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Caradc erbrach
Blut, tiefrot lief die Flüssigkeit über die Kleidung auf die Fliesen, füllte
dort kleine Rillen und Unebenheiten der Oberfläche aus. "Tadc … Gefahr … jemand
… töten", heulte der Visionär und sackte zusammen. Er packte Matuc im Genick und
zog dessen Ohr an seinen Mund. "Die Dunkle Zeit … kehrt zurück", flüsterte er.
Diese Prophezeiung des Mönchs Caradc versetzt den ganzen Kontinent Ulldart in
Angst und Schrecken. Man schreibt das Jahr 436 nach Sinured, auf den sich diese
Prophezeiung bezieht. Alle 111 Jahre droht die Wiederkehr des bösen Gottes
Tzulan, dessen schrecklicher Heerführer Sinured und seine Monsterhorden eine
Schreckensherrschaft errichteten, die erst eine Allianz aller Völker Ulldarts
unter der Führung ihres Schutzgottes Ulldrael besiegen konnte. Sinured wurde mit
seiner schwarzen Galeere auf der Flucht im Meer versenkt, Tzulan von den Göttern
bestraft und der Legende nach seine Augen als zornig rot funkelndes
Doppelgestirn an den Himmel geheftet.
Für Bruder Matuc ist klar: Stirbt Prinz Lodrik, der "Tadc" und somit Thronfolger
des Kabcar (Königs) von Tarpol, bricht die Dunkle Zeit über das Land herein. Der
geheime Rat des Ulldrael-Ordens trifft Vorkehrungen, das Leben des Prinzen unter
allen Umständen zu schützen.
Dieser ist jedoch ein fetter Nichtsnutz, über den jedermann spottet, sein
stolzer Vater hält ebenfalls wenig von ihm und ist enttäuscht von seinem Sohn,
der ganz und gar nicht nach dem Eroberergeschlecht des Hauses Bardric schlägt.
Deshalb schickt er ihn mitsamt seinem weisen Berater Stoiko Gijuschka und dem
starken Leibgardisten Waljakov unter einer Tarnidentität nach Granburg. Das soll
nicht nur das Leben des spöttisch "Keksprinz" genannten Sohnes schützen, er muss
nach den Wünschen seines Vaters dort regieren lernen und ein Mann werden! Unter
der Anleitung der beiden verliert Lodrik an Speck, lernt einiges über Politik
und beweist ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Seine Reformbemühungen stoßen bei
den selbstherrlichen Brojaken (Großbauern) auf Widerstand, doch seine
Reformbemühungen bringen ihm den Respekt des Brojaken Miklanowo ein, der ein
enger Freund und Berater des Gouverneurs wird, – und die Liebe seiner Tochter
Norina.
Doch seltsame Kreaturen, die so genannten "Beobachter", suchen Lodrik auf und
nennen ihn "Hoher Herr". Er selbst nimmt die Exekution eines Aufrührers vor, der
für viel Unheil in der Provinz sorgte – und wird von einem Blitz getroffen. Doch
er stirbt nicht, seine Augen glühen jedoch oft in einem unheimlichen Licht, die
Flammen des Feuers verfärben sich in seiner Gegenwart. Schließlich erreicht eine
Nachricht aus Ulsar den Prinzen: Der Kabcar ist tot! Lodrik macht sich umgehend
auf den Rückweg in die Hauptstadt …
Derweil beunruhigen den geheimen Rat Nachrichten von Sumpfkreaturen, welche die
alte Hauptstadt Sinureds wieder aufbauen. Der Freibeuter Torben Rudgass
befördert einen seltsamen Passagier, der sich als tödlicher und skrupelloser
Assassine entpuppt. Der Mönch Matuc wird noch einmal vor den geheimen Rat
gebeten, um den exakten Wortlaut der Prophezeiung Caradcs zu wiederholen. Zur
Bestürzung aller stellt sich dieser als zweideutig heraus: Ist Lodrik nun der
Retter Ulldarts oder der Bote Tzulans? Der Rat entscheidet sich für Letzteres,
Matuc erhält den heiligen Auftrag, Lodrik zu ermorden.
