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Die meisten Dichter haben einen Beruf, mit dem sie Geld verdienen. Selten hat dieser Beruf mit ihrer Tätigkeit als Dichter zu tun. Einer verdient sich als Kellner, ein anderer ist Hausmann. Philipp Luidl jedoch ist Dozent für Typografie an der Akademie für das Grafische Gewerbe und Vorstandsmitglied der Typografischen Gesellschaft München. Bücher hat Luidl einige geschrieben, etwa über die "Gestaltung von Ornamenten" oder einen "Desktop-Knigge. Setzerwissen für Desktop-Publisher."
Der altehrwürdige Maro-Verlag hat nun zwei Gedichtbände von Luidl verlegt. Lakonischer hätte deren Titel kaum ausfallen können: "Gedichte" und "Weitere Gedichte" hat der Autor die beiden schmalen Paperback-Büchlein genannt. Der Umschlag des ersten Bandes ist blau, die Innenseite grün, beim zweiten Band ist es umgekehrt. Natürlich hat Luidl die Typografie selbst gestaltet: Es ist eine schlichte Schrifttype, die der Times-Schrift entfernt ähnelt, jedoch serifenärmer ist und somit schlichter wirkt.
Im äußerst knappen Nachwort (kaum länger als ein Gedicht) nennt Michael Krüger Luidl einen "großen Dichter" und schreibt über dessen Lyrik: "Genauere Exerzitien des Auges gibt es in der deutschen Poesie dieser Zeit nicht." Superlative haben in der Lyrik nichts zu suchen, auch nicht in der Beschreibung von Lyrik, und so bleibt es den Rezensenten überlassen zu differenzieren. Zweifellos nimmt Luidl zuvorderst mit dem Auge wahr: "Im Bach/ wäscht die Weide/ ihr Bild" ist eine typische Strophe der kurzen, meist reimlosen Gedichte des Münchner Autors. Beobachtungen des Alltags und der Natur füllen die wenigen Seiten der beiden Gedichtbände. Luidl gelingen faszinierende Zeilen, etwa in "Staub": "Sag bitte nicht/ abstauben müsste man// Lange haben die uhren/ an dieser decke gestrickt." Wie beiläufig dahingesprochen sind auch jene Zeilen, mit der "Am Grab" beginnt: "Hier ist der/ treffpunkt der uhren." Überhaupt ist es die Vergänglichkeit, das keinen Sinn machende Vergehen von Zeit, das Philipp Luidl umtreibt. Dass es neben den gelungenen Gedichten auch viele kunstgewerbliche Schnipsel gibt, fällt im ersten Bändchen nicht so sehr ins Gewicht. Doch Band zwei ("Weitere Gedichte"), kaum ein Jahr nach Band eins erschienen (nämlich im September 2001), strotzt vor abgenutzen Bildern und Metaphern. Da ist "das vom regen/ gesammelte silber" in dem Text "Nach dem Gewitter", das sentimentale Lamento "Auf ein totes Kind", oder jenes peinliche Gedicht über die "Sterne": "Am vierten tag/ schlug gott sie/ an das firnament// Damit der/ himmel oben bleibt// Du siehst/ sie halten noch// Um uns im/ gleichgewicht zu halten/ halten sie." Hier leuchten nicht einmal alle Zeilensprünge ein. Finden sich in Band eins noch knappe, lakonische Verse, schlägt im ein Jahr jüngeren Büchlein das Pathos zu ("Da sah ich Charon/ seinen nachen steuern"). Wo der Reim auftaucht, da blaut es auch, nämlich "Am Walchensee": "Das wasser blaute/ mein Schatten ertrank/ ich hatte nur einen/ du gabst mir deinen/ dafür sei dir dank." Dass im weiteren Verlauf des Gedichtes das Blesshuhn noch den ruhenden See durchschreitet, sei nicht verschwiegen.
Sicher, auch begabtere Kollegen von Luidl wie etwa Walle Sayer müssen ihre Manuskripte mit manchem Füllgedicht versehen, um überhaupt alle paar Jahre ein Buch machen zu können, doch einem "großen Dichter" unterlaufen keine derartigen Patzer. Es wäre besser gewesen, Luidl hätte die wenigen ganz schwachen Gedichte in Band eins durch die mittelmäßigen aus Band zwei ersetzt und nur einen einzigen schmalen Band publiziert. Weil das schade ist und weil Philipp Luidl vielleicht noch ein "großer Dichter" werden kann, sei am versöhnlichen Ende ein Text zitiert, bei dem die "Wirkung (...) beglückend lange anhält, weil kein überflüssiges Wort von der Schönheit des Gesehenen ablenkt" (Michael Krüger im Nachwort):
"Wintertag
den frost
brennen lassen
Jeder strauch
ein gläsernes feuer
Von jedem zweig
mundgeblasenes licht
Die sonne
packt porzellan aus
zerbrechlich
bis mittag
Nachmittags
setzen wir
den flügelschlag
eines vogels zusammen."
P.S. Wäre das Gedicht nicht vollkommen, hätte Luidl die letzte Strophe gestrichen? Matthias Kehle
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Danke.
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