Christoph Meckel
Ein unbekannter Mensch
Roman. Carl Hanser Verlag, 108 Seiten. ISBN: 3-446-18943-2
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ISBN 3-446-18943-2
26,- DM (24,90 SFr, 190,- ÖS)
Die französische Gemeinde Villededon ist seit Jahrzehnten neben Berlin der Wohnsitz Christoph Meckels. In "Ein unbekannter Mensch" entwirft Meckel eine Topographie dieses Ortes, der Menschen und der Umgebung. Er erzählt von der bäuerlichen Existenz der Menschen, von der wirtschaftlichen Veränderung durch Technik und Industrie, der Jagd, der Stadtflucht der Jugend und den Problemen mit Touristen.
Im Mittelpunkt des Buches allerdings steht Meckels Freundschaft mit seinem Nachbarn, dem Bauern Mathieu. Es ist eine ganz und gar ungleiche Freundschaft: Der weitgereiste moderne Schriftsteller Meckel begegnet dem halsstarrigen und national denkenden Bauern Mathieu, der nie aus seinem Dorf herausgekommen ist und keinen Begriff davon hat, wo Dänemark oder Belgien liegt. Meckel verbindet mit dem Bauern eine Freundschaft zu Mathieues Bedingung. "Die Freundschaft ist wahr", so Meckel. "Der Bewegliche bin ich".
Der Bauer Mathieu lebt ganz in der provinziellen Enge seines Heimatortes, sein Haus ist karg und sein Überleben hängt davon ab, wie der Winter verläuft. Er hält an historischen Vorurteilen fest und bezeichnet die Araber als eine "dreckige Rasse". Trotzdem schildert Meckel seinen Nachbarn ohne schriftstellerische Überheblichkeit und mit großem Respekt. Sein Blick auf den Menschen Mathieu ist unbestechlich, die Beschreibungen lassen einen unsentimentalen und vor allem sprachlich genauen Einblick in das bäuerliche Leben zu. In die sprachlich fast schon perfekt zu nennende Darstellung mischt sich ab und ab ein Unterton lyrischer Melancholie, wenn Meckel von der provinziellen Enge des Lebens berichtet und das Leben des Bauern in all seiner Knappheit offenlegt: "Seine Biographie sind die Daten auf seinem Grabstein und vielleicht eine Fotografie unter truebem Glas." Die Stimmung Villededons fängt Meckel ein ohne Urlaubspathos oder Aussteigerklischees zu beschwören, in seinen Schilderungen scheint das alltägliche Leben so durch, wie es von den Einheimischen, vor allem von Freund Mathieu gelebt wird. Meckels mit großem Einfühlungsvermogen geschriebenener Bericht macht das Buch lesenswert, liegt doch die Faszination darin, eine unbekannte Existenz kennenzulernen, wie der Autor auf einen fremden Menschen zuzugehen. Letztendlich kann Meckel den Bauern etwas aus seiner provinziellen Enge herausreissen und ihm seine ausländerfeindlichen Vorurteile austreiben.
(Christoph Steven)
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