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Am Anfang war das Wort. Das Immerwährende. So bezeugt es Johannes im Prolog seines Evangeliums. Und am Anfang der Menschheitsgeschichte standen Wörter. Sie trennten als Sprache die Menschen von den Tieren. Und diese Wörter drängten mit der Zeit dazu, sichtbar zu werden, materiell manifestiert zu überdauern, Schrift zu werden. Erstmals geschah dies nach heutigem Erkenntnisstand im 15. Jahrhundert v. Chr., als sich die sogenannten proto-semitischen Schriftstile entwickelten. Die darauf basierende phönizische Schrift mit 22 Konsonantenzeichen, zwischen dem 13. und 11. Jahrhundert v. Chr. entstanden, wurde dann zur "Mutter" fast aller folgenden alphabetischen Systeme, und zwar transportiert über das sich zwischen dem 10. und 8. Jahrhundert v. Chr. herausbildende Aramäische, der über Jahrhunderte vorherrschenden Sprache des vorderen und mittleren Orients, die auch Jesus von Nazareth gesprochen und geschrieben hat.
Betrachtet man die frühen Zeichen manifestierter menschlicher Sprache, wird erkennbar, dass das Schreiben in seinen Anfängen sehr stark vom Malen und Zeichnen geprägt war, dass die Übergänge fließend waren. Und das altgriechische Wort Graphein -Grafein- umfasst in seiner Bedeutung noch alle drei Begriffe, die später in modernen Sprachen unterschieden werden: schreiben, malen, zeichnen. Ganz vergessen wurde diese gemeinsame Wurzel aber nicht, wie beispielsweise ein Zitat des Malers Paul Klee aus dem 20. Jahrhundert zeigt: "Schreiben und Zeichnen sind ein und dasselbe."
Dieser Ursprung ist es, der die Idee von Gegenüber-Stellung und Wieder-Zusammenführung von Schrift-Wort und Graphik wachsen ließ und schließlich im Frühjahr 2002 zu einer 42-teiligen großformatigen Buch-Mappe führte, in der Günther Uecker sich künstlerisch mit frühen kalligraphischen Ausformungen verschiedener Schriftkulturen auseinandersetzt. Das Konzept, entwickelt von Edouard Weiss und Dorothea van der Koelen, beruht auf einer Zusammenstellung alter Schriftzeugnisse, die von den Anfängen der mesopotamischen Keilschriften über Textbeispiele aus den aramäischen, hebräischen, griechischen, lateinischen und koptischen Kulturkreisen bis zu Auszügen aus alten tibetanischen, arabischen und kyrillischen (oder genauer: altkirchenslawischen) Texten reicht. Mit diesen frühen Dokumenten menschlicher Geistesgeschichte tritt Günther Uecker in eine spannende schöpferische Korrespondenz, indem er den strengen Formationen der alten Zeichen und Buchstaben die ihm eigene beschwingte Choreographie der durch Nagelköpfe gedrückten, leicht kugelförmigen Prägepunkte gegenüberstellt. Weiße Bewegungsstrukturen auf weißem Grund. Bisweilen Rhythmen, wie von Wind oder Wasser erzeugt.
Nicht immer ist die Auswahl der historischen Quelltexte stringent nachvollziehbar, beispielsweise wenn dem Kapitel zur aramäischen Schrift als deutscher Text der Prolog des Johannesevangeliums zugeordnet wird. Denn der Urtext dieses Evangeliums ist bekanntlich in Griechisch verfasst. Doch beeinträchtigt das den Reiz der Korrespondenz zwischen historischem Sprachbild und zeitgenössischer Graphik nicht ursächlich, denn das Wesentliche dieses Werkes liegt nicht so sehr in Übersetzungen und Erklärungen (des Anhangs), wiewohl diese dem Informationsdrang des Betrachters entgegen kommen, sondern im visuell intuitiven Element. Nicht "wortwörtlich" müssen Inhalt und Aussage erfasst werden. Die Kompositionen der Schriftzeichen, ihr Duktus, ihre formale Melodie - auch das, was zwischen und hinter den Zeichen und Worten steht - das ist es, was gilt. Es birgt Schönheit und Weisheit und manchmal auch Magie. Und darauf antwortet Günther Uecker.
Christa Tamara Kaul
eMail: ctkaul@t-online.de
Internet: www.christa-tamara-kaul.de
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