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Überstürzt wird die kleine Eliza von ihrer Mutter zur Großmutter
Augusta in die Schweizer Berge gebracht. Eliza springt an Augustas Brust,
„wo es nach Hafer und Rauch roch.“ Fortan erlebt das Mädchen unbeschwerte
Tage in den Bergen, sie spricht mit den Blumen, nennt etwa die Mohnblüte
einen „aufgeplatzten Zwergenschirm“, bricht faule Pflaumen auf, in denen
es von Ameisen wimmelt und schläft auf dem weichen Bauch der Großmutter
ein. Wenn Eliza allein in die Berge geht, bläst die Großmutter
ins Muschelhorn, um sie zurückzurufen.
In die scheinbare Heidi-Idylle brechen immer mehr die Grausamkeiten
des Lebens ein: Die Jungs in der Schule, die Schutzgelder fordern und kleine
Katzen mit dem Fahrrad überfahren, die behäbige, unverständige
und hohle Dorfgemeinschaft, die die eigenbrötlerische Großmutter
ausgestoßen hat, weil sie seltsam ist, Pfeife raucht und nichts anderes
tut als Nachzudenken. Als Augusta krank wird, hat sie nur Eliza; schließlich
stürzt Augusta die Treppe hinunter und bricht sich das Genick.
Soweit das erste Kapitel aus Zoe Jennys zweiten Roman „Der Ruf des
Muschelhorns“. Jenny erzählt knapp, lakonisch, aber ungemein bildhaft;
sie ist eine genaue Beobachterin der Menschen sowie der kleinen und großen
Naturerscheinungen. Das kindliche Treiben entbehrt dabei nicht einer gewissen
Komik, etwa wenn sie Schnecken mit Bier tötet, den Tieren aber vorher
einen Namen gibt: „Es tut mir leid Frank, aber hier ist dein Weg zu Ende.“
Nach dem durchaus gelungenen ersten Kapitel erzählt Zoe Jenny
jedoch nur noch seichten Schmarrn. Das Mädchen gerät in die Fänge
eines Kinder-Psychologen, der sie adoptiert. Dessen Frau ist eine erfolgreiche
Modeschöpferin und interessiert sich für ihren Mann nicht die
Bohne. Der vergewaltigt das arme Mädchen, das sich in die Arme von
dessen Sohn flieht, mit dem sie wiederum das Weite sucht, um unter Brücken,
mit Punkern, Pennern usw. sich selbst sucht und findet. Zuletzt hat sie
einen kleinen Job als Gemüseputzerin und bläst ins Muschelhorn.
Erzählt ist das Ganze kindlich-naiv im Märchenton, die suggestive
Bildhaftigkeit des ersten Kapitels geht dabei verloren. Was Zoe Jenny in
den folgenden Kapiteln erzählt, bleibt blass, seien es Waisenhaus-
oder Wohngemeinschaftsszenen. Der Autorin mangelte es wohl an eigener Anschauung.
Eine der Figuren, die unter einer Brücke ein Feuer am Brennen
hält, heißt übrigens King Sor - Herrmann Hesse läßt
grüßen. „Der Ruf des Muschelhorns“ ist ein Buch vom Erwachsenwerden,
von der Flucht in die Einsamkeit und zu Gleichgesinnten, die alle etwas
anders sind als die Reichen, Erfolgreichen und Schönen dieser Welt.
Zoe Jenny - selbst gerade erwachsen geworden und immer noch zerbrechlich
wie ein kleines Mädchen - will wohl Kultautorin für Pubertierende
werden. Sprachlich und inhaltlich tut sie es dem genannten Nobelpreisträger
gleich, womit sie gut hundert Jahre zu spät dran ist. Matthias Kehle
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Danke.
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