Jorge Semprun

Sommer

Roman. Suhrkamp Verlag, 250 Seiten. ISBN: 3-518-41081-4

Jorge  Semprun: Sommer

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Wer war Jorge Semprun? – Kulturminister der sozialistischen Regierung Gonzales von 1988 bis 1991, Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels 1994. Ein Romancier, von dem in deutscher Sprache zuletzt Bücher erschienen sind wie 1995 "Schreiben oder Leben" und 1999 "Bleiche Mutter, zarte Schwester". Ein Gegner der Franco-Diktatur, dessen Werk Lutz Küster 1990 unter dem vielsagenden Titel "Obsession der Erinnerung" analysierte. Ein Erzähler, der als einer der großen Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts gelten darf. Sein neues Buch, "Unsere allzu kurzen Sommer", liest sich aber zugleich wie ein Abschied von der Existenzform des klassischen Intellektuellen. Semprun schwankt zwischen Bericht und Erzählung. Zitat:

"Unter allen möglichen Erzählformen, allen Möglichkeiten des Romanschreibens, habe ich diese gewählt, "Unsere allzu kurzen Sommer", aus dem einfachen Grund, weil sie ein Leben betraf, das vor der Erfahrung von Buchenwald lag."

Jorge Semprun wurde 1923 in Madrid geboren. 1936 überraschte der Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs die neunköpfige Familie Semprun während der Ferien in einem baskischen Fischerdorf. Sie floh nach Frankreich, weil der Vater Zivilgouverneur der Volksfrontregierung von Toledo und Santander war. Schule und Studium absolvierte der Sohn also in Paris. 1942 trat er der kommunistischen Partei bei, ein Jahr später wurde er nach Buchenwald deportiert. 1945 kehrte er nach Paris zurück und kämpfte im Untergrund gegen das Franco-Regime. Wie es dazu kam, und wie es weiterging, als Semprun sich mit dem Kommunismus überwarf und sich politisch für ein demokratisches Spanien einsetzte, wird erst mit diesem Buch verständlich. Es ist, so der Autor wörtlich, "der Bericht der Entdeckung der Adoleszenz und des Exils, der Geheimnisse von Paris, der Welt, der Weiblichkeit. Auch und wohl vor allem der Aneignung der französischen Sprache."

Zum ersten mal erzählt hier Semprun von seiner Familie, von seinem Vater, einem katholischen Professor für Rechtsphilosophie in Madrid. Der Offizier der Ehrenlegion und Kommandant des Ordens von Oranien-Nassau hatte sich vom Militärdienst freigekauft. Er muß er ein Don Quijote gewesen sein, ein extrem unpraktischer Mensch, der aber "zuweilen auch erhaben sein konnte". Bis 1939 noch Gesandter der spanischen Republik in Den Haag, schlug er sich später mit Privatunterricht durch.

Die Beobachtung, das Exil habe aus dem Vater eine Art Proletarier oder Deklassierten der Intelligenz gemacht, trifft auch auf den Sohn zu. Nur daß der, beim Bäcker wegen seines Akzentes verspottet, in wenigen Wochen perfekt Französisch sprechen lernt. Nur daß sein Leben erst anfängt, und die Sprache dem entwurzelten Jungen ein Asyl ohne Vorbehalte bietet. Dem Hin- und Her zwischen Kindheitserinnerungen und Forderungen der Gegenwart entspricht das Erzählen im zeitlichen Hin und Her zwischen Vorgriffen und Rückblenden. Eine Schlüsselszene: Kurz vor der Abreise aus Den Haag sitzt die Familie mit Freunden am Kamin, als die Nachricht vom Tod des Dichters Antonio Machado eintrifft. Semprun erinnert sich:

"Ich weiß nicht mehr, wer an jenem Abend der erste war, der vor dem Holzfeuer mit leiser Stimme einige Verse von Antonio Machado rezitierte. Ohne uns abgesprochen zu haben, haben wir der Reihe nach, die alten edlen Verse von manchmal rauhem und manchmal einschmeichelndem Klang fortsetzend – rauh und einschmeichelnd wie die heißgeliebte Erde der kastilischen Hochebenen, die sie so oft beschwören -, einige seiner schönsten Gedichte geflüstert."

Ständig wird rezitiert oder aufgesagt in diesen Erinnerungen. Damals war Literatur noch ein Hör-Ereignis und die Tradition des Hörens der des Lesens zumindest gleichwertig. Vorbei. Mit Versen von Baudelaire und Alberti erobert der Junge die ersten Geliebten. Auch das ist vorbei. Semprun beschreibt, wie er mit Literatur im Kopf und einem geklauten Bädecker unterm Arm ein Paris erkundet hat, das es so nicht mehr gibt. Die Wehmut, die sich dabei einstellt, gilt vielleicht eher dem Idealismus, der ihn und seinesgleichen antrieb, und den es ebenfalls so nicht mehr gibt: die verlorene Unschuld der Intellektuellen im 20. Jahrhundert. Widmar Puhl, SWR 2






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