Joyce Carol Oates

Blond

Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. ISBN: 3-100-54000-X

Joyce Carol  Oates: Blond

Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.

Dieses Buch kaufen bei Amazon.de

Buy Joyce Carol Oates: Blond at Amazon.com (USA)

Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.

„Blond“! Mit dem Titel ihres neuen Buches zielt Joyce Carol Oates mitten ins Klischee und macht es zum Thema. Marilyn Monroe, die Blondine schlechthin, sexy und dumm. Durch Produzentenbetten zum Erfolg gelangt. Pin-Up-Girl in sämtlichen Männerspinden, Kennedys „Präsidialhure“. Ein „Zuckerarsch“, der „rotgeschminkte Mund ein vollkommenes saugendes O.
Das platinblonde Haar war allerdings chemisch gebleicht. Eigentlich hieß sie Norma Jeane Baker, las Darwin, schrieb Gedichte und gab sich große Mühe, eine ernstzunehmende Schauspielerin zu sein. „Ihr Problem war nicht, dass sie eine dumme Blondine war, sondern dass sie nicht blond und nicht dumm war.“ Marilyn Monroe, die Sex-Ikone des 20. Jahrhunderts, wurde von Hollywoods Studiobossen zum Zwecke der Vermarktung geschaffen. Norma Jeane hat aber mitgeholfen und das Bild perfekt ausgefüllt. Gleichzeitig kämpfte sie dagegen an, wußte nicht mehr, ob hinter der gespaltenen Identität, den vielen Rollen überhaupt noch ein Ich zu finden war oder nur noch die große Leere. Film und Leben ließen sich nicht auseinanderhalten, schon gar nicht in Hollywood.
 „Blond“ erzählt einen Lebensfilm, in dem sich Illusion und Wirklichkeit untrennbar vermischen. Im Augenblick ihres berühmt-berüchtigten Drogentodes zieht dieser Film an Marilyn vorüber, mit allem, was Kino zu bieten hat - Verklärung, Idealisierung, Absturz und Elend, Momente plötzlicher Klarheit und Erkenntnis. Ein Dahinrauschen über neunhundert Seiten, von einer Hoffnung und Enttäuschung zur andern, immer wieder von den gleichen Ängsten und Nöten unterspült, ein obsessives Kreisen um das Urgefühl der Wertlosigkeit, bis zum Ende im verwirrten Rausch- und Drogengestammel. Hin- und hergerissen zwischen voyeuristischer Neugier (die Intimszene mit Kennedy - wie lief sie ab?) und dem tragischen Sog dieses Lebens wird der Leser hineingezogen in den Prozeß der Selbstauflösung. Eine erstaunliche Leseerfahrung, ein verstörendes Buch.
 „Blond“ soll nicht als Biographie, sondern als Roman gelesen werden. Die Autorin hat ausgewählt, gerafft, Akzente gesetzt; die unzähligen Liebhaber auf einige wenige verdichtet, ein paar Filme exemplarisch herausgestellt. Mit einem beängstigend authentisch wirkenden Prosastrom, der die Fesseln des Dokumentarischen von Anfang an abgeschüttelt hat, schreibt sie sich sowohl ins Innere ihrer Figur als auch in die Zeitgeschichte hinein, manchmal leicht verschlüsselt wie für eine Rollenbesetzung - „der Bühnenautor“ (Arthur Miller), „der Präsident“ (J. F. Kennedy) - und erreicht dabei eine große Freiheit in der Interpretation eines längst zum Allgemeinbesitz gewordenen Lebens. MM im wehenden Plisseekleid (weiß blitzt der Slip) über dem U-Bahn-Schacht; MM schwankend „wie eine Ertrunkene“ beim Geburtstagslied für den Präsidenten - die Bilder, fester Bestandteil unserer Kultur, werden von Oates beeindruckend gedeutet. Anfangs mag man beim Lesen noch Dichtung und Wahrheit zu sortieren versuchen. Aber das Bedürfnis legt sich bald, da sich beide, die reale wie die fiktive Marilyn, gleichermaßen zwischen Rollen, Bildern und Projektionen verlieren und das Authentische sich ohnehin auflöst in den Illusionen Hollywoods.
   Wiederkehrende Muster und Motive gliedern und formen den Erzählstrom: Die paranoide Mutter, die dem Kind das Lebensrecht versagt. Waisenhaus, Vatersehnsucht, Versagensangst. Die Sucht, geliebt zu werden. Das Idealbild Goldene Prinzessin und Dunkler Prinz. Der flatternde Kolibri. Der „Nachtzwilling“, die gespaltene Persönlichkeit, der Wahnsinn als Ausweg.
Marilyns optische Filmoberfläche kennt jeder, vielleicht auch die Stimme, mal piepsig, mal verrucht. Joyce Carol Oates gibt Blut und Schweiß dazu, die Gerüche ihrer gequälten Körperlichkeit. Die Nöte der ins Paillettenkleid eingenähten und durch den Galaglanz stöckelnden Diva. Alles ist gleichzeitig da und fließt ineinander, auch die „räuberischen“ Seiten ihres Wesens und die „Naturgewalt“ ihrer Präsenz vor der Kamera. Von allem unbeschadet leuchtet darüber der Mythos, den sie gelebt hat - die „mondweiße Haut“, die „schimmernde Schönheit“.

Eva Leipprand






Bücher neu und gebraucht
bei amazon.de

Suchbegriff:


eBay


Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de
Autor:
Titel:
neu
gebraucht

Ihr Kauf bei unseren Shop-Partnern sichert das Bestehen dieses Angebotes.

Danke.


Weitere Titel von und Rezensionen zu Joyce Carol Oates
Weitere Rezensionen in der Kategorie: Roman  



Partner-Shop: Amazon.de

Blond Amazon.de-Shop
Joyce Carol Oates: Blond

Partner-Shop: Amazon.com (USA)

Buy Joyce Carol Oates: Blond at Amazon.com (USA)

carpe librum ist ein Projekt von carpe.com  und © by Sabine und Oliver Gassner, 1998ff.

Das © der Texte liegt bei den Rezensenten.   -   Wir vermitteln Texte in ihrem Auftrag.   -   librum @ carpe.com

Impressum  --  Internet-Programmierung: Martin Hönninger, Karlsruhe  --  19.06.2012