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Wem beim Stichwort
"Fantasy" eine bunte Truppe aus Bäcker- oder Magierlehrling, rotnasigem Zwerg
sowie ähnlichen Rollenbildern und Stereotypen vorschwebt, die
verständlicherweise für Brechreiz und gepflegte Langweile sorgt, den kann man
verstehen.
Wer anspruchsvolle Fantasy mit natürlichen, lebensechten Charakteren, fernab
bekannter Klischees, sowie einer spannenden Handlung sucht, deren Ende man nicht
mit prophetischer Gewissheit vorhersagen kann, sollte sich ohne Zögern in
Markolf Hoffmanns NEBELRISS stürzen!
Das Zeitalter der Wandlung
Die Welt Gharax wird von einer Invasion scheinbar aus dem Nichts kommender
Echsenwesen, den Goldéi, erschüttert. Diese unterwerfen nacheinander und ohne
große Mühe die Königreiche des Nordens – König Eshandrom von Kathyga unterwirft
sich gar freiwillig, zum Entsetzen vieler seiner Ritter und Bürger, die sich zum
Widerstand in die Gebirgswälder des Rochenlands zurückziehen.
Die Ziele der Echsen sind unbekannt, Macht und Reichtum scheinen sie nicht zu
locken, aber die magischen Quellen sind für sie wohl von höchstem Interesse. Vor
Jahrhunderten bereits bezwang der große Durta Slargin die magischen Quellen von
Gharax, gründete zahlreiche Magierlogen und machte ihre Magie nutzbar.
Meeresströmungen wurden umgeleitet, um eisfreie Seewege zu schaffen, trockene
Gebiete durch Regen fruchtbar gemacht. Im südlichen Kaiserreich Sithar, das sich
seine Unabhängigkeit vom mächtigen Königreich Arphat im Norden in Jahrhunderten
voller Kriege immer wieder erkämpfen musste, sind in der Tathrilya Staatskirche
und Magierlogen sogar miteinander verschmolzen.
Kaiser Akendor ist jedoch ein schwacher Herrscher, dessen Thronrat, der
"silberne Kreis", von den beiden mächtigen Fürsten Scorutar und Binhipar gelenkt
wird, die sich auch im Angesicht der Bedrohung durch die Goldéi eher um ihre
Privilegien und Vorrangstellung sorgen. Fürst Baniter von Ganata regt eine
diplomatische Mission zu Königin Inthara von Arphat an, um sie als Verbündete
gegen die Goldéi zu gewinnen, was angesichts der Geschichte der beiden Reiche
ein gewagter Vorschlag ist. Seine Pläne sind jedoch nicht vollständig
uneigennützig und gehen weit über den Kampf gegen die Goldéi hinaus …
Währendessen wird im fernen Thax der Magierschüler Laghanos aus den Klauen der
Goldéi befreit. In der Magierfestung Oors Caundis untersucht man die seltsame
Maske aus Gold, die ihm während seiner Gefangenschaft angelegt wurde und ihm
Schmerzen verursacht. Laghanos findet sich unvermittelt in einer Rolle als
trojanisches Pferd der Goldéi wieder; gleichzeitig wird er innerhalb der Kirche
und Magierlogen des Südens zum Spielball zwischen den Fronten: Ein Schisma
droht, ehrgeizige Magier einer längst bedeutungslos geglaubten Sekte sind im
Begriff, die Macht an sich zu reißen.
Fürst Baniter kann gegen alle Widerstände auch aus den eigenen Reihen seinen
Plan hinsichtlich Arphats verwirklichen, alles läuft wie gewünscht für ihn …
doch fatalerweise kommt es während seiner Abwesenheit zu Verschiebungen im
Machtgefüge des Kaiserreichs, die von keinem der üblichen Verdächtigten
verursacht werden.
Der Autor
Markolf Hoffmann wurde 1975 in Braunschweig geboren, er studiert Geschichte und
Literaturwissenschaft in Berlin, außerdem engagiert er sich in
Kurzfilmprojekten. Bereits in seiner Schulzeit wurde er für hervorragende
Leistungen im Fach Deutsch mit dem Scheffelpreis ausgezeichnet.
Sprachlich und inhaltlich überzeugend
Das merkt man "Nebelriss" auch positiv an. Die Figuren charakterisieren sich
über ihre Sprache selbst; so bemerkt man Fürst Baniters Hang zum Spott natürlich
aus seinen Äußerungen, erkennt man den gerissenen und kalkulierenden Politiker
Scorutar an wohlbedachten Kommentaren und Einwürfen, während man Laghanos Jugend
ohne weiteres auch aus seiner Sprache erkennen kann. Faszinierend ist auch die
gelegentlich lautmalerisch (Schlangenzischeln) unterlegte Sprachweise der Goldéi,
deren Siegessicherheit und Überlegenheit sich auch in ihren Worten niederschlägt
- aus den puren Worten eines Goldéi-Anführers spürt man die Fremdartigkeit und
Gefahr durch diese Wesen. Hier ist Hoffmann der Konkurrenz aus deutschen Landen
weit voraus, die seine Virtuosität nicht erreicht und oft mit schwülstigen,
langwierigen und umständlichen Umschreibungen das Wesen ihrer Figuren zu
definieren versucht.
