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In Meine enge Sicht der Dinge, Part 2 (http://www.carpe.com/ligatur/lio_jk_mesdd2.html) fragte / nein: schrie / Jaromir Konecny schon vor Jahren: Wo tummelt sich hier, verdammt noch mal, der Literat-Provokateur, das subversive Element, der literarische Anarchist? Wo bleiben die Leute, die für etwas Gaudi in dieser humorlosen Öde sorgen würden?, und, zwei Sätze später, konkret: Wo ist unser Henry Miller, Louis Ferdinand Céline, Jack Kerouac, John Fante, Charles Bukowski, Martin Amis, Harlan Ellison, Iain Banks, Philippe Djian?
Die Rede war, ganz klar, vom welken deutschen Blätterwald, die Frage - bei der provokativen Lautstärke fast unvermeidlich - mit eingebauter Antwort: Schaut man im VorOrt Deutschland (Titel von Konzepte Nr. 16) nur genau genug, dann findet man eine recht gut gedeihende Literaten-Szene - im seit Fauser gerne verfluchten Feuilleton sogar zwei- bis dreimal im Jahr präsent, in den Kneipen und Clubs der Großstädte regelmäßig, aber natürlich abseits der Bertelsmänner (und Konzepte-Verleger...). Die Szene heißt Social-Beat, und sie lebt! Muss das nun aber sein, sind nicht die Lesungen und Slams der ewig gleichen Poeten und Barden vor dem ewig gleichen Publikum genug? Hatten wir nicht schon Anthologien zur Genüge? - Stimmt, muss man haben, zum Beispiel vom Isabel-Rox-Verlag den Vorreiter der Bewegung, noch bevor diese ihren Namen hatte: Downtown Deutschland. Underground Anthologie (ISBN: 3-92837-00-6) von 1992; sowie noch ein Versuch der Neuen Wilden, ihrer Szene einen griffigen Namen zu geben, beim selben Verlag: Asphalt Beat (ISBN: 3-92837-02-2). Und dann war da, der Begriff war nun zwei Jahre alt, Hadayatullah Hübschs Social-Beat D. (ISBN: 3-910161-60-X), Alexander Pfeiffers Anthologie Restlicht (ISBN: 3-930820-00-5) und 1997 schließlich Social Beat Slam Poetry. Die Ausserliterarische Opposition meldet sich zu Wort (ISBN: 3-931140-11-3), herausgegeben bei Killroy Media in Asperg von Joachim und Michael Schönauer. Einer der Mitarbeiter des Verlags war Kaltland-Herausgeber Kerenski (der im selben Jahr eine Mail-Art-Aktion lostrat, dokumentiert in Was ist Social Beat? (ISBN: 3-931140-32-6).
Kurz & gut: In der Szene passiert viel. Kaltland Beat versucht diesen Underground und seine Ursprünge zu beleuchten - mit Poesie, Shortstorys & Essays einiger Originale (Enno Stahl, Thomas Nöske, Kersten Flenter, Jörg André Dahlmeyer), mit Burroughs-Kniefällen solcher D-Beat-Pioniere wie Jürgen Ploog und Hadayatullah Hübsch, Erinnerungen des Maro-Verlag-Chefs Benno Käsmayr, Poetry-Slam-Veranstaltern und -Gewinnern, Mini-Verlegern wie Peter Engstler und und und. Klar, es fehlen auch ein paar, und es sind vielleicht einige Autoren zu viel dabei, die man von früheren Projekten der Herausgeber kennt; angelegt war Kaltland ursprünglich ohnehin als Erweiterung ihrer Anthologie Es gibt: Social Beat/Slam Poetry (ISBN: 3-933545-03-X). Wenn die Herausgeber bei der hier vorliegenden Auswahl aber - und das wäre ja durchaus gerechtfertigt - lediglich ihre zwei Geschmäcker gelten ließen... dann würde ich gerne mal ihre Bücherregale oder Plattensammlungen kennen lernen. John Zorn würde staunen.
Aber / und das hätte ich nicht gedacht, als ich den Waschzettel mit seinen Referenzen an den Grundstein aller modernen Underground-Antholgien las / hinter dem 1969 von Rolf-Dieter Brinkmann und Ralf-Rainer Rygulla vorgelegten Acid (ISBN 3-499-15260-6) muss sich dieser 'reader' nicht verstecken, beileibe nicht. Okay, an den Charme und die Hingabe früherer, handschriftlich nummerierter Asphalt-Anthologien reicht Kaltland Beat vielleicht nicht, aber die Vorbemerkung der Herausgeber wird vielfach, massigfach bewiesen: Die Szene, nach der Konecny rhetorisch-schreiend verlangt, existiert, sie ist lebendig, da voller Widerspruch; und es ist eine Szene, da voller Gemeinsamkeiten. Wie sehr Social-Beat (denn um den geht es hier, auch wenn der inzwischen nicht mehr ganz so modische Begriff weder im Titel noch auf dem Cover zu entdecken ist) Undergound ist, wie sehr Avantgarde oder populistisch, darüber muss man sich ja auch nicht einig sein. Und wer will: kann es auch ganz anders nennen. Subrealismus. Statt lange zu stammeln, nichts ist neu, kümmern sich viele der 'Kaltland Beatniks' eh um das, was es gab und was gut war, und um das, was Spaß macht. Und das ist dann keineswegs nur Bukowskis Triangel vom Saufen, Bumsen und Geldbeschaffen.
Was Heiner Link (so wie der anfangs zitierte Konecny auch einer der mehr als hundert Mitwirkenden) noch einst in der Zeitschrift GrauZone über Acid schrieb, nämlich dass es letzten Endes nicht mehr war als der Versuch, verkrustete Strukturen aufzubrechen ... ohne Auswirkung auf unsere Literatur wird man über Kaltland Beat hoffentlich nicht sagen müssen.
© Matthias Penzel, 1999
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Danke.
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