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Vor einem liegt ein hochformatiger schwarzer Band. Den Buchdeckel
schmückt eine rot-gelb-blaue Strichzeichnung von Jean-Pierre Formica;
ein stilisierter Flusslauf, Pfeile, Vögel, Stiere, eine Jagdgöttin
sind zu erkennen, auch die Wörter "Nîmes", "Bodrito
Re" und "Rhône". Darüber prangen in silbernen Lettern
der Titel Rhone Saga und in kleineren roten Lettern der Name des Autors:
Pierre Imhasly. Der Band wiegt 2 Kilo und umfasst rund 470 Seiten. Diese
unterteilen öfters mehrere Kolumnen, längsweg, auch querweg mitunter.
Jede Seite ist individuell gestaltet. Und das Ganze bestückt mit zahlreichen
Bildern, mit Schwarzweissfotografien und reproduzierten Kunstwerken. -
Zweifellos stellt ein solcher Monolith im postmodernen Fastfood-Literaturbetrieb
ein verlegerisches Abenteuer dar. So muss man auch dem Verlag Stroemfeld/Roter
Stern zu seinem Wagnis gratulieren. Denn vor einem liegt ein "Denkmal
für das Buch", wie Imhasly schreibt, eine Zaubertruhe, diese schwarze
Buchschatulle, eine Schatzkiste für die Freunde des Lesens und Schauens.
Lesen soll man das aber nicht von A-Z, soll es nicht lernen, sondern schätzen, lieben, brauchen wie eine Wünschelmühle aus Blättern und Bildern, die, wo immer man sie aufschlägt, die Entrückung und Versenkung gewährt, die ein lesender Mensch sich vom Buch erhofft. Denn da ist keine Handlung, deren Faden man verlieren könnte, aber lauter einzelne, in sich geschlossene Teile, die sich zu einem Ganzen fügen.
An dem Gesamtkunstwerk gearbeitet hat nicht nur der Autor als Spiritus rector - 12 Jahre übte er sich dafür im "Tantra der rechten Hand" -, sondern auch eine kleine Schar von Künstlerfreunden, neben dem bereits erwähnten Formica auch Bruno Baeriswyl, Gottfried Tritten und der 1990 verstorbene Albert Chavas sowie die Fotografen Thomas Andenmatten und Oswald Ruppen. Ein Gesamtkunstwerk ist die Rhone Saga aber auch auf Grund der zahlreichen Genres, die der Text meisterhaft zur Geltung bringt: Gespräche, Gebete, Erinnerungen, Porträts, Hommagen, kulturkritische und ethnographische Reflexionen, eine Harlekinade, Briefe und Lyrisches viel, Lyrisches vor allem: Liebesgedichte, Landschaftspoesie, sinnenbetonte Psalmen und Hymnen, mystische Paradoxa, abgewandelte Tanka- und Haiku-Formen... "Tausende, Tausende, Geister und Schamanen in einem Chor."
Leitmotivisch mäandert die Rhone durch den Text. Sie versinnbildlicht, wie alle Flüsse seit alters, Zeit, Geschichte, Verwandlung, aber auch grenzüberschreitenden Austausch und Dialog. Bekanntlich entspringt die Rhone als Abfluss des Rhonegletschers im oberen Wallis und mündet im Süden von Frankreich ins Mittelmeer. Durch die Vernetzung des Walliser Volksguts mit dem Mediterranen, durch die Aufladung des Schweizerischen durch Latinität zumal gelingt es Imhasly, uraltes hiesiges Brauchtum, dem er sich hellsichtig und liebevoll nähert, "vom helvetico-folkloristischen Blick zu entlasten, um die Universalität dieser Kultur aufzuzeigen." Dabei kann er sich wie die Rhone nicht um Landesgrenzen kümmern, wenn er das Fernste mit dem Nächsten verbindet und die Schleusen öffnet für ein interkulturelles Textgefüge ohnegleichen.
Stromdichtung also, wie sie vor allem durch Hölderlin in die deutsche Dichtung Eingang gefunden hat. Doch die Rhone ist nur das eine grosse Thema dieses Buches. Denn während für Hölderlin Frankfurt der "Nabel dieser Erde" war, weil Susette Gontard, seine Geliebte, dort wohnte, ist es für Imhasly Nîmes, die Stadt im Rhone-Delta, die ihm allerdings eine erfüllte Liebe schenkte. Dort lernte er 1988 Lucienne Bodrero kennen, eine Frau aus der Corrida. "Ein neues Leben hat der Mann der aus den Lenden der Frau steigt", und den Lobpreis dieser beglückenden Erfahrung singt die Rhone Saga in vielen Zungen. "Bodrerito ist der Text", heisst es mehr als einmal. Sie ist die Muse des Dichters, das Gedanken- und Leibesziel dieses zeitgenössischen welschen Troubadours, und die Allpräsenz des Eros, ob im Subtext oder explizit, macht zweifellos das stärkste Element des wuchtigen Bandes aus. "Die Grazie, das ist der Eros, der allein den Menschen stimuliert, statt abzubilden zu kreieren."
Florian Vetsch
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Danke.
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