Jagoda Marinic
Russische Bücher
Kurzprosa. Suhrkamp, Frankfurt. 132 Seiten. 16.90 EUR . ISBN: 3-518-41696-0
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"Die einzigen Weiten, die wir uns vorstellen können, verdanken wir russischen Büchern". Die das schreibt ist eine 28-jährige Autorin aus Heidelberg. Drei kleine Erzählungen hat sie nun veröffentlicht, die so gar nicht zu unseren Vorstellungen von schweren, weiten russischen Klassikern passen. Es sind vielmehr Geschichten, in denen junge Menschen ihre eigene kleine Welt ausloten. Die Titelgeschichte etwa erzählt, wie eine junge Frau in ihre kroatische Heimat und damit in ihre Kindheit zurückkehrt. Sie erinnert sich an den lauten Großvater, an die dürre Großmutter, aber vor allem an den früh verstorbenen Vater. Ihre Vorstellungen von einem gebildeten und belesenen Gentleman muss sie bald korrigieren. Karg und auf das Nötigste reduziert sind Marinics Geschichten. Sie verschweigen mehr als sie erzählen. Gerade das jedoch macht deren Weite und Horizont aus. Melancholisch geht es auch in den beiden anderen Erzählungen zu, so etwa in der Dreiecksgeschichte "Der Andere", in der wieder eine junge Frau versucht, ihre Ehe aufrecht zu erhalten. Am Ende stellt sie fest, dass in dem Augenblick ihre Träume zerstört sind, in dem sie sich körperlich mit dem Anderen einläßt. Bleibt noch zu verraten, dass auch die dritte Erzählung von einer Beziehung am Wendepunkt handelt. Diesmal ist es die Beziehung zwischen zwei Freundinnen. Sogar zarte homoerotische Momente schafft es Marinic anzudeuten, ohne ein Wort zu viel zu sagen. "Russische Bücher" ist ein Buch wie man es unter der selbstgefälligen literarischen Saisonware nur selten findet. Matthias Kehle
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