Gerard Malanga ist als Gründungsmitglied und Beau der Andy-Warhol-Factory
bekannt geworden. Unvergesslich ist sein Peitschentanz aus der Factory
zum S/M-Song <> der Velvet Underground. 1966 filmte
Malanga mit Warhol 300 Personen für je 3 Minuten; daraus entstanden
die berühmten <> (Kulchur Press, 1967). Ebenso
mit Warhol startete er 1969 das einflussreiche Magazin <>.
In den 70er Jahren begann sich Malanga auf ein ausgedehntes Werk von Porträtaufnahmen
zu konzentrieren. Sie dokumentieren die New Yorker Szene von Robert Mapplethorpe
bis Amiri Baraka, von John Ashbery bis William S. Burroughs, von Lou Reed
bis Patti Smith. Während sich Allen Ginsberg auf den <> von 1965 noch als verhippter Beat-Poet zeigt, langhaarig, vollbärtig,
sehen wir ihn 1971 auf den Strassen von New York City mit kurzem Haar und
gestutztem Bart, die Hände mit der buddhistischen Gebetskette zur
Meditationsgeste verknotet, relaxed in die Kamera lächelnd. Heiterkeit,
Anmut, Grazie zeichnen viele von Malangas Porträts aus. Trotzdem bleiben
sie aussagekräftige Bilder; sie bewahren poetischen Glanz, ohne zu
verkitschen. Dadurch vielleicht auch, dass sich die Modelle diesem Künstler
gern präsentierten. Warhol z.B., wie er dem Dichter & Kunstkritiker
Parker Tyler freiherzig zwischen die Beine greift und grinst, oder Iggy
Pop, der sich Malanga nackt, mit trotzig verkniffenen Lippen zeigte, jung
und rebellisch. Seit den 80er Jahren widmete sich der Fotograf vermehrt
Aktstudien. <> bietet das neue Steidl-Buch nach den <> und den <>. In diesen Aufnahmen befragt Malanga
auch die neue Götterwelt der Markennamen, wenn er etwa eine junge
Frau unter dem Titel <> im weissen Calvin-Klein-Slip,
kopflos, masturbieren lässt. Götternamen blenden Malanga nicht.
Das widerspiegelt auch sein Wissen darum, dass die stärksten Energieströme
der Kunst unterirdisch verlaufen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass
er neben den Celebrities auch viele „Outlaws of the Spirit“ porträtierte.
Z.B. Jack Smith, den an AIDS verstorbenen Filmemacher, dessen Schaffen
in den 60er Jahren massgeblich zur Verbreitung eines freien, unabhängigen
Films beigetrug, oder den Musiker & Dichter Angus MacLise, der 1979
in Kathmandu verstorben war, oder Ira Cohen, den Dichter & Fotografen,
den der vorliegende Band gleich dreimal zeigt: einmal auf dem One World
Poetry Festival 1979 in Amsterdam, eine weisse Rose in Händen haltend,
dann 1982 zusammen mit drei weiteren Dichter-Fotografen im „Dakota“ in
New York City sitzend, mit Charles Henri Ford, Jonathan Williams und Gerard
Malanga selbst (seine Gedichte werden u.a. von der renomierten Black Sparrow
Press, Kalifornien, vertrieben), und schliesslich, blumengeschmückt,
ein Bild lotophagischer Selbstvergessenheit, mit Asako Kitaori, der Malanga
1995-96 eine ganze Serie von Porträtaufnahmen widmete. Die Serie beschliesst
den Band, gemeinsam mit einem Interview, das Asako Kataori 1997 mit Malanga
geführt hat. Darin sagt er: „My portrait photography is really
informed by the friendships and rapport I have with a lot of people, so
it was very personal on that level also. Not anything having to do with
‚photo assignments‘.“ Diesem Ansatz natürlicher Spontaneität
ist es zu verdanken, dass sich viele Fotografien von Gerard Malanga bereits
ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben – fast unbemerkt.
Florian Vetsch
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