Eine der großen Stärken von "Nebelriss" ist, dass es keine alles dominierende
Hauptfigur gibt, sondern viele Personen, deren Handlungen an verschiedenen Orten
den Lauf der Geschichte nachhaltig beeinflussen. Dass alle diese Figuren mit
nachvollziehbaren Motiven und Charakterzügen ausgestattet sind, macht den Reiz
dieser Welt aus – sie wirkt natürlich und lebendig. Schwarz-Weiß-Malerei,
pathetische Tugendbolde oder notorische Unholde gibt es demzufolge nicht. Die
Handlung selbst kommt in diesem Buch erst langsam in die Gänge, Hoffmann blendet
jedoch immer wieder virtuos zwischen verschiedenen Orten und Personen um und
fügt immer wieder geschickt Passagen über die Geschichte und Kultur der Welt
Gharax ein, deren Komplexität und Bedeutung für die Gegenwart sich so auf
angenehme Weise nach und nach erschließt.
Hoffmanns Studium der Geschichte merkt man den Aufbauten seiner Kaiser- und
Königreiche an. Die Situation eines schwachen Kaisers und starker Fürsten mit
ausgeprägt eigennützigen Motiven wurde von ihm mit zahlreichen Intrigen
unterfüttert. Das Kaiserreich Sithar, dem eine Kirchenspaltung droht, erinnert
stark an das Heilige Römische Reich deutscher Nation, das während der
Reformation auch mit vielen Problemen zu kämpfen hatte. Die rauschenden Feste am
Hof des Kaisers hingegen, bei denen dieser sich ganz seiner bezaubernden
Mätresse Ceyla hingibt, haben ein wenig das französische Flair Ludwig XIV. und
seines Hofes in Versailles. Im altehrwürdigen und stolzen Königreich Arphat
hingegen herrscht die bildschöne und grausame Königin Inthara als absolute
Herrscherin von des Sonnengottes Gnaden; während die Magierschaft in Sithar Teil
der Staatskirche ist, wird sie in Arphat von den religiösen Orden und Sekten der
Herrscherin kontrolliert. In ihrer Rolle als Hohepriesterin des Sonnengottes
erinnert Königin Inthara an aztekische Herrscher wie Montezuma, aber auch
Anleihen im alten Ägypten und im fernen Osten kann man erkennen.
Fazit: Zu kritisieren gibt es wenig; am Ende des Romans wird jedoch der
Einstiegsbandcharakter des Buches klar. Fürst Baniters Plan wird erst im
Folgeband für einigen Aufruhr sorgen, ebenso bleiben bei den Goldéi viele Fragen
offen, die Sekte der Bathaquar und der bereits in diesem Band beginnende Aufruhr
in Sithar zeichnen sich in diesem Band erst ab, fortgeführt wird die sich erst
andeutende Geschichte (wer oder was ist "Drafur" nun genau, was genau bezwecken
die Goldéi mit den Quellen?) im zweiten Band der mittlerweile zur Tetralogie
gewordenen Trilogie, "Flammenbucht". Der geplante dritte Teil, "Schattenbruch",
wird vom Piper-Verlag vermutlich geteilt und im Herbst 2005 erscheinen.
Mit den troublinischen Händlern Aelarian Truarc und seinem Diener Cornbrunn
(inklusive ihrer lustigen kleinen, hochaggressiven Kieselfresser Grimm und
Knauf, einer Art Hosentaschen-Monster) halten zudem humorige und bissige Dialoge
ihren Einzug in die Serie, die in "Nebelriss" ein wenig fehlen.
Markolf Hoffmann hat eine faszinierende Welt geschaffen, mit ebenso lebendigen
und natürlichen Charakteren. Die Geschichte, die er erzählt, profitiert davon,
denn sie ist unberechenbar und vielfältig, einfach spannend und macht Lust auf
mehr.
Auf der
Homepage von Markolf Hoffmann kann man
Probekapitel von "Nebelriss" und "Flammenbucht" lesen, ebenso findet man weitere
Informationen über die Welt Gharax.
P.S.: Der namengebende Nebelriss ist eine mysteriöse, schauderhaft tiefe
Schlucht an der Grenze zwischen Sithar und Arphat, in der Legenden zufolge die
Wolken geboren werden, um der Welt Regen zu bringen oder sie mit Stürmen
heimzusuchen. Das Titelbild fängt die nebelige Grundstimmung trefflich ein, auch
wenn es eine Burg und Berge darstellt.
Michael Birke [24.05.2005]
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Danke.
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