Der in solchen Dingen wenig erfahrene Mönch trifft auf seiner Mission die
Kensustrianerin Belkala, eine Priesterin Lakastras. Mit dieser freundet er sich
nach anfänglichen Problemen (er wollte sie als Ketzerin aufhängen lassen) an,
und gewinnt mit ihrer Hilfe den übermäßig stolzen Ritter Nerestro von Kuraschka
vom Orden der Schwerter des Gottes Angor als Eskorte.
Der 1971 geborene Markus Heitz, studierter Germanist und Mediävist sowie
passionierter Rollenspieler, ist mittlerweile zum Shooting-Star der deutschen
Fantasy geworden. Neben den sehr populären "Die Zwerge" und "Der Krieg der
Zwerge" schrieb er bisher Romane für die Shadowrun-Serie. "Die Dunkle Zeit"
wurde 2003 mit dem Deutschen Phantastik-Preis für das "Beste Roman-Debüt
National" ausgezeichnet.
"Die Dunkle Zeit" ist ein mittlerweile abgeschlossener Romanzyklus, der zuerst
beim Heyne-Verlag erschien und mittlerweile von Piper Fantasy
vertrieben wird. Der damalige fünfte Band wurde gesplittet und Kürzungen
beseitigt bzw. der Roman ergänzt und erweitert, deshalb besteht die Serie bei
Piper aus folgenden sechs Teilen:
1. Schatten über Ulldart
2. Der Orden der Schwerter
3. Das Zeichen des dunklen Gottes
4. Unter den Augen Tzulans
5. Die Magie des Herrschers
6. Die Quellen des Bösen
Ein 7. Band, "Trügerischer Friede", ist geplant, dieser wird jedoch Auftakt des
Folgezyklus "Die Zeit des Neuen" sein.
Markus Heitz verdient ein großes Lob: Fantasyzyklen dieses Umfangs kennt man
normalerweise nur aus den USA, man denke nur an David Eddings "Belgariad"-Saga
oder Raymond E. Feists "Midkemia"-Romane. Mit diesen wird dieser Zyklus
hinsichtlich des Weltentwurfs beziehungsweise hinsichtlich vieler archetypischer
Charaktere verglichen, und ganz kann man dies nicht abstreiten.
Dennoch lassen sich diese Zyklen schwerlich miteinander vergleichen. Heitz hat
den Ansatz eines Rollenspiel-Leiters gewählt: Er hat bekannte Figuren und Welten
neu miteinander kombiniert, variiert und so mehr oder minder seine eigene,
fantastische Welt geschaffen. Diese mag zwar nicht originell sein, denn bei
vielen Figuren erinnert man sich sofort an ihr literarisches Vorbild, aber gut
geklaut ist immer noch besser als schlecht erfunden.
So möchte ich hier nur die Beschreibung Sinureds anführen, der von seinen
Feinden auch "Das Tier" genannt wurde: Schwarze, verbrannte Haut, glühende Augen
und eine gewaltige eiserne Rüstung. Auf dem Schlachtfeld führte er eine
eisenbeschlagene Deichsel als Keule.
Mir drängte sich hier das Bild Saurons auf, der im Intro des "Herr der Ringe"
auch gegen eine Allianz aller Völker streitet und ebenfalls mit einem
riesengroßen Streitkolben um sich schlägt. Geradezu Spoiler-Charakter hat die
Prophezeiung hinsichtlich Lodriks, der seine edlen und guten Motive zunehmend
mit brutalen Mitteln erreicht. Lodrik ist quasi der Darth Vader der
Fantasyliteratur. Norina kann man getrost als das Äquivalent zu Anakins Padme
ansehen, der in den Folgebänden auftretende Mortva Nesreca geht problemlos als
dunkler Sith Lord durch, er wird Lodrik zum Entsetzen seiner Berater immer mehr
"auf die dunkle Seite" ziehen.
