Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.
Dieses Buch kaufen bei Amazon.de
Buy Bernhard Schlink: Liebesfluchten at Amazon.com (USA)
Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.
Ein Mann erfährt nach dem Tod seiner Frau von ihrem Verhältnis
mit einem anderen, sucht diesen auf und wird über sein eigenes Leben
und seine Liebe eines Besseren belehrt. Ein Mann bricht aus seiner Ehe
und seinen eheähnlichen Beziehungen aus und wird auf groteske Weise
von der eigenen Liebesunfähigkeit eingeholt. Ein Mann ist von Kindesbeinen
an fasziniert von einem Gemälde, findet heraus, dass sein Vater es
sich als Wehrmachtsoffizier aneignete, und muss schließlich zerstören,
was er geliebt hat. Ein Mann liebt eine Frau aus jüdischer Familie,
versucht, aus dem Tätervolk in die Opfergemeinschaft zu wechseln und
verliert seine Liebe. ‚‚Liebesfluchten" hat Bernhard Schlink seine erste
Sammlung mit Erzählungen genannt, und was der Genitiv des Titels offen
lässt, wird bei der Lektüre klar: alle Hauptfiguren - sieben
Männer - fliehen, gewollt oder ungewollt, die Liebe, die sie gehabt
haben oder haben könnten.
Schlink, der fünfundfünfzigjährige Juraprofessor, der
mit den Krimis um den Privatdetektiv Selb bekannt und mit dem Roman ‚‚Der
Vorleser" international berühmt wurde, bleibt auch in der kürzeren
Form bei seinem Thema: der Unmöglichkeit, aus der eigenen Geschichte
hinauszutreten in ein anderes, unbelastetes Leben. Dabei ist die eigene
Geschichte häufig, aber nicht immer die deutsche Geschichte von Schuld
und Verrat, die auch an jenen klebt, die sich als unschuldig verstehen.
Jederzeit kann sich die Frage stellen, was der eigene Vater im Krieg gemacht
hat, jederzeit kann sich der beste Freund als einer entpuppen, der Berichte
für die Stasi schrieb.
Doch auch, wo es nicht die Historie ist, von der das Dasein durchstört
wird, geht es nur scheinbar ums rein Private. Ein Mann entscheidet sich
gegen sein ganzes Leben, um eines Traums willen. Ist das Wahnsinn? Ein
Mann erkennt im Augenblick des Todes, dass seine Kompromisse alle Hoffnungen
erstickt haben. Was war der Sinn? - Dies sind wuchtige Vorgaben fürs
Erzählen, und nicht immer entgeht Schlink der Falle, die er sich selber
aufgebaut hat: seine Figuren ins Erklären, ins Sinnieren geraten zu
lassen, auf eine Weise, die besser dem Leser überlassen bliebe. Dann
bekommen die Geschichten etwas allzu Lesebuchgeeignetes. Schlink scheint
einer zu sein, dem alles erträglicher wäre als der Anschein des
Leicht-Fertigen, Unverbindlichen. Meist aber bleibt er auf ernsthafte Weise
lakonisch, bewahrt einen Ton von Leichtigkeit und Melancholie, lässt
die Dialoge ihren Gang nehmen und die Räume und Landschaften ihren
unauffällig-wirksamen Part im Fortgang der Erzählung spielen:
‚‚,Was meinen Kindern passieren könnte?' Sie sah ihn
an. Später bedauerte er, dass er sich ihr Gesicht nicht besser vergegenwärtigen
konnte. Sah sie ihn fragend an, weil sie sich fragte, was genau er wissen
wollte? Sah sie ihn zögernd an, weil sie zögerte, ob sie seine
Frage ehrlich beantworten sollte? Oder zögerte sie, weil sie nicht
sicher war, was das Schlimmste sei? Die Stelle, die sie passierten, als
ihre Antwort kam, prägte sich ihm dagegen deutlich ein. Von der Straße,
die dem Ufer in Kurven folgte, zweigte links eine andere Straße ab,
die auf einer langen Brücke über den Fluss führte. Die Brücke,
eine Eisen- oder Stahlkonstruktion mit Bögen und Streben, kam gerade
voll in den Blick, als Rachel sagte: ,Das Schlimmste wäre, wenn meine
Buben einmal eine Frau heiraten würden, die nicht Jüdin ist."'
Man kann Bernhard Schlinks Geschichten mit Fug als moralische Erzählungen
bezeichnen. Sie werfen furchtlos entscheidende Fragen auf, deren Antworten
wir fälschlicherweise zu kennen glaubten. Das ist nicht sonderlich
in Mode, und es ist eine Zumutung. Eine unvermeidliche, wahrscheinlich.
Julia Schröder
Bücher neu und gebraucht bei amazon.de |
|
|
Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de |
Ihr Kauf bei unseren Shop-Partnern sichert das Bestehen dieses Angebotes.
Danke.
Weitere Titel von und Rezensionen zu Bernhard Schlink
Weitere Rezensionen in der Kategorie: Kurzprosa
Bernhard Schlink: Liebesfluchten
Buy Bernhard Schlink: Liebesfluchten at Amazon.com (USA)
carpe librum ist ein Projekt von carpe.com und © by Sabine und Oliver Gassner, 1998ff.
Das © der Texte liegt bei den Rezensenten. - Wir vermitteln Texte in ihrem Auftrag. - librum @ carpe.com
Impressum -- Internet-Programmierung: Martin Hönninger, Karlsruhe -- 19.06.2012