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„Blond“! Mit dem Titel ihres neuen Buches zielt Joyce Carol Oates mitten
ins Klischee und macht es zum Thema. Marilyn Monroe, die Blondine schlechthin,
sexy und dumm. Durch Produzentenbetten zum Erfolg gelangt. Pin-Up-Girl
in sämtlichen Männerspinden, Kennedys „Präsidialhure“.
Ein „Zuckerarsch“, der „rotgeschminkte Mund ein vollkommenes
saugendes O.“
Das platinblonde Haar war allerdings chemisch gebleicht. Eigentlich
hieß sie Norma Jeane Baker, las Darwin, schrieb Gedichte und gab
sich große Mühe, eine ernstzunehmende Schauspielerin zu sein.
„Ihr Problem war nicht, dass sie eine dumme Blondine war, sondern dass
sie nicht blond und nicht dumm war.“ Marilyn Monroe, die Sex-Ikone
des 20. Jahrhunderts, wurde von Hollywoods Studiobossen zum Zwecke der
Vermarktung geschaffen. Norma Jeane hat aber mitgeholfen und das Bild perfekt
ausgefüllt. Gleichzeitig kämpfte sie dagegen an, wußte
nicht mehr, ob hinter der gespaltenen Identität, den vielen Rollen
überhaupt noch ein Ich zu finden war oder nur noch die große
Leere. Film und Leben ließen sich nicht auseinanderhalten, schon
gar nicht in Hollywood.
„Blond“ erzählt einen Lebensfilm, in dem sich Illusion und
Wirklichkeit untrennbar vermischen. Im Augenblick ihres berühmt-berüchtigten
Drogentodes zieht dieser Film an Marilyn vorüber, mit allem, was Kino
zu bieten hat - Verklärung, Idealisierung, Absturz und Elend, Momente
plötzlicher Klarheit und Erkenntnis. Ein Dahinrauschen über neunhundert
Seiten, von einer Hoffnung und Enttäuschung zur andern, immer wieder
von den gleichen Ängsten und Nöten unterspült, ein obsessives
Kreisen um das Urgefühl der Wertlosigkeit, bis zum Ende im verwirrten
Rausch- und Drogengestammel. Hin- und hergerissen zwischen voyeuristischer
Neugier (die Intimszene mit Kennedy - wie lief sie ab?) und dem tragischen
Sog dieses Lebens wird der Leser hineingezogen in den Prozeß der
Selbstauflösung. Eine erstaunliche Leseerfahrung, ein verstörendes
Buch.
„Blond“ soll nicht als Biographie, sondern als Roman gelesen
werden. Die Autorin hat ausgewählt, gerafft, Akzente gesetzt; die
unzähligen Liebhaber auf einige wenige verdichtet, ein paar Filme
exemplarisch herausgestellt. Mit einem beängstigend authentisch wirkenden
Prosastrom, der die Fesseln des Dokumentarischen von Anfang an abgeschüttelt
hat, schreibt sie sich sowohl ins Innere ihrer Figur als auch in die Zeitgeschichte
hinein, manchmal leicht verschlüsselt wie für eine Rollenbesetzung
- „der Bühnenautor“ (Arthur Miller), „der Präsident“ (J. F. Kennedy)
- und erreicht dabei eine große Freiheit in der Interpretation eines
längst zum Allgemeinbesitz gewordenen Lebens. MM im wehenden Plisseekleid
(weiß blitzt der Slip) über dem U-Bahn-Schacht; MM schwankend
„wie eine Ertrunkene“ beim Geburtstagslied für den Präsidenten
- die Bilder, fester Bestandteil unserer Kultur, werden von Oates beeindruckend
gedeutet. Anfangs mag man beim Lesen noch Dichtung und Wahrheit zu sortieren
versuchen. Aber das Bedürfnis legt sich bald, da sich beide, die reale
wie die fiktive Marilyn, gleichermaßen zwischen Rollen, Bildern und
Projektionen verlieren und das Authentische sich ohnehin auflöst in
den Illusionen Hollywoods.
Wiederkehrende Muster und Motive gliedern und formen den
Erzählstrom: Die paranoide Mutter, die dem Kind das Lebensrecht versagt.
Waisenhaus, Vatersehnsucht, Versagensangst. Die Sucht, geliebt zu werden.
Das Idealbild Goldene Prinzessin und Dunkler Prinz. Der flatternde Kolibri.
Der „Nachtzwilling“, die gespaltene Persönlichkeit, der Wahnsinn
als Ausweg.
Marilyns optische Filmoberfläche kennt jeder, vielleicht auch
die Stimme, mal piepsig, mal verrucht. Joyce Carol Oates gibt Blut und
Schweiß dazu, die Gerüche ihrer gequälten Körperlichkeit.
Die Nöte der ins Paillettenkleid eingenähten und durch den Galaglanz
stöckelnden Diva. Alles ist gleichzeitig da und fließt ineinander,
auch die „räuberischen“ Seiten ihres Wesens und die „Naturgewalt“
ihrer Präsenz vor der Kamera. Von allem unbeschadet leuchtet darüber
der Mythos, den sie gelebt hat - die „mondweiße Haut“, die
„schimmernde Schönheit“.
Eva Leipprand
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