Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.
Dieses Buch kaufen bei Amazon.de
Buy Perikles Monioudis: Palladium at Amazon.com (USA)
Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.
Berlin klassisch, in griechisches Licht getaucht. In seinem neuen Roman
betrachtet Perikles Monioudis, Schweizer Autor mit Wohnsitz Berlin, die
Stadt mit den Augen seiner Herkunft. Anders und seltsam schön bietet
sich die deutsche Metropole dem fremden Blick. Herzstück des klassischen
Berlin ist das Pergamonmuseum, wo sich weit um den Saal der Parthenonfries
zieht und die Statue der Athene, in pentelischen Marmor gehauen, groß
und still ins Leere blickt. Aber auch draußen, auf Straßen,
Plätzen, Brücken, stehen Statuen, ragen Säulen auf. Das
19. Jahrhundert hat den Stil der Antike aufgenommen. Am besten ist die
monumentale Schönheit zu erfahren auf dem Bebelplatz, „im Schnittpunkt
der Gebäude“. Während südländische Hitze über
der Stadt liegt, der blaue Himmel „unglaublich hoch“ darübergezogen,
ist auch die Distanz zu spüren, die die Zeitlosigkeit schafft. Statuen
können einander nicht umarmen. „Nichts bewegt sich, alles ist erstarrt;
es herrscht Ruhe“.
Das Palladium (im alten Griechenland ein Schutz verheißendes
Kultbild der Athene) ist im Roman der Schlüssel, der den Blick für
das Klassische öffnet. Hilbert, erfolgreicher Rechtsanwalt, hat gerade
noch überlegt, „was geschehen würde, wenn er sich mit seinem
Leben endlich abfände. Wäre das dann das vollkommene Glück
oder die vollkommene Teilnahmslosigkeit?“, da lernt er Katharina kennen.
Sie ist eine ebenfalls erfolgreiche Komponistin und schenkt ihm das kleine
hölzerne Palladium. Mit ihrer fernen, gleichsam über der Körperlichkeit
schwebenden Schönheit weist sie ihm den Weg in die Welt der Statuen.
Sein glattes, wohlgeformtes Leben gerät aus dem Tritt. Immer öfter
läßt er das Büro im Stich, um sich mit Katharina zu treffen,
im Café, im Hotel, oder um ins Museum zu gehen und sich im zeitlosen
Dasein zwischen den Statuen zu verlieren. Er ist schon kurz davor, Frau
und Tochter zu verspielen, dazu das makellose Heim an der Spree und auch
die Gunst des Chefs seiner Kanzlei. Zum Schluß hat er sich aber wieder
im Griff, die Episode bleibt seltsam folgenlos.
Trotz der von der ersten bis zur letzte Seite über der Stadt
lastenden Hitze ist in dem Buch - so als wehte es aus Monioudis’
vor drei Jahren erschienenen Roman „Eis“ herüber - eine kontrastierende
Kühle zu spüren. Die Sprache, in ambitionierte Sätze von
schöner Transparenz gefaßt, zeichnet kühle klare Bilder:
Hilbert in seinem klimatisierten Büro, durch die Scheibe hinunter
auf den Savignyplatz blickend, auf die S-Bahn, das Café, das Hotel,
und die Figuren, die sich dort bewegen, die Sekretärin oder Marianne,
seine Frau; genau, aber aus der Distanz beobachtend. Liebesszenen, die
aus der fast klinisch exakten Beschreibung der beteiligten Gliedmaßen
entwickelt sind. Katharina allein in ihrer großen weiten Wohnung
über weißes Notenpapier gebeugt, versunken in ihrer „Polyphonie“
und nach außen abgeschirmt (es gibt die Andeutung einer frühen
Traumatisierung und jungfräulicher Verschlossenheit): „Wer meine
Nähe sucht, dem ist nicht zu helfen“.
Auch Hilbert gelingt der Schritt von der Beobachtung zur Beziehung
nicht. „Er schaut alles an, aber nichts erwidert seinen Blick.“ Die Dinge
entgleiten ihm. Die Präzision der Beschreibung steht im Gegensatz
zur Vagheit des Empfindens. Daß dieses Empfinden heftig ist, läßt
sich ablesen an seiner Erregung, die sich bis zu Symptomen eines Herzinfarkts
steigert. Aber benannt wird nichts. Nur beim Angeln, am morgenkühlen
See in stiller Zwiesprache mit den Fischen, werden Gefühle manifest.
Der klare Fluß der Sprache (Störungen ergeben
sich allenfalls durch die Wahl des erzählenden Präsens) vermittelt
ein schlüssiges Bild von Hilbert, dem „vielbeschäftigten Anwalt
mit dem plötzlichen Bedürfnis nach dem Schönen“. Doch
ist die Erzählperspektive des Romans nicht auf seine Welt beschränkt.
Sie wechselt, erst zu Katharina, der Geliebten, dann zu Marianne, seiner
Frau, auch zur kleinen Tochter, ohne daß sich der Ton oder auch das
Gefühl der Getrenntheit von der Welt wesentlich ändert; alle
vier sind gleichermaßen in des Autors Kühle gehüllt.
Die Präzision des Aufbaus gibt dem Text eine bewunderswerte Geschlossenheit.
Die Bewegungen der Figuren über Straßen und Plätze markieren
klare Linien über den Berliner Stadtplan vom Lietzensee über
die Museumsinsel bis zur Gethsemanekirche am Prenzlauer Berg. Die wenigen
Handlungstage unter der Hitzeglocke sind durch Wiederkehrendes strukturiert:
Hilbert beim Blick aus dem Büro auf den Savignyplatz; die S-Bahn mit
ihrer Staubschicht als Indikator für Wetter und Tageszeit; das Hotelzimmer
Nr. 14, Ort der Begegnung mit Katharina; das Museum und seine Stille; der
in immer neuer Frische beschriebene See und seine Fische. Die Motive fügen
sich zusammen in durchsichtiger Atmosphäre zu einem ganz besonderen,
sehr ästhetischen Bild von Berlin, das, weil Perikles Monioudis es
so will, griechisch-klassische Züge trägt.
Eva Leipprand
Bücher neu und gebraucht bei amazon.de |
|
|
Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de |
Ihr Kauf bei unseren Shop-Partnern sichert das Bestehen dieses Angebotes.
Danke.
Weitere Titel von und Rezensionen zu Perikles Monioudis
Weitere Rezensionen in der Kategorie: Roman
Buy Perikles Monioudis: Palladium at Amazon.com (USA)
carpe librum ist ein Projekt von carpe.com und © by Sabine und Oliver Gassner, 1998ff.
Das © der Texte liegt bei den Rezensenten. - Wir vermitteln Texte in ihrem Auftrag. - librum @ carpe.com
Impressum -- Internet-Programmierung: Martin Hönninger, Karlsruhe -- 19.06.2012