Tanja Langer
Cap Esterel
Roman. Volk und Welt, 138 Seiten. ISBN: 3-353-01157-9
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Michel setzt sich ins Auto und fährt nach Südfrankreich. Er sucht jenes Haus, in dem seine Eltern mit ihm und seinem Bruder Ferien gemacht haben, als sie noch Kinder waren. Elisabeth, eine Berliner Fotografin, vermißt ihre große Liebe Michel schmerzlich. Hélène schließlich, Michels Mutter, schreibt Briefe an eine fiktive Freundin, und zwar in jener Zeit, als Michel noch ein Kind war. Diese drei Stimmen wechseln sich in dem kleinen Roman-Debut der Berliner Autorin Tanja Langer ab, in kurzen, bisweilen winzigen Episoden. Michel - melancholisch, fast depressiv - läßt sich treiben, nimmt die maritime Landschaft in sich auf, unterhält sich mit „Madame“, der alten Vermieterin, betrinkt sich, und immer mehr kommt die Tragödie zum Vorschein: Michels Eltern waren während des Urlaubs, an den er sich zu erinnern versucht, im Meer ertrunken. Am Ende bricht Michel bei dem alten Eisverkäufer, der sich lebhaft an das ertrunkene Paar erinnert, zusammen.
Die drei Stimmen des Romans umkreisen das große und alte Thema der Liebe. Sie korrespondieren miteinander über die Entfernung der Jahre und erzählen Geschichten vor allem von vergeblicher Sehnsucht. Hélène verliebt sich kurz vor ihrem Tod in den Eisverkäufer, während sie wartet, daß ihr Mann nachgereist kommt. Dreißig Jahre später geht ihr Sohn eine Affaire mit Elisabeth ein, ohne seine bisherige Freundin zu verlassen. Nach der Flucht ans Meer überwältigen ihn die wenigen Erinnerungen an seine geliebte Mutter.
Tanja Langer gebraucht starke Bilder; den Süden, die Hitze und das Meer verknüpft sie so sehr mit Erotik, daß sie sich dem Leser nachhaltig einprägen. "Cap Esterel" ist ein sentimentaler, aber nicht larmoyanter Roman. In die alles überwältigende Trauer um die Mutter und um die verlorene Liebe zwischen Michel und Elisabeth mischt sich die Trauer um die verschwundene Kindheit und Jugend. Mit Mitte dreißig ist man weder jung, noch alt - Michel fühlt sich sowohl zu seiner Kindheit hingezogen als auch zu dem alten Eisverkäufer. Von dieser merkwürdigen Lebensphase, in der sich Liebe, Alltag und Beruf zu Gewohnheiten formieren, auch davon handelt dieser Roman. Matthias Kehle
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