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Mary Kaldor lehrt Konfliktforschung und Internationale Beziehungen in Großbritannien. Als eine der Vorsitzenden der Helsinki-Gruppe steht sie in ständiger Verbindung mit internationalen Hilfsorganisationen. Im Bosnien-Krieg machte sie intensive Erfahrungen mit einem Musterfall der neuen Kriege, die in kein hergebrachtes Begriffsmuster mehr passen. Ihr Buch analysiert ein Phänomen, das man auf der ganzen Welt beobachten kann.
Seit dem Ende des kalten Krieges haben es Blauhelme und Hilfsorganisationen in Ruanda oder Somalia, auf Osttimor oder in Kaschmir, auf dem Balkan oder im Kaukasus mit Konflikten zu tun, die sich hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung richten. Völkermord und Massenvertreibung gehören dazu, eine verlogene Propaganda, die nationalistische oder religiöse Feindbilder schürt, und die zunehmende Schwierigkeit, Soldaten von Banditen zu unterscheiden. Für die Autorin sind diese Kriege die Schattenseite der Globalisierung, und für beide Probleme gibt es noch keine Lösung, mit der alle leben könnten. Kaldor schreibt:
Vorgehensweisen, die gemäß den klassischen Regeln der Kriegsführung geächtet waren – Greueltaten an Zivilisten, Belagerungen, die Zerstörung historischer Bauten und Denkmäler usw. – bilden heute ein wesentliches strategisches Element des neuen Modus der Kriegsführung.
Nicht Eroberung oder Bereicherung ist das Ziel dieser Kriege, die auch anders geführt und finanziert werden als ihre Vorgänger, nicht die Gründung von Staaten oder das Durchsetzen einer Ideologie. Das Ziel heißt: Identität stiften durch Abgrenzung. Kriege drohen heute, wenn Staaten zerbrechen – durch Verarmung, Kriminalität, Korruption und Versagen des Staates auf allen Ebenen. Dem Verlust der politischen Legitimation folgt eine wachsende Privatisierung von Macht und Gewalt.
Die Globalisierung hat politische und ökonomische Verflechtungen geschaffen, die herkömmliche Kriege praktisch unmöglich gemacht haben. Doch die Verlierer führen dann die neuen Kriege. Es sind lokale oder regionale Konflikte, aber sie erschüttern die ganze Welt – erst mit Nachrichten, dann mit Flüchtlingsströmen und schließlich mit teueren UN-Missionen.
Kaldor beschreibt auch eine "globalisierte Kriegswirtschaft", die im Gegensatz zur Kriegswirtschaft der Weltkriege dezentralisiert ist. Nur wenige Menschen kämpfen wirklich, die Arbeitslosigkeit ist extrem hoch; die Kämpfer finanzieren sich selbst: Entweder durch Raub und Plünderung oder aus dem Ausland – direkt über Exilgruppen und indirekt über humanitäre Hilfslieferungen. Doch die Autorin hat auch beobachtet:
In allen neuen Kriegen lassen sich Menschen und Orte finden, die sich gegen die Politik des Ausschlusses stemmen – Hutu und Tutsi, die sich als Hutsi bezeichneten und ihre Dörfer gegen den Völkermord zu verteidigen suchten; die Nichtnationalisten in den Städten Bosnien-Herzegowinas, insbesondere Sarajevo und Tuzla, die zivile multikulturelle Werte am Leben erhielten; die Stammesältesten im Nordwesten Somalias, die eine Friedensvereinbarung aushandelten. Was wir brauchen, ist eine Allianz zwischen lokalen Verteidigern ziviler Werte und internationalen Institutionen, die den Weg zu einer Kontrolle der Gewalt weisen könnten.
Diese Aufgabe müßte vor allem aus der Wiederherstellung einer gesicherten Rechts- und Wirtschaftsordnung bestehen. Das Vertrauen in das internationale Kriegsrecht und die Menschenrechte muß aber leiden, wenn man sich mit Kriegsverbrechern und Mafiabossen an einen Tisch setzt und bestehende Unrechtsverhältnisse zementiert. Skeptisch betrachtet die Autorin daher die Ergebnisse des Kosovo-Krieges, wo sich letzten Endes die Denkweise der Nationalisten durchgesetzt hat – ethnische Säuberung mit umgekehrten Vorzeichen. Ihr Fazit: Der Bombenkrieg war kontraproduktiv und hat fast nur zivile Opfer gekostet. Die Weigerung, schlagkräftige Bodentruppen einzusetzen, hat Milosewic erst freie Hand gegeben und ihm dann ermöglicht, an der Macht zu bleiben.
Das Buch leistet einen Beitrag zum Verständnis solcher Tragödien und macht sogar konkrete Vorschläge, um sie in Zukunft zu verhindern. Ob sie sich durchsetzen lassen oder Utopie bleiben, hängt davon ab, ob Diplomaten und Politiker in der leidigen Frage unterschiedlicher Rechtsauffassungen Fortschritte machen. Widmar Puhl, SWR 2
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