Hunter S. Thompson
Hell's Angels
Bestseller; Sach. Wilhelm Heyne Verlag, München. 447 Seiten. 9.95 EUR . ISBN: 3-453-62005-4
Crashkurs bei Dr. Gonzo, Lektion 1: Die Augen
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Seit Jahren überfällig: Hell's Angels und Rum Diary rollen fast zeitgleich in deutsche Bücherregale...
Jede Wette, sagen wir mal, eins zu vierzig, dass es in den letzten fünfzig Jahren keinen Journalisten gab, der mit zwei Aufträgen seinen Ruf so nachwirkend und außerordentlich zementierte wie Hunter S. Thompson. Frei nach der Masche des Method-Acting warf er in den Sechziger Jahren Konventionen über Bord und begab sich für eine Reportage in die Action HINEIN: Für Hell’s Angels hing er ein Jahr lang mit den Rockern ab, wurde dafür fast in den Boden gestampft. Von Tom Wolfe als "New Journalism" gefeiert, ging der selbst ernannte Gonzo-Journalist danach ein paar Schritte weiter und vermixte Fakt und Fiktion, schüttelte seinen Cocktail aus haarsträubender Action, Querverweisen zur Offenbarung des Johannes und Rock’n’Roll dermaßen irre durch, dass er mit Fear and Loathing in Las Vegas einen Klassiker servierte, der noch heute verblüfft – als äußerst frühe Abrechnung mit Hippiedoktrinen, als Multicolor-Extravaganza-Buch der Extraklasse (seither in mehreren Sprachen vertont, verfilmt, zigfach als essenzielle Inspiration gerühmt).
In der englischsprachigen Welt schmückt Dr Thompson regelmäßig Titelseiten, eine Handvoll Biografien – verfasst von Ex-Groupies und mindestens halbirren Verehrern – seziert Fakt und Fiktion seines Lebens. Übersehen wird generell, dass er überdurchschnittlich belesen ist, ein entsprechend sorgfältiger Stilist, der jeden Bindestrich und alle VERSALIEN nüchtern plant. Auch hierzulande eher unbekannt, da kaum relevant: Mehrere Bände mit Gonzo Papers zur nicht-studentischen Linken, US-Präsidentenwahlen und Nixon, immer wieder Nixon.
Hell’s Angels von 1966 liegt nun erstmals auf deutsch vor, in ordentlicher Übersetzung und so, dass man nur staunen kann über diese Ansichtskarten aus der Hölle, die Visitenkarte eines Besessenen.
© Matthias Penzel, 2005. Original erschien dieser Artikel in goon magazine - Nr. 13
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