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Was für eine Renaissance! Der Film Sinn und Sinnlichkeit
füllt Kinosäle, die Fernsehserie Stolz und Vorurteil liefert
das Liebespaar der Saison, Mr Darcy und Elizabeth Bennet, stilgerecht in
Vatermörder und Korsett. Über Film und Fernsehen haben Jane Austens
Romane nicht nur die englischen, sondern auch die deutschen Seelen im Sturm
erobert. Das scheint erstaunlich. Jane Austen (1775 - 1817) wird zwar als
Klassikerin verehrt, doch ihre Welt ist sehr englisch und eng, begrenzt
auf die Zeit und Umgebung, die sie kannte. "Bilder häuslichen Lebens
auf dem Lande" wollte sie schreiben, so sagt sie selbst, den kleinen Landadel
bei seinem immer gleichen Treiben beobachten, zu Hause, auf Bällen,
in Gesellschaft, im Modeort Bath. Industrielle Revolution und Napoleo-nische
Kriege spielen darin genauso wenig eine Rolle wie Schicksalsschläge,
Bösewichte, enthemmte Leidenschaften oder was sonst zur Maschinerie
eines Romans gehört. Jane Austen ist nicht einmal sentimental. Was
ist es dann, was sie in uns weckt? Ist es tatsächlich, wie manche
vermuten, der Wunsch nach Wiederkehr von Moral und guten Manieren?
Das sind die Fragen, mit denen sich Elsemarie Maletzke
in ihrer neuen Biographie Jane Austen zu nähern versucht. Der Blick
auf die Modernität der großen Romanautorin ist zunächst
verstellt durch die Bemühungen der Familie Austen, der Nachwelt eine
schickliche Legende zu stricken von der "lieben Tante Jane". "Nie sprach
sie ein unüberlegtes, leichtfertiges oder strenges Wort", so Bruder
Henry, "ihre Ansichten entsprachen genau denen der englischen Hochkirche."
Elsemarie Maletzke sucht hinter der Legende nach einer anderen Jane Austen.
Sie sucht die selbstbewußte Schriftstellerin, die Meisterin der Satire,
die in einer Zeit, als Frauen wenig zu sagen hatten, viel zu sagen wußte,
die wache Intelligenz, die unabhängig war, frei in ironischer Distanz
und nicht auf das Wohlwollen ihrer Umgebung angewiesen. Da der Richtige
nicht kommen wollte, verzichtete Jane Austen lieber auf die Ehe mit einem
ungeliebten Mann als auf die Freiheit, Bücher zu schreiben. Sie nannte
ihre Bücher ihre Säuglinge und war damit vollauf zufrieden. Maletzke
sucht die Seelenverwandte, der sie über die Jahrhunderte hinweg die
Hand reichen kann, mit Mitgefühl, oft auch mit Empörung, wenn
sie die trostlose Lage vor allem der unverheirateten Frauen im damaligen
England schildert. Mit der respektlosen Treffsicherheit ihrer Sprache gleicht
sie sich Jane Austens Briefstil an, so daß die boshaften Spitzen
und gnadenlosen Bissigkeiten von damals und heute um die Wette funkeln.
Den Leser erwartet also anregende Lektüre, ohne Fußnoten
und großen wissenschaftlichen Anspruch, die Bibliographie ist bescheiden.
Neue Erkenntisse wird man allerdings nicht fin-den. Jane Austens Leben
ist ein von zahlreichen Biographen gründlich beackertes Feld; nur
wenige Zeugnisse sind überliefert - Briefe, ein paar Jugendschriften
und natürlich die Ro-mane selbst -, und die sind längst nach
allen Richtungen hin abgeklopft. So ist Elsemarie Maletzke auch nicht die
erste, die das vorhandene Material einem weiblichen, durch soziolo-gische
Studien geschärften Blick unterzieht.
"Von allen großen Schriftstellern ist sie am schwierigsten
dabei zu ertappen, wenn ihre Größe sich entfaltet", so Virginia
Woolf über ihre Kollegin Jane Austen. Elsemarie Maletzke geht dem
Wesen ihrer Kunst nicht wirklich auf den Grund, da-für gibt es ein
bißchen zu viel Familientratsch aus der weitverzweigten Austen-Sippe,
die manchmal wirkt wie ein Figuren-fundus für die Romane der Tante
Jane. Zu deren Person selbst geben die Quellen frustrierend wenig her.
Damit sich abzufinden, fällt der Biographin offensichtlich schwer,
so daß sie stellenweise der Versuchung erliegt, die Persönlichkeit
der Autorin aus ihren Romanfiguren zu rekonstruieren.
Wollte man Jane Austen wirklich bei der Entfaltung ihrer
Größe beobachten, müßte man etwa die Rolle der Ironie
in ih-ren Kammerspiel-Inszenierungen analysieren. Der Charakter ei-nes
Menschen zeigt, entwickelt und bewährt sich in der Beziehung und bleibt
dabei offen, er wird in vielschichtiger Iro-nie und doppeldeutigen Dialogen
nie ganz ergründet. Je nach Blickwinkel läßt sich ein Mensch
unterschiedlich beurteilen. Das ist es, was Jane Austens Schreiben so modern
erscheinen läßt. Dabei knistert latente Erotik in jedem Wort,
denn das Zusammenfinden von Mann und Frau ist das zentrale Thema ihres
Werkes.
Antonia S. Byatt, moderne Erfolgsautorin, gibt ein schönes
Beispiel für die Erotik bei Jane Austen in einem kürzlich er-schienenen
Roman. Da fühlt sich eine junge Frau abgestoßen von der grellen
Deutlichkeit von Pornobildern. Ihre eigene erotische Imagination folgt
dem Ungesagten, "Elizabeth Bennet und Darcy endlich nackt". Jane Austen
läßt das von ihr zusam-mengeführte Paar schon vor dem ersten
Kuß diskret allein. Vielleicht ist es das, was uns heute an Jane
Austen beglückt - die Wiederentdeckung der Andeutung, des Unerfüllten.
Die Strenge der Form befreit die Phantasie von der Plattheit vorgegebener
Bilder.
Eva Leipprand
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Danke.
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