James Patterson; Andrew Gross

Die Rache des Kreuzfahrers

Roman. Ehrenwirth, Bergisch Gladbach. 460 Seiten. 19.90 EUR . ISBN: 3-431-03589-2

Ein Narr als Held eines Action-Thrillers
James  Patterson; Andrew  Gross: Die Rache des Kreuzfahrers

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"Die Rache des Kreuzfahrers" ist ein temporeicher historischer Roman, dessen abenteuerliche Handlung im 11. Jahrhundert in der Zeit der ersten Kreuzzüge spielt. Action, Drama, Lovestory und jede Menge derber Humor sind die Hauptzutaten dieses "pageturners". Mich hat erstaunt, wie untypisch dieses Buch für Patterson ist.

Die Autoren
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James Patterson, geboren 1949, ehemaliger Besitzer einer Werbeagentur, ist der Autor von fünfzehn Nummer-1-Bestsellern (inklusive diesem Buch). Allerdings sind es vor allem seine Alex-Cross-Thriller, die den Leser berühren. Folglich war Alex Cross bereits zweimal im Film zu sehen: "Im Netz der Spinne" und "...denn zum Küssen sind sie da" wurden beide erfolgreich mit Morgan Freeman in der Hauptrolle verfilmt. Für Einsteiger sei gesagt, dass Alex Cross ein sympathischer schwarzer Polizeipsychologe ist, der mit seiner Familie in Washington, D.C., lebt.

Patterson ist extrem fleißig. Sein letzter Solo-Roman hieß "The Lake House", doch inzwischen wurde auch "Sam's Letter to Jennifer" veröffentlicht, das ähnlich aufgebaut ist wie der "tearjerker" "Briefe an Nicholas". Mittlerweile erschienen neue Alex-Cross-Romane mit den Titeln "The Big Bad Wolf" und "London Bridges" (siehe meine Berichte). Im Januar und Februar 2005 sind zwei weitere Patterson-Romane erschienen, darunter "Lifeguard". Nähere Infos finden sich unter www.twbookmark.com und www.jamespatterson.com. Patterson lebt mit seiner Familie in Florida.

Andrew Gross war Pattersons Ko-Autor an "Die 2. Chance" (Limes-Verlag) und lebt in New York City.

Handlung
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Frankreich Ende des 11. Jahrhunderts: Das Zeitalter der Kreuzzüge beginnt, zu denen Papst Urban aufgerufen hat, um das Heilige Land von den "Ungläubigen" zu befreien.

In einem kleinen Provinzdörfchen hat sich der junge Hugh de Luc mit seiner Frau Sophie als Gastwirt zur Ruhe gesetzt - zuvor hatte er ein unruhiges Leben als umherziehender Gaukler "genossen". Bis er sich in Sophie verliebte. Das Einzige, was den beiden zum vollkommenen Glück fehlt, ist ein Kind - und Freiheit von ihrem Oberherrn, dem Herzog Baudouin von Treille.

Ins Heilige Land

Seine Sehnsucht nach ungebundenem Leben in Freiheit wird Hugh zum Verhängnis: Er zieht mit einer zusammengewürfelten Soldatentruppe Richtung Palästina, um Ruhm und Beute zu erlangen. Sophie bleibt hoffend zurück, doch beim Abschied gibt sie Hugh eine Hälfte eines schönen Kammes mit, der ein Erbstück ist: ein Symbol der Treue, ein Versprechen auf ein Wiedersehen.

Die Katastrophe, in die sich Hugh begibt, hätte er sich nicht vorstellen können. Sterben die Männer nicht auf dem Fußmarsch durch die Gebirge des Balkans und Kleinasiens, dann an den Strapazen bei der Belagerung der wichtigsten moslemischen Festung vor Jerusalem, Antiochia im heutigen Syrien. Die Verteidiger dezimieren die christlichen Reihen von zusammengewürfelten, undisziplinierten Haufen, die nicht mal Sold bekommen.

Nachdem Antiochia durch Verrat gefallen ist, plündern die Christen die Stadt, metzeln die Bevölkerung, moslemische wie auch christliche nieder, und stecken anschließend die Häuser an. In einer winzigen Kirche, die demnächst geplündert wird, hat Hugh sein Damaskus-Erlebnis. Hatte er schon zuvor nicht an einen Christen-Gott geglaubt, so verliert er nun auch den Glauben an Vernunft, Vorsehung, Liebe und so weiter. Ein Moslem verschont sein Leben, nachdem Hugh ob dieses Irrwitzes in Lachen ausgebrochen ist. Der Moslem verliert sein Leben beim Angriff fränkischer Fanatiker, der Tafur. Sie tragen das Zeichen des Kreuzes eingebrannt am Hals. Da vergeht Hugh das Lachen und er macht sich aus dem Staub - nicht ohne ein goldenes Kreuz aus der Kirche mitzunehmen.

