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Dieser frühe Alex-Cross-Roman ist mindestens so gut wie "Wenn Mäuse Katzen jagen": enorme Spannung, genügend Action und vor allem tiefe psychologische Einsicht zeichnen den Roman aus. James Patterson hat kaum jemals besser geschrieben. Warum dieses 1996 veröffentlichte Buch erst jetzt auf den deutschen Markt kommt, ist mir schleierhaft. Politische Motive könnten der Grund sein: Immerhin wird der Präsident, der ermordet werden soll, als eine Art Reformer im Stil des frühen Clinton dargestellt. Sein Nachfolger wird ein Republikaner. Beide sind sich spinnefeind. Eine Publikation des Buches hätte als Kommentar aus unberufenem (deutschem) Munde aufgefasst werden können. Handlung Die amerikanische Hauptstadt wird von zwei Mordserien in Angst und Schrecken versetzt. Ein Killerpaar, das sich selbst in postmortalen Botschaften nach einem alten Kinderlied poetisch als "Jack und Jill" bezeichnet, killt Prominente mit dubioser Vergangenheit oder Moral. Dazu gehören Senatoren, aber auch bekannte Fernsehansagerinnen und Richter. Und der letzte und wichtigste Kandidat auf ihrer Liste ist der Präsident himself. Der Geheimdienst ist gebührend geschockt: Der Präsident und die First Lady werden vom Secret Service und CIA selbst als mit den Codenamen "Jack und Jill" bezeichnet. Werden die Morde also von Insidern verübt? Als ein dritter Killer alle Theorien über das Paar über den Haufen wirft, eskaliert der Konflikt. Alex Cross von der Mordkommission der Polizei wird hinzugezogen. Er soll eigentlich die zweite Mordserie der Hauptstadt aufklären. In der Gegend der Schule, wo sein eigener Sohn Damon Unterricht erhält, werden mehrere Kinderleichen in grauenhaft verstümmeltem Zustand aufgefunden. Dr. Cross fühlt plötzlich sein eigenes Familienglück bedroht, das nach dem Tod seiner Frau Maria eh schon ziemlich lädiert ist. Zum Glück kann Cross die Bekanntschaft der neuen und sich als 'tough' erweisenden Rektorin der Schule machen, Christine Johnson. In späteren Romanen wie "Wenn Mäuse Katzen jagen" wird daraus eine intensive Liebe. Ms. Johnson taucht auch in "Pop goes the weasel" auf. Cross sieht sich einem Dreifrontenkampf ausgesetzt: An der Heimatfront in Südost-Washington, im Weißen Haus, um den Präsidenten zu schützen, und schließlich im Stellungskampf gegen die drei Unsichtbaren, die unter "Jack und Jill" firmieren. Als der Präsident von diesem Grabenkrieg die Nase voll hat, weil die Regierung nicht mehr arbeiten kann, besucht er New York City mit seinem Tross
Fazit
Dieses Buch ist eine Kombination aus Horror-Thriller à la "Schweigen der Lämmer" und Politthriller à la Grisham ("Die Bruderschaft") und Baldacci ("Absolute power"). Es zeigt uns Alex Cross als rechtschaffenen Mann, der sich zwischen zwei Welten fast zerreißen muss, um damit klarzukommen, und ohne seine Freunde und Familie würde er es garantiert nicht schaffen. Der psychologische Konflikt ist klar und anrührend herausgearbeitet.
Während er sich dem Präsidentenschutz und der Killerjagd auf Befehl von ganz oben zu widmen hat, bleibt ihm praktisch nur der Feierabend, um seine Familie und seine Nachbarschaft vor einem Psychopathen zu schützen. Das liegt daran, dass Südost-Washington nur sehr wenige Polizeibeamte zugestanden werden, weil es ganz unten auf der Prioritätenliste der Polizei steht, wohingegen die meist weißen Opfer von Jack und Jill Vorrang genießen – der alltägliche Rassismus also. Ist Pattersons Kritik an diesem Unrecht schon hier deutlich, so sie geradezu schneidend scharf in "Pop goes the weasel" (siehe meine Besprechung).
Die Horrorelemente halten sich m.E. in Grenzen. Natürlich reiht sich ein Blutbad an das andere und laufend findet Cross Kinderleichen, aber das ist nicht mit dem Kannibalismus und den Untaten eines Hannibal Lecter zu vergleichen. Lesern ab 16 Jahren ist das Buch durchaus zuzumuten.
Auch gary Soneji ruft mal wieder an, ganz am Schluss. Damit bindet der Autor diesen Roman in die Reihe der Soneji-Bücher ein. Leider kenne ich den 1. Band nicht, doch der 2. Band ist "Wenn Mäuse Katzen jagen" – sehr zu empfehlen für Leser mit guten Nerven.
Die Übersetzung
Die deutsche Übersetzerin Edda Petri hat, anders als ihr Mann Winfried, durchaus zufriedenstellende Arbeit abgeliefert. Dennoch sind ihr ärgerliche, weil vermeidbare Fehler unterlaufen. Washington D.C. liegt nicht am Anaconda River, sondern am Anacostia River – die Verlegung der US-Hauptstadt an den Amazonas steht hoffentlich noch nicht bevor.
Sie bezeichnet Funkgeräte immer noch als "Radio" (wie im Englischen), obwohl der Unterschied klar sein dürfte. Und auf Seite 227 übersetzt sie den Film "All the President's Men" wörtlich mit "Alle Männer des Präsidenten" statt mit der allgemein bekannten Übersetzung "Die Unbestechlichen". Es handelt sich um den bekannten Film um die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch die von Dustin Hoffman und Robert Redford gespielten Redakteure der "Washington Post". Offenbar war Frau Petri der Hinweis auf den Präsidenten wichtiger als der deutsche Filmtitel, aber der Leser ist zunächst etwas verwirrt.
Michael Matzer © 2001ff
Info: Jack and Jill, 1996; Ehrenwirth 2000, München; 382 Seiten, DM 39,80, aus dem US-Englischen übertragen von Edda Petri
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Danke.
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