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Ist es nur eine geografische Laune oder hat es mit der Landschaft und Sprache im Südwesten Deutschlands und Norden der Schweiz zu tun, dass fast alle Lyriker, die aus dieser Gegend stammen, der lakonischen Tradition verpflichtet sind? Autoren, die präzise, bildhafte Gedichte schreiben, welche sich an der Alltagssprache orientieren und dennoch höchst komplex sind? Walter Helmut Fritz ist zu nennen, Hans Bender, Walle Sayer, Rainer Brambach, mit Einschränkungen auch Werner Dürrson. Oder aber Werner Lutz, Jahrgang 1930. Es ist nicht einfach, etwas über den Autor zu erfahren - schon 1956 beklagte sich angeblich Hans Bender bei Rainer Brambach, beide Förderer des jungen Autors, "warum ist der Lutz nur so ein störrischer Kerl?" Außer dass Werner Lutz in Appenzell-Außerrhoden geboren wurde und neben seiner literarischen Tätigkeit als Kunstschaffender in Basel lebt, weiß man so gut wie nichts über den Lyriker, der die Öffentlichkeit nach Kräften meidet. So ist er denn nach einem vielgelobten und späten Debut bei Suhrkamp ("Ich brauche dieses Leben", 1979) und zwei weiteren Gedichtbänden bei Ammann ein wenig in Vergessenheit geraten. Und das, obwohl der kleine Schweizer Waldgut-Verlag, den Lutz' Landsmann und Lyriker-Kollege Beat Brechbühl betreibt, mehrere wundervolle Bücher von Lutz publiziert hat. Allein deren Titel erwecken ein Universum an Assoziationen: "Farbengetuschel", "Nelkenduftferkel" und "Schattenhangschreiten" heißen sie.
Zwar ist "Farbengetuschel" als letzter Band erschienen, doch versammelt dieser "Frühe Gedichte" des Autors, die allerdings schon alle Qualitäten des späteren Lutz vereinen. Es sind häufig schlichte Naturgedichte, die jedoch tiefer reichen als es zunächst scheint, "wo unter verwilderten/ Illusionen/ verlorengegangene/ Heimwege liegen." Daneben thematisiert Lutz das Schreiben ("Augenblick/ der nicht bezahlt wird/ der nichts einbringt/ keiner Uhr gehört/ und keinem Chef..."), oder er skizziert seine Umgebung und Mitmenschen: "Dieser Mann/ die Fingerspitzen voll Teer/ hat weite Tabakfelder/ abgeraucht/ halb Maryland/ und weiß doch nichts/ von Maryland/ er/ an seinem Tisch." Der junge Lutz hat wunderbare Bilder gefunden: Die "Pfeffernacht" oder die "zeichenüberblühten Hänge". Über allen Gedichten liegt - wie bei Rainer Brambach - Heiterkeit und Melancholie zugleich: "...Vogelsteller sind am Werk/ das Heitere in meinem Leben einzufangen/ die Uhren/ geben mir gesüßte Drogen ein/ seitdem ich Umgang/ mit der Schwermut pflege..."
Knapper als die Texte, die Werner Lutz 2002 im in zweiter Auflage erschienen bibliophilen Bändchen "Nelkenduftferkel" versammelt hat, kann man Gedichte nicht schreiben - die meisten sind zwischen einer und drei Zeilen kurz. Da steht auf einer Seite oben links: "Nahfern schwerschwebend" und im unteren Drittel "Sich ausdehnen maisfeldähnlich/ jene Armbewegung wagen/ die einen ganzen Himmel/ auszufüllen vermag". Einige Aphorismen ("Manchmal/ trennt mich nur ein Atemzug/ von der Vernunft") sind zwischen Haiku-ähnliche Poesieschnipsel gestreut. Mitunter hat man den Eindruck, einige Zeilen des Bandes sind aus größeren Gedichten gepurzelt, damit sie für sich genommen noch intensiver wirken: "Ein Ziegenhaarhimmel/ aus dem Hindukusch."
Die allermeisten Gedichte von Werner Lutz haben keine Überschrift, keine einzige findet sich in dem ebenfalls 2002 publizierten "Schattenhangschreiten". Es sind Werner Lutz reifste Gedichte, noch etwas melancholischer, mit noch intensiveren Herbstfarben gezeichnet, "Schattenblumen die zu leuchten/ vermögen". So thematisiert Lutz vermehrt das Alter ("Kein Zweifel/ meine Hände schimmern/ im Silbergrau/ der Abschiede"), ohne in Depression zu verfallen. Es gibt sie noch "...jene Spatzen/ (die) zu lärmen wagen/ die in früheren Zeiten/ auch vor Göttern/ zu lärmen wagten". Auch Naturmotive verwendet Werner Lutz nach wie vor. Wer die Gegend um Basel kennt, hat die Landschaft des folgenden Gedichts schlagartig vor Augen:
Die Maisfeldferne
raschelnd und raschelnd
die Rebhügelferne
die Grenzlandferne
von Lastkähnen durchquert
Ferne
in verschiedenen Sprachen
in den Dunst geschrieben
der sich auflöst
im schräg einfallenden
Morgenlicht
Im Lärm der vielen neuen Gedichtbände meist jüngerer Autoren wirken die zeitlosen Gedichte von Werner Lutz angenehm beruhigend. Und man möchte fast Wetten eingehen, dass die Lyrik des unauffälligen und scheuen Werner Lutz, alle Moden überdauern wird. Matthias Kehle
Werner Lutz:
Schattenhangschreiten, Gedichte, 88 Seiten, 16,80 Euro
Nelkenduftferkel, Gedichte, 46 Seiten, 17,50 Euro
Farbengetuschel, Frühe Gedichte, 74 Seiten, 18,50 Euro
Alle erschienen im Verlag Im Waldgut, Eisenwerk, Industriestraße 21, CH-8500 Frauenfeld
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