Wieder in der Heimat

Ein halbes Jahr später, zwei Jahre nach seinem Abschied, ist Hugh wieder in seinem Heimatdorf angelangt. Seine Vorfreude auf ein Wiedersehen verwandelt sich in Schrecken, als er sieht, dass sein Gasthof bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurde. Sophie ist verschwunden. Sein kleiner Sohn Philippe, von dem er nichts geahnt hatte, liegt begraben auf einem Feld. Dort vergräbt der verzweifelte Hugh auch sein Kreuz.

Wer hat dieses Unglück über sein Dorf gebracht? Es seien Ritter ohne Kennzeichen gewesen, heißt es von den versprengten Dörflern. Nun, Hugh kann sich's denken: Baudouin von Treille muss dahinter stecken, oder? Er hofft, dass die entführte Sophie noch am Leben ist, und wandert durch die Wildnis Richtung Treille. Nach einem Angriff durch einen Eber wird der verwundete Hugh von einem edlen Fräulein namens Emilie in die Burg des Herzogs von Borée gebracht und gesund gepflegt.

Da Emilie durch Hughs Erzählungen zutiefst ergriffen ist (ohne es zu zeigen), will sie ihm helfen, Sophie zurückzugewinnen, sofern sie noch lebt. Dazu aber muss sich Hugh eines Vorwandes bedienen, und welche Verkleidung wäre für einen früheren Gaukler besser geeignet als die eines Hofnarren? Hugh macht sich auf den Weg in die Höhle des Löwen....

Unterdessen suchen Ritter vom Schwarzen Kreuz nächtens Dörfer und Weiler des Herzogtums von Treille heim. Sie sind hinter einer ganz bestimmten Reliquie her, die von Rittern und Händlern aus dem Heiligen Land mitgenommen oder erworben wurde. Was sie am dringendsten haben wollen, ist eine Reliquie von der Kreuzigung Jesu. Und die könnte sich in Hughs Besitz befinden, ohne dass er es ahnt...

Mein Eindruck
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Ich habe diesen actionreichen und humorvollen Thriller in nur zwei Tagen verschlungen. Ich fühlte mich hervorragend unterhalten, denn der Roman ist vieles zugleich. Was zunächst nach einem mittelalterlichen Kriegsabenteuer aussieht, verwandelt sich in Hughs Heimat in einen ungewöhnlichen Kriminalthriller, denn es geht darum, zwei Rätsel zu lösen: Wer sind die Ritter vom Schwarzen Kreuz, und in wessen Auftrag handeln sie? Und was wollen sie, das Hugh angeblich in seinem Besitz hat?

Action, endlich!

Sind diese Rätsel gelöst, wandelt sich der Roman erneut: zu einem romantischen Actiondrama, das einerseits in einem Bauernaufstand gipfelt und zum anderen in der Erfüllung von Lady Emilies Liebe zu Hugh de Luc. Und auch sie hat ein pikantes Geheimnis zu lüften! Die Action besteht in einem Dreisprung: Zuerst ist Baudouin zu überwältigen, dann der Anführer der Ritter vom Schwarzen Kreuz und zu guter Letzt dessen Auftraggeber.

So gelingt es also den beiden Autoren scheinbar mühelos, aber mit etlichen Tricks und Kniffen, den Leser bis zur letzten Seite des Finales prächtig zu unterhalten. Kaum ist ein Rätsel gelöst, taucht schon das nächste Geheimnis dahinter auf. Oder eine Aufgabe, die Hugh zu bewältigen hat. Oder Lady Emilie bringt Hugh in Schwierigkeiten...

Der spezielle Humor des Mittelalters

Nur ein Narr würde nicht bei so vielen Sorgen durchdrehen und andere die Drecksarbeit machen lassen. Zum Glück ist Hugh eben dieser Narr! Ohne seinen bissigen und mitunter recht derben Humor würde er wohl kaum so viele Herausforderungen bewältigen. Und in der mittelalterlichen Gesellschaft bewährt sich sein eingeübter Wortwitz ausgezeichnet. Zu diesem Witz gehören eine ganze Menge Wortspiele.

Ich war skeptisch, ob die offenherzig geschilderten erotischen Szenen so stehen gelassen würden, aber in der deutschen Ausgabe wurde offenbar nichts davon der Zensur geopfert - bravo! Die mittelalterlichen Leute hatten offensichtlich ein viel unverkrampfteres Verhältnis zu körperlichen Angelegenheiten als wir heute.

