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Günther Opitz (Hg.); Anne Margret Rusam (Hg.)

Stille Nacht. Unheilige Weihnachten

Anthologie. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. ISBN: 3-596-14970-3

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Es geht schon gut los: gleich auf der ersten Seite ist eine der wunderbar humorvollen Zeichnungen von Caroline Eckmann zu sehen - unter der Überschrift "Traditionelle Weihnachtslieder: Stille Nacht" ein Bild von einem erbärmlich schreienden Jesuskind, umgeben von seinen Eltern und den drei Weisen und einem Schaf, die alle gleichzeitig irgendeinen Kommentar dazu geben. - Um es gleich vorwegzunehmen: die Zeichnungen sind fast die einzigen Beiträge, bei denen einem nicht das Lachen im Halse stecken bleibt.

Die Weihnachtsgedichte und -geschichten der Sammlung sind traurig, skurril, finster, desillusionierend, wehmütig. Mal beschreibt Sedaris, wie sich zwei konkurrierende Nachbarsfamilien buchstäblich um Kopf und Kragen bringen im Versuch, beim Schenken die anderen zu übertreffen. Buzzati läßt Ochs und Eselein kopfschüttelnd miterleben, was aus der wundervollen Heiligen Nacht von damals geworden ist. In anderen Geschichten wird es gar mörderisch, eine Domina will ihren Beruf aufgeben und heiraten, die trotz Geschäftsaufgabe auftauchenden Freier werden mit Hausarbeiten gequält, Robert Gernhardt läßt den Teufel zur Welt kommen, ein Mann verbringt das ganze Leben mit Weihnachtsvorbereitungen, Freunde finden nach einer Geisterbeschwörungschwer bezecht zuhause Särge vor, es gibt weihnachtliche Kaffeefahrten und so weiter und so weiter... Im Hintergrund spürt man häufig ein leises Bedauern über den Verlust der kindlichen Weihnachtsstimmung, auch wenn fleißig auf alles Traditionelle verbal eingeschlagen wird.

Es gibt einiges zu lachen, manch ein Gedanke ist es wert, sich damit zu beschäftigen, manche Unsitte wird aufs Korn genommen. Wer jedoch zu Weihnachten depressiven Stimmungen nachhängt, sollte sich vor der Lektüre unbedingt hüten, um die Selbstmordrate nicht in die Höhe zu treiben.

(Almut Nitzsche)