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Sie heißt Eliza, und aus ihr hätte etwas werden können.
Aber anders als Shaws Eliza Doolittle erlebt das Mädchen nicht die
wunderbare Verwandlung in eine hübsche Lady, sondern eine Geschichte
voll Einsamkeit, Missbrauch und Verlust. Aus dem empfindsamen, aufgeweckten
Kind, das unter der Liebe seiner Großmutter zart blühte wie
die Blumen in deren Bauerngarten, wird eine junge Frau, die vom Leben nichts
mehr zu erhoffen scheint, ‚‚vollständig mit Schweigen ausgekleidet''.
Allein den ‚‚Ruf des Muschelhorns'', der Zoë Jennys zweitem Roman
den Titel gab, lässt dessen Heldin zuweilen ertönen - ohne eine
Antwort zu erwarten.
Nach ihrem viel beachteten Debüt ‚‚Das Blütenstaubzimmer''
erzählt die junge Autorin erneut vom Aufwachsen eines Mädchens.
Aber es geht nicht ums Erwachsenwerden - die Chance bekommt Eliza nicht
-, sondern nur noch um die Verluste, die mit den Jahren zunehmen. Die Menschen,
denen sie sich nahe fühlt, bleiben allesamt auf der Strecke: Die Mutter
verschwindet, die Großmutter stirbt, der Stiefbruder landet in der
Psychiatrie, die einzige Freundin ist auf dem Sprung in ein anderes Leben.
Sie alle waren Außenseiter wie Eliza, nicht in der Lage, sich in
die Gemeinschaft der Normalbürger einzufügen: ‚‚Das Mädchen,
das mit Eliza die Schulbank teilte, hatte am zweiten Schultag ihr Lineal
in die Mitte des Tisches gelegt: ,Hier ist die Grenze', sagte sie. ,Übertrete
sie nie. Alle wissen, dass deine Großmutte spinnt!' Dann hatte sie
sich abgewandt und nicht wieder in Elizas Richtung geblickt.''
Zudem ist nichts, wie es scheint: Die ländliche Idylle zeigt ihre
dunkle Seite, als Eliza Schnecken mit Bierspritzern umbringt oder die Söhne
des Schulhausmeisters sich ein Vergnügen daraus machen, Kätzchen
totzufahren. Die Fürsorge der Großmutter empfindet die Heranwachsende
auch als Fessel. Als sie, Waise geworden, von einem reichen Paar adoptiert
wird, ist das Mädchen der Sprengsatz, der die scheinbar so wohl geordnete
Familienwelt in tausend Stücke sprengt: Ihr Stiefvater, von seiner
Frau vernachlässigt, missbraucht Eliza, und als ihr Stiefbruder davon
erfährt, kulminieren der Hass auf den Vater und die verbotene Liebe
zur Mutter im seelischen Zusammenbruch.
Zoë Jenny macht eigentlich keine Fehler. Sie spart sich jedes
überflüssige Wort, schildert mit kühler Präzision und
in einer Sprache, die das Bemühen um Perfektion des Ausdrucks spiegelt.
Ihre erzählerische Ökonomie hält das Kostbare ebenso bereit
wie das Chaotische oder das Böse. So gehalten, kann sie sich auch
unauffällige Wechsel der Perspektive leisten. Und dennoch hinterlässt
das Buch am Ende ratlos. Die Beherrschung der sprachlichen Mittel hat etwas
zu ‚‚Gekonntes'' für diese allertraurigste Geschichte. Der ästhetische
Aufwand verschafft dem Zusammenprall problematischer Biografien eine unangemessen
polierte Oberfläche.
‚‚Der Ruf des Muschelhorns'' ist nicht zuletzt eine Geschichte des
Sprachverlusts, des Verschwindens im Schweigen, das dem Kind wie der jungen
Frau letzte Zuflucht bedeutet. So glänzend, wie Zoë Jenny dieses
alte Dichterproblem hier serviert, bekommt es etwas geradezu Schickes.
Julia Schröder
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Danke.
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