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Beim vorletzten Open
Mike, der Berliner Talentbörse des deutschen Literaturbetriebs, wurde
Jochen Schmidt von der Jury für seine Erzählung "Harnusch mäht als wärs
ein Tanz" mit dem Prädikat "Vollbluterzähler" und einem der drei Preise
ausgezeichnet. Prompt setzten sich daraufhin die Scouts der Verlage auf
die Spuren des Talents und als Sieger des Rennens kann der Beck-Verlag
nun einen gar nicht einmal so schmalen Erzählband präsentieren.
Um es gleich
vorwegzunehmen: Jochen Schmidt stellt in "Triumphgemüse" überzeugend unter
Beweis, dass Harnusch, der beim Sensen so unvergleichlich mit seinen kurzen
Beinen über die Wiese tanzt, keine einzelne Schwalbe ist, die noch keinen
Sommer macht. Mit einem breiten Spektrum von skurrilen Charakteren und
sensiblen Alltagsbeobachtungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart schafft
er hier einen funkelnden Erzählkosmos von großer atmosphärischer Dichte.
Leise und sensibel nähert sich Jochen Schmidt seinen Figuren und ihrer
(Ost) Geschichte, in welcher auch immer wieder der Zauber und auch Schrecken
einer Kindheit auf dem Lande mitschwingt. Er schaut den Leuten dabei genau
auf's Maul und läßt sie - häufig berlinernd oder im Oderbrucher Platt
- auf schnoddrig-gefühlvolle Art in ihrer ganzen Eigenart präsent werden:
sei es den namenlosen melancholischen Theatergänger, den verschroben-garstigen
Herrn Tatziet, den arbeitslosen Drucker Maik oder den bisher verkannten
jungen Schriftsteller Jürgen Reip.
Dessen Geschichten durchziehen wie ein roter Faden den ganzen Erzählband
und bringen uns mit einer gehörigen Portion (Selbst-) Ironie die Schwierigkeiten
einer Schriftstellerexistenz nahe, die durch die furchtbar tiefen Abgründe
zwischen dem banalen Alltag und der schönen Fiktion mit ihren "hoffnungslos
übersteigerten Träumereien" zerrissen ist. Auf der einen Seite wird so
im Café ästhetisch hochvirtuos über die formalen und inhaltlichen Essenzen
von Baudelaire, Mallarmé, Dr. Faustus oder auch Verena Auffermann diskutiert
und die eigene heroisch-umständliche Existenz schonungslos durchleuchtet:
"Ich stand vor meinem Schicksal in der Pflicht. Ich mußte endlich wieder
etwas tun, was mich in Frage stellte, man konnte nicht immer nur gleichmäßig
und stetig an sich arbeiten, man mußte von Zeit zu Zeit genau das tun,
was man eigentlich nie tun würde". Doch auf der anderen Seite bleibt die
entscheidende und mit einem Bataillon von Selbstzweifeln, Schlachtplänen
und vorgreifenden Simulationen verbundene Frage stehen, wie man, um Gottes
Willen, dem Mädel hinter der Theke einfach nur sagen kann, dass man es
gerne etwas näher kennenlernen würde?
Über den engen
Horizont von Oderbruch und Berlin hinaus verschlägt es diesen Jürgen Reip
auch auf eine Sprachreise nach Moskau, wo er nicht nur im mehr oder minder
stummen Dialog mit Lenin und der schönen Bulgarin Stella steht, sondern
sich auch wunderbaren und hier abschließend zitierten Assoziationen über
das Ankommen des Schriftstellers in der Fremde hingibt:
"Das gleiche Gefühl wie am ersten Abend in Rom, allein in einer Pizzeria
des Viertels, die Wand schmückt ein ungeschickt gemalter Radsportler.
Dunkelheit, schmale Bürgersteige, die von Autos zugeparkt sind. Aber es
wird Frühling. Die fremden Geräusche, der eigene Kopf, der wieder mit
sich zu sprechen beginnt. Plötzlich in der Fremde und erfrischt von der
eigenen Unsicherheit. Das gleiche Gefühl wie an einem heißen Mittag in
Valencia, allein auf der Straße, weil hier um diese Zeit niemand aus dem
Haus gehen würde. Jedes Wort muß erkämpft sein, aber manchmal schenken
einem die Menschen ihre Gesprächsfetzen, ohne es zu ahnen. Das gleiche
Gefühl wie in New York [...] und dann in Brest am Morgen der Ankunft,
auf der Rue Jan Jaurès, die Nacht über hatte es geregnet. Der bucklige
Teer und der fanzösische Mülle in den Ecken. Womit wird mir dieser Ort
einmal wichtig werden? Damit. Daß ich mich für ihn entschieden habe? Er
hatte ja immer Angst, die Orte, an denen er sein Leben selbst erfunden
hatte, wiederzubetreten und etwas nicht wiederzufinden oder totzutreten.
Waren es nicht schon zuviele solcher Gefühle? Manchmal vergaß er sie,
aber dann brachen sie plötzlich hervor, und es schnürte ihm die Kehle
zu, weil er den, den er damals war, nie wiedersehen würde."
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