Diese Figuren sind etwas zu offensichtlich entliehen, aber das tut der Handlung
keinen Abbruch. Finesse und subtile Charakterschilderungen sucht man zwar
vergebens, alle Charaktere sind von vorneherein klar gezeichnet als gut oder
böse, bis auf Lodrik, dessen weitere Entwicklung aber schnell absehbar ist.
Dafür hält sich Heitz nicht lange mit Plänkeleien auf, er kommt zu Sache, die
Handlung geht flott voran, es passiert immer irgendwo etwas auf der Welt. Sei es
bei dem sympathischen Freibeuter Torben Rudgass, dem so wenig zueinander
passenden Trio Infernale aus Priester, Fanatiker und Ketzerin - sprich Matuc,
Nerestro und Belkala - oder bei meinen persönlichen Lieblingen, dem
pralinenfressenden König Perdon von Ilfaris (das natürlich berühmt für sein
Konfekt ist) und seinem schlauen Berater und Hofnarr Fiorell, die mit ihrem
umfassenden Geheimdienst stets über die Lage in Ulldart Bescheid wissen und
diese auf lustige und launige Weise kommentieren.
Alles in allem schlägt zu oft der Rollenspieler in Heitz durch, die klaren
Archetypen und Charakterisierungen sind leider dementsprechend auch nicht mehr
als Rollenspielfassade – aber auch nicht weniger. Unterhaltung und Abenteuer pur
sind garantiert. In diesem Band hält Heitz sich angenehm zurück hinsichtlich des
Erzähltempos, auch erlaubt er sich keine allzu verwunderlichen Patzer wie
plötzliche Kehrtwendungen moralischer Art oder nicht nachvollziehbares Vertrauen
zu einem dahergelaufenen Möchtegern-Verwandten bei unverständlichem Misstrauen
gegenüber alten Freunden.
Der Einstiegsroman ist in dieser Hinsicht wesentlich besser als die Folgebände,
die weniger ausgereift und teilweise gar hektisch erzählt werden. Die Vielfalt
der Welt übertüncht sehr gut den nicht vorhandenen Tiefgang. Was Eddings mit
Humor und Augenzwinkern erreichte, macht Heitz mit Tempo und Vielfalt und
teilweise sogar originellen Einfällen wett. Mit komplexeren Weltentwürfen wie
denen eines Robert Jordan, George R.R. Martin oder Raymond E. Feist kann sich
seine Kreation aber nicht messen, in dieser Hinsicht sollte man nicht zu viel
erwarten.
Fazit: Ein kurzweiliger Zyklus mit echten Pageturner-Qualitäten. Der
Plagiarismus kann bisweilen jedoch stören, ebenso die viel zu simplistische
Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere. Aber Heitz hat sich erwiesenermaßen gute,
erfolgreiche Ideen und Konzepte ausgeliehen und damit seine eigene Welt
geschaffen, der es demzufolge nur ein wenig an Eigenständigkeit mangelt.
An einem jedoch gewiss nicht: Kurzweiliger, spannender, abenteuerlicher
Unterhaltung – und das ist immer noch das Wichtigste. Wer anspruchsvollere
Fantasy mit Tiefgang, neuen Ideen oder Szenarien sucht, wird hier nicht fündig.
Wer jedoch von ewigen Endloszyklen genug hat, die Klassiker bereits kennt und
einfach nur gut unterhalten werden will, kann bedenkenlos zugreifen.
Die einheitliche (das Amulett Tzulans vor einem jeweils wechselnden
Farbhintergrund) und sehr ansprechende Neugestaltung der Romancover durch den
Piper-Verlag setzt sich auch bei der Formatierung des Buchtextes und der
Kapitelüberschriften fort, was zu dem wertigen Gesamteindruck beiträgt. Leider
biegt sich der Buchrücken bereits nach einmaligem Lesen deutlich durch. Über
eine mangelhafte Übersetzung kann man