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"1981 war Jack Kerouac schon mehr als zehn Jahre tot, und ich
hatte keineswegs vor, ein Erinnerungsbuch zu schreiben, als ich eines Abends
in einem Jazzclub in London sass - dem Pizza Express, keine besonders vornehme
Kneipe, wie schon der Name sagt, vielmehr ein enges, verräuchertes
Kellerlokal am Hyde Park. Die Besucher des Clubs, enthusiastische junge
Leute, waren trotzdem ernst bei der Sache, während sie ihre Pizza
assen. Ich hatte noch unter dem Jetlag zu leiden. Dies mochte der Grund
sein, warum ich mich plötzlich in die Vergangenheit zurückversetzt
fühlte, ins Jahr 1957, in eine andere Jazzkneipe - das Open Door -,
wo ich als verliebte junge Frau neben Jack Kerouac an der Theke stand und
auf Miles Davis' letzten Auftritt wartete. (..) Ich dachte an die Jahre,
die ich mit Kerouac zusammen gewesen bin. Ich dachte an Freunde von damals,
an diese ungewöhnlichen Frauen und Männer, die unsere 'Revolution'
gemacht haben - manche schon tot, andere noch am Leben. Ihre Geschichte
kann ich nur erzählen, indem ich meine eigene Geschichte erzähle."
An diesem Abend keimte in der Schriftstellerin Joyce Johnson die Idee zu
ihrem Erinnerungsbuch Minor Characters (Warten auf Kerouac) auf.
Joyce Johnson (* 1936, New York, geb. Glassman) gehört neben Joan Vollmer, Brenda Frazer, Anne Waldman, Elise Cowen, Helen Dorn, Hettie Jones und Diane DiPrima zu den Beat Women, den wenigen Frauen aus der amerikanischen Beat-Bewegung. Noch heute lebt sie in New York, wo sie an der Columbia University unterrichtet. Die Autorin kann auf ein arbeitsreiches und intensives Leben zurückblicken: auf zahlreiche Essays in namhaften Magazinen, stattliche vier Romane sowie das Erinnerungsbuch Minor Characters, für das sie 1983 den "National Books Critics Award" erhielt, aber auch auf ein reiches Leben, auf eine Jugend zumal, die direkt dem Pulsschlag des Beat Movement angeschlossen war in der Zeit, die sie gemeinsam mit innovativen Geistern wie Jack Kerouac (mit dem sie zwei Jahre lang in einer mehr oder weniger verbindlichen Liebesbeziehung lebte), Allen Ginsberg, LeRoi Jones, Robert Frank u.a. verbrachte. Obschon sich die Rolle, die das aus dem puritanischen Mittelstand stammende "Glassman-Girl" unter den Beats spielte, als passive Reaktion auf ein selbstzerstörerisches Männerleben definierte, endete Joyce Johnsons Leben nicht tragisch, wie manch anderes: So setzte Joyce's Freundin Elise Cowen, allzu jung, ihrem Leben ein Ende, als es von unsteten hetero- & homosexuellen Beziehungen zerrissen und von übermässigem Suchtmittelkonsum ruiniert war, und so kam Joan Vollmer beim Wilhelm-Tell-Spiel auf einer wüsten Party durch eine Kugel aus dem Revolver ihres völlig weggetretenen Gatten Burroughs ums Leben, und so ging auch Jack Kerouac im Alter von nur 47 Jahren an seiner Trunksucht zugrunde...
Allein der amerikanische Titel ihrer Erinnerungen an die Beat-Ära, Minor Characters (dt. Nebenrollen, Nebenfiguren), zeugt von keiner Selbstironie, von keinem Sarkasmus, keiner Verbitterung. In diesem Buch werden nicht alte Rechnungen von einer zu kurz Gekommenen beglichen, und darin wird nichts bis zur Peinlichkeit enthüllt. Warten auf Kerouac hat in der hellwachen Subjektivität der Autorin einerseits eine Stärke, anderseits in dem Beitrag, den sie zur Erhellung des Bewusstseins der Beat Generation zu leisten weiss. Warten auf Kerouac ist die Autobiographie der Jugend einer Frau, die in der Beat-Ära mündig wurde und, gereift durch die Erfahrung einer gescheiterten Ehe und die Erziehung zweier Kinder, mit grosser Klarsicht auf eine Epoche zurückblickt, die eine Schlüsselposition zwischen der Moderne und zahlreichen bis in die Gegenwart fortlebenden, immer neu mutierenden Strömungen einnimmt:
Beat, als Begriff von dem H-Hipster Herbert Huncke geprägt: der Schlag, der die Generation der Nachkriegsjahre zum Schweigen gebracht, sie desillusioniert hat - Beat: der Schlag, der eine ganze Generationen elektrisiert - Beat, von Kerouac mit "beatitude" konnotiert: die Verheissung einer dionysischen "Glückseligkeit". Radikale Befreiung von formalen Zwängen war eines der Merkmale der Beat-Bewegung: Radikale Befreiung der Randständigen und Unterdrückten wie der Schwulen und der Lesben, der Farbigen und der Frauen, radikale Befreiung des Worts von der Zensur, Liberalisierung der Droge, Loskopplung aus der gigantischen weltweiten Vernichtungsindustrie, Aufhebung staatlicher Zwänge, striktes Brechen mit dem etablierten Kunstformalismus durch die Favorisierung des gesprochenen Worts und der Spontaneität als erstrangiger künstlerischer Methode...
Die Beat Women sorgten dafür, dass an der Realisierung dieses rebellischen Entwurfs auch Frauen beteiligt waren. Joyce Johnson sagt dazu: "Wer die Beat-Frauen verstehen will, mag ein Übergangsphänomen in uns sehen, eine Brücke zur nächsten Generation in den sechziger Jahren, die - zu der Zeit, als das Recht junger Frauen, von zu Hause fortzugehen, nicht mehr bestritten wurde - mit allen Vorstellungen brach, die das Leben einer Frau einschränken wollten, und sich an die lange, nie endende Arbeit machten, die Beziehungen zu den Männern zu verändern."
Florian Vetsch
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Danke.
Joyce Johnson: Warten auf Kerouac. Ein Leben in der Beat- Generation
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