spoken
Word Art; seine Performances der eigenen Lyrik sollen elektrisieren - gemäss
einer Maxime aus Nichte: "Du sollst nicht langweilen."
Florian Vetsch
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