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Professor Tolkien war zu Lebzeiten ein Liebhaber der alt- und mittelenglischen Dichtung, sei es nun der "Beowulf" oder Geoffrey Chaucer. Am liebsten hatte er jedoch, so berichtet sein Sohn Christopher, die Dichtungen aus den westlichen Midlands. Denn diese wichen vom Sprachgebrauch Chaucers, der sich durchsetzte, gewaltig ab – folglich gerieten ihr alliterierender Stil in Vergessenheit.
Aus dieser Region und aus der Zeit um 1400 stammen zwei der Dichtungen, die im vorliegenden Band als John Tolkiens kongeniale Übersetzungen vorliegen. Christopher Tolkien hat sie herausgegeben. Es handelt sich um "Sir Gawain and the Green Knight" und "Pearl", beide von einem unbekannten Autor, ebenso wie "Sir Orfeo", das allerdings älter ist.
Die arthurische Geschichte "Sir Gawain" dürfte relativ bekannt sein. Es ist eine Abenteuergeschichte für Erwachsene und dreht sich um Liebe und Sex, Ehre, gesellschaftliches Taktgefühl, persönliche Integrität sowie volkstümliche Magie – letzteres in der Gestalt des Grünen Ritters, der offenbar nicht zu besiegen ist. Insgesamt ist es eine bewegende, doch auch tröstliche Elegie. Mit 67 Seiten bestreitet dieses Epos bei weitem den Löwenanteil des fiktionalen Teils. Tolkiens 14 Seiten lange Einleitung dazu ist ein kleines Meisterstück. Er wurde teilweise Tolkiens Kommentar entnommen, den er beifügte, als "Gawain" 1953 von der BBC im 3. Programm gesendet wurde.
"Pearl" (ca. 34 Seiten) hingegen ist weit entfernt von Heldentaten, handelt es sich doch um die Elegie zum Tode eines Kindes, ein Gedicht, das durchdrungen ist vom Gefühl eines großen Verlustes.
"Sir Orfeo" ist mit 15 Seiten Länge und 600 Zeilen das kürzeste Stück, gehört einer anderen Tradition an und wurde in diese Sammlung aufgenommen, weil es sich um persönliches Lieblingsstück Prof. Tolkiens handelte. Warum wohl? Nun, es handelt sich um eine sprachlich und stilistisch sehr klare und ergreifende Bearbeitung der antiken Legende um Orpheus und Eurydike, wohl eine Übersetzung aus dem Französischen, die im späten 13. oder Anfang des 14. Jhs. entstand.
Dem guten König Orfeo wird seine liebe Frau, Königin Heurodis, durch Zauber vom Elfenkönig entführt. Der untröstliche Orfeo entsagt dem Königstum und wandert in die Wildnis, begleitet nur von seiner Harfe. (Diese Episode ist sehr ergreifend geschildert.) Zehn Jahre später begegnet er zufällig dem Elfenvolk, darunter Heurodis. Er folgt ihnen zum Hofe ihres Königs. Doch oh Graus: Lauter Tote sitzen beim Mahle! Orfeo spielt dem König ein betörendes Harfenstück vor und dieser verspricht ihm als Belohnung seines Herzens Begehr. Wie töricht, den Orfeo wünscht natürlich jene Heurodis. Widerwillig muss der König beide ziehen lassen, doch zurück in England erkennt niemand den früheren König, abgerissen, bärtig und zerzaust, wie er aussieht. Schon bald gedenkt Orfeo seinen Steward (Statthalter) auf die Treueprobe zu stellen...
Wer Tolkiens Werk, insbesondere den "Hobbit/Herrn der Ringe" kennt, dem werden einige Parallelen der Motive zur Orpheuslegende auffallen. Zahlreiche Reisewege führen in die Unterwelt oder die Elfenwelt, um eine Prüfung, ein Abenteuer zu bestehen. Nach diesem Durchgang ist der Betreffende meist verändert, meist zum Positiven. Gesang als Betörung der Natur wird wohl mehr bei den Elben zu finden sein. Tolkiens Werke sind durchdrungen von Liedern.
Fazit
Diese Sammlung ist eine editorische Meisterleistung von Christopher Tolkien. Die Poeme selbst sind vor allem für den Liebhaber mittelalterlicher Kultur und Literatur interessant. Das Versmass ist uns keineswegs geläufig oder vertraut, mag aber durch Alliteration an Epen wie das "Nibelungenlied" erinnern. Wo für den Fachmann viel zu finden ist, mag hingegen der Laie in "Sir Gawain" und "Sir Orfeo" Bekanntes und Unterhaltung finden.
Michael Matzer © 2000ff
Info: John R. R. Tolkien: Sir Gawain & the green Knight, Pearl, Sir Orfeo, 1979; Unwin Ltd., London; 143 Seiten
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