Toujours l'amour!

Die einzige erlösende Kraft auf Erden scheint Hugh die Liebe zu sein, zuerst jene von Sophie, dann jene der Lady Emilie. Für die beiden Frauen verkämpft er sich denn auch bis zum letzten Atemzug und nimmt die größten Risiken auf sich. Als Hugh also Frau und Kind verliert, kündigt er den Lehnseid auf, der ihn als Untertan an seinen Lehnsherrn bindet, den Ritter, der sein Land besitzt und von ihm Dienste fordern kann, beispielsweise im Krieg.

Rebellion

Die Aufkündigung dieses seit Jahrtausenden bindenden Verhältnisses ist ein revolutionärer Akt. Seine Mitmenschen können kaum fassen, was Hugh tut. Erst nach langen Verhandlungen und intensiver Überzeugungsarbeit schließen sie sich ihm an. Der einzige Grund: Sie haben selbst nichts mehr zu verlieren außer ihrem Leben. Und das können sie genauso gut für ihre Befreiung einsetzen, oder? Außerdem hat Hugh ja eine gewisse Reliquie, die ihn zu etwas Besonderem macht.

Der nun folgende Bauernaufstand - den die Geschichtsbücher sicher nicht der Erwähnung wert halten - erinnert uns natürlich stark an den Unabhängigkeitskampf der "amerikanischen" Siedler in den Kolonien Neu-Englands. Diese so genannten "Amerikaner" waren ja meist ebenfalls nur eingewanderte Engländer, Schotten, Waliser oder Iren. Und viele, viele so genannte "Deutsche" - meistens Hessen. Wie die "Amerikaner" erhoben sie sich gegen ihre Landesfürsten. Denn das waren die britischen Lords und Ladies ja letzten Endes, wie man beispielsweise in dem Emmerich-Film "Der Patriot" mehrmals gesagt bekommt.

Die Übersetzung
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Axel Merz hat sich in der mittelalterlichen Kultur kundig gemacht, wie an zahlreichen Stellen zu bemerken ist. Zu dieser Kultur gehört nicht nur das Essen oder feineren Vergnügungen der Edlen, sondern auch die Kriegskunst und die damit verbundenen Gerätschaften. "Das erste Geräusch der Schlacht war das Rülpsen einer Mange, und ein massiver Felsbrocken wurde hoch in den Himmel geschleudert." (S. 402) Unter einer "Mange" darf man sich also eine Art Katapult vorstellen.

Kostprobe für den derben Witz gefällig? "Zwei brave Männer stehen abends nach der Kneipe auf einer Brücke und pissen in den Fluss. Jeder brüstet sich damit, er habe den größeren. Sagt der eine: "Das Wasser ist aber ganz schön kalt." Meint der andere trocken: "Ja, und ganz schön tief."

Zweite Kostprobe, ein Witz aus dem "wilden Languedoc": Was ist unten drunter haarig, steht hoch aufgerichtet in seinem Bett, besitzt eine rötliche Haut und bringt garantiert jede Nonne zum Weinen? Eine Zwiebel. (S. 401)

Unterm Strich
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Selten habe ich ein derart temporeiches Buch gelesen, das mich von Anfang gepackt hat und hielt. Und dabei ist es im Grunde ein historischer Roman, sollte man meinen. In Wahrheit ist es aber eine Kombination aus Action, Kriegsdrama, Liebes-Story und ganz viel Humor, wenn auch von der derberen Sorte (siehe oben). In das Buch flossen zahlreiche Infos der Wissenschaft ein. Diese Quellen listet ein zwei Seiten langes Quellenverzeichnis auf. Sogar ein deutscher Autor ist darunter.

Die Patterson-typischen 153 Kurzkapitel tragen dazu bei, die Seiten rasend schnell zu verschlingen, um das Rätsel, das das Kapitelende präsentiert, zu lüften. Es ist das gleiche Prinzip, wie es Dan Brown in "Sakrileg" anwendet, nur noch in kleinerem Rahmen und noch eleganter angewandt. Wer also ein paar Stunden mit humorvoller und spannender "kurtzweyl" verbringen will, der greife zu diesem historischen Thriller.

Michael Matzer (c) 2005ff

Info: The Jester, 2003; Ehrenwirth 03/2005, Bergisch Gladbach; 460 Seiten, EU 19,90, aus dem US-Englischen übersetzt von Axel Merz; ISBN 3-431-03589-2

Pro: tempo- und actionreich, sehr humorvoll, gut übersetzt, schön ausgestattet

Kontra: gibt's noch nicht als deutsches Taschenbuch (nur als englisches); ob der Hintergrund wohl den "historischen Tatsachen" entspricht?






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