Elsemarie Maletzke

Jane Austen. Eine Biographie

Sach. Schöffling, Frankfurt/Main. ISBN: 3-895-61602-8

Elsemarie  Maletzke: Jane Austen. Eine Biographie

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   Was für eine Renaissance! Der Film Sinn und Sinnlichkeit füllt Kinosäle, die Fernsehserie Stolz und Vorurteil liefert das Liebespaar der Saison, Mr Darcy und Elizabeth Bennet, stilgerecht in Vatermörder und Korsett. Über Film und Fernsehen haben Jane Austens Romane nicht nur die englischen, sondern auch die deutschen Seelen im Sturm erobert. Das scheint erstaunlich. Jane Austen (1775 - 1817) wird zwar als Klassikerin verehrt, doch ihre Welt ist sehr englisch und eng, begrenzt auf die Zeit und Umgebung, die sie kannte. "Bilder häuslichen Lebens auf dem Lande" wollte sie schreiben, so sagt sie selbst, den kleinen Landadel bei seinem immer gleichen Treiben beobachten, zu Hause, auf Bällen, in Gesellschaft, im Modeort Bath. Industrielle Revolution und Napoleo-nische Kriege spielen darin genauso wenig eine Rolle wie Schicksalsschläge, Bösewichte, enthemmte Leidenschaften oder was sonst zur Maschinerie eines Romans gehört. Jane Austen ist nicht einmal sentimental. Was ist es dann, was sie in uns weckt? Ist es tatsächlich, wie manche vermuten, der Wunsch nach Wiederkehr von Moral und guten Manieren?
   Das sind die Fragen, mit denen sich Elsemarie Maletzke in ihrer neuen Biographie Jane Austen zu nähern versucht. Der Blick auf die Modernität der großen Romanautorin ist zunächst verstellt durch die Bemühungen der Familie Austen, der Nachwelt eine schickliche Legende zu stricken von der "lieben Tante Jane". "Nie sprach sie ein unüberlegtes, leichtfertiges oder strenges Wort", so Bruder Henry, "ihre Ansichten entsprachen genau denen der englischen Hochkirche." Elsemarie Maletzke sucht hinter der Legende nach einer anderen Jane Austen. Sie sucht die selbstbewußte Schriftstellerin, die Meisterin der Satire, die in einer Zeit, als Frauen wenig zu sagen hatten, viel zu sagen wußte, die wache Intelligenz, die unabhängig war, frei in ironischer Distanz und nicht auf das Wohlwollen ihrer Umgebung angewiesen. Da der Richtige nicht kommen wollte, verzichtete Jane Austen lieber auf die Ehe mit einem ungeliebten Mann als auf die Freiheit, Bücher zu schreiben. Sie nannte ihre Bücher ihre Säuglinge und war damit vollauf zufrieden. Maletzke sucht die Seelenverwandte, der sie über die Jahrhunderte hinweg die Hand reichen kann, mit Mitgefühl, oft auch mit Empörung, wenn sie die trostlose Lage vor allem der unverheirateten Frauen im damaligen England schildert. Mit der respektlosen Treffsicherheit ihrer Sprache gleicht sie sich Jane Austens Briefstil an, so daß die boshaften Spitzen und gnadenlosen Bissigkeiten von damals und heute um die Wette funkeln.
   Den Leser erwartet also anregende Lektüre, ohne Fußnoten und großen wissenschaftlichen Anspruch, die Bibliographie ist bescheiden. Neue Erkenntisse wird man allerdings nicht fin-den. Jane Austens Leben ist ein von zahlreichen Biographen gründlich beackertes Feld; nur wenige Zeugnisse sind überliefert - Briefe, ein paar Jugendschriften und natürlich die Ro-mane selbst -, und die sind längst nach allen Richtungen hin abgeklopft. So ist Elsemarie Maletzke auch nicht die erste, die das vorhandene Material einem weiblichen, durch soziolo-gische Studien geschärften Blick unterzieht.
   "Von allen großen Schriftstellern ist sie am schwierigsten dabei zu ertappen, wenn ihre Größe sich entfaltet", so Virginia Woolf über ihre Kollegin Jane Austen. Elsemarie Maletzke geht dem Wesen ihrer Kunst nicht wirklich auf den Grund, da-für gibt es ein bißchen zu viel Familientratsch aus der weitverzweigten Austen-Sippe, die manchmal wirkt wie ein Figuren-fundus für die Romane der Tante Jane. Zu deren Person selbst geben die Quellen frustrierend wenig her. Damit sich abzufinden, fällt der Biographin offensichtlich schwer, so daß sie stellenweise der Versuchung erliegt, die Persönlichkeit der Autorin aus ihren Romanfiguren zu rekonstruieren.
   Wollte man Jane Austen wirklich bei der Entfaltung ihrer Größe beobachten, müßte man etwa die Rolle der Ironie in ih-ren Kammerspiel-Inszenierungen analysieren. Der Charakter ei-nes Menschen zeigt, entwickelt und bewährt sich in der Beziehung und bleibt dabei offen, er wird in vielschichtiger Iro-nie und doppeldeutigen Dialogen nie ganz ergründet. Je nach Blickwinkel läßt sich ein Mensch unterschiedlich beurteilen. Das ist es, was Jane Austens Schreiben so modern erscheinen läßt. Dabei knistert latente Erotik in jedem Wort, denn das Zusammenfinden von Mann und Frau ist das zentrale Thema ihres Werkes.
   Antonia S. Byatt, moderne Erfolgsautorin, gibt ein schönes Beispiel für die Erotik bei Jane Austen in einem kürzlich er-schienenen Roman. Da fühlt sich eine junge Frau abgestoßen von der grellen Deutlichkeit von Pornobildern. Ihre eigene erotische Imagination folgt dem Ungesagten, "Elizabeth Bennet und Darcy endlich nackt". Jane Austen läßt das von ihr zusam-mengeführte Paar schon vor dem ersten Kuß diskret allein. Vielleicht ist es das, was uns heute an Jane Austen beglückt - die Wiederentdeckung der Andeutung, des Unerfüllten. Die Strenge der Form befreit die Phantasie von der Plattheit vorgegebener Bilder.

Eva Leipprand
 






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