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Azorenhochs und Islandtiefs sind es, die das Wetter in Mitteleuropa bestimmen, jedenfalls im Sommer. Sarah Kirsch hat die kontinentale Meteorologie nun bereichert und ein Buch mit dem Titel "Islandhoch" veröffentlicht. Dieses enthält "Tagebruchstücke" von einer Reise zur westlichsten europäischen Insel, eine Reise, die nunmehr elf Jahre zurückliegt. Dabei erzählt Sarah Kirsch nicht; sie sampelt vielmehr (wie schon der Untertitel verrät) Fragmente von Notizen, die sie auf dieser Reise gemacht hat.
Zusammen mit ihrem Partner und einem weiteren Paar schippert sie also Ende Juni 1992 von Hamburg aus los. Es geht entlang der niederländischen und schottischen Küsten, irgendwann ist man in Island. "Zu Mittag gab es clock 12 ne Championsuppe, dann Kottfisch. Das ist ne Fischmaulangelegenheit mit Barteln und Knorpeln, wahnsinnich gut", vermerkt die "Tagebruchschreiberin". Das Zitat macht deutlich: Hier handelt es sich nicht um sprachlich präzise, gleichsam fotografische Aufzeichnungen von "Reisesouvenirs" wie man sie im Urlaub so gerne macht, hier wird beiläufig, oft schnoddrig notiert. Sicher, das Quartett absolviert in Island angekommen wohl das übliche Touristenprogramm: "Ein weites dampfendes Feld. Gab Hüpfer in allen Größen, allerliebste Babygeysire, einfach in jeder Farbe und mit divergierendem Schwefelgestank." Die Autorin besichtigt und beschreibt die mannigfaltigen Naturerscheinungen, die Flora, Fauna, die Menschen. Was Sarah Kirsch aufzeichnet, erhält jedoch keine einheitliche sprachliche Kontur: Mal ist der Tonfall märchenhaft, mal altmütterlich, mal lustlos, mal emphatisch, mal distanziert ("Unzählige Fotoapparate waren im Anschlag...").
Minutiöse, wissenschaftliche Aufzeichnungen prägten die Reiseberichte bis weit ins letzte Jahrhundert hinein, doch bei Sarah Kirsch sind sie spielerisch geworden und federleicht. Den schön gestalteten Band hat die Dichterin selbst mit farbenfrohen Aquarellen versehen, mit bunten Tupfern und großen Flächen, die oft in den Text hineinreichen. Nichts gegen die Qualitäten der Malerin Sarah Kirsch: Die Illustrationen wirken wie von einem froh gelaunten Kind vom Wasserfarbkasten direkt auf die elterliche Tapete gekleckst. Die allenfalls zehn bis zwanzig Zeilen langen Tagebruchstücke werden ergänzt durch nicht näher gekennzeichnete Zitate ("Fundstücke"), welche etwa dem isländischen Basalt gelten.
Sarah Kirsch notiert einige Sätze über einen Ausritt, über die Arbeit der Bauern, einige weitere über ein Heimatmuseum. Die einzigartige Landschaft scheint kurz auf, ein Fischzug wird in wenigen Zeilen erwähnt: "Da waren ne Menge Muscheln, Seeigel und Krabben zu sehen, ein Einsiedlerkrebs mit Häuschen. Die Muscheln wurden gekostet. Leicht salzig wie Tränen, erinnerte mich an die einzige Auster die ich runtergewürgt hab."
So farbenreich das Buch gestaltet ist, so eindrucksvoll sind die Bilder, die im Kopf des Lesers entstehen. Es ist die Kunst der Auslassung und der Aussparung, welche manches Gedicht der Büchner-Preisträgerin Sarah Kirsch so meisterhaft gelingen ließ. Auch in den eher von Wind, Wetter oder Tagesform als von Kunstwillen diktierten Notaten scheint diese große Kunst hindurch. Matthias Kehle
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