Milan Kundera

Die Langsamkeit

Roman. S. Fischer Verlag, ISBN: 3-596-13088-3

Milan  Kundera: Die Langsamkeit

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Roman

Aus d. Franz. v. Roth, Susanne
160 S.
Kartoniert, Fischer Verlag 1998
ISBN: 3-596-13088-3

"Die Geschwindigkeit ist die Form der Ekstase, mit der die technische Revolution den Menschen beschenkt hat", schreibt Milan Kundera am Anfang seines Buches "Die Langsamkeit." Am Schluß des Buches zieht er das Resüme: "Unsere Epoche hat sich dem Teufel der Geschwindigkeit verschrieben und deshalb vergißt sie sich selbst so rasch".

Dazwischen liegen zahlreiche Erzählstränge, Kulturkritik, Assoziationen, erotische Obsessionen, Liebesgeschichten, zwischen denen zunächst einmal keinerlei Verbindung zu bestehen scheint. "Wenn jemand verrückt genug ist, heute noch Romane zu schreiben", bemerkt Kundera in seinem Esssayband "Die Kunst des Romans" "muß er sie, wenn er sie schützen will, so schreiben, daß man sie nicht adaptieren kann, mit anderen Worten, daß man sie nicht erzählen kann". "Die Langsamkeit" ist solch ein nicht erzählter Roman - ein Buch, das aus lose aneinandergefügten Gedankenketten, Überlegungen und Personen besteht. Am Anfang beschließen ein Schriftsteller, der Milan heißt, und seine Frau Vera, eine Nacht in einem französischen Schloß aus dem 18. Jahrhundert zu verbringen. Während seine Frau schläft, erfindet der Schriftsteller in dieser Nacht eine Reihe von skurrilen Figuren, die sich während eine Fliegenforscherkongresses, der in jenem Schloß stattfindet, begegnen: Da ist der tschechische Wissenschaftler Cechoripsky, der nach zwanzig Jahren zum ersten Mal wieder vor einem Fachpublikum spricht und vor lauter Rührung vergißt, seine Rede zu halten. Es geht um den mediengeilen Intellektuellen Berck, der über geschickt inszenierte Fernsehauftritte eine affektierte Selbstliebe pflegt; um die Journalistin Immaculata, die ihn liebt und von ihm mit wüsten Beschimpfungen abgewiesen wird. Außerdem geht es um Vincent, einen Möchtegernlebemann, der mit der Sekretärin Julie eine Affäre hat. Der Schriftsteller entwirft diese Schicksale, indem er den Personen freien Lauf läßt, dann und wann ihr Handeln hinterfragt oder es benutzt, um es mit essaysitisch-philosophsichen Bemerkungen zu garnieren. Am Ende der Nacht treffen sich alle Personen am hoteleigenen Schwimmingpool zufällig begegnen, nun ganz entblößt und einer grotesken Lächerlichkeit preisgegeben. Was diese Personen verbindet, bemerkt Vera, als sie in der Nacht aufwacht und glaubt, die vom Schriftsteller entworfenen Phantasien weitergeträumt zu haben: "Du hast mir oft gesagt, daß du eines Tages einen Roman schreiben willst, in dem es kein einziges ernsthaftes Wort gibt. Eine Große Dummheit zu Deinem Vergnügen. Ich fürchte, der Moment ist gekommen". Die Phantasien des Schriftstellers wie auch der Roman als solcher sind nichts weiter als ein solches unernstes Szenario, sie sind ein Spiel mit Positionen, ein Spiel mit Menschen, unharmonisch nebeneinandergestellt, assoziativ verknüpft, absurde Verbindungen zwischen den größten Gegensätzen ziehend. Die Personen, die der Schriftsteller in der Nacht erfindet, sind lächerliche Gestalten, er macht sie lächerlich, indem er sie völlig scheitern läßt und in ihrer absoluten Lächerlichkeit bloßstellt. Offenbar ist diese Wertung der Personen mit einer Kulturkritik verbunden, denn die einzig positiv gesehenen Personen des Romans sind Madame T. und ihr Liebhaber, ein junger Chevalier, Romangestalten aus einem Buch des Rokoko-Autors Vivant Denon des 18.Jahrhunderts. Die Liebesbeziehung dieses Paares verkörpert jenes Ideal der Langsamkeit, das der Autor am 20.Jahrhundert kritisiert. Weil es, wie die Liebesbeziehung zwischen Madame T. und Chevalier deutlich macht, eine ganz andere Konversation deutlich macht: Jede Geste wird kommentiert, alles auf seinen Sinn hin abgefragt. Diese Art der Reflexion setzt eine Art des Lebens voraus, die nur als intensiv, weil jeden Augenblick auskostend und lebend, bezeichnet werden kann.

Viele Passagen des Romans sind geistreich geschrieben, die philosophischen Bemerkungen essayistisch-intellektuell und die Charaktere Kundera gut gelungen sind, auch haben viele Beschreibungen die notwendige Würze an Originalität und Skurrilität. Letztlich bleibt der Roman allerdings eine Sammlung von Fragmenten, vieles ist kurz angerissen. "Die Langsamkeit" ist ein Roman, der kein Roman sein darf. Entstanden ist dabei ein Text wie ein zusammenkomponiertes Musik, dessen Töne kurz angerissen werden.

Christoph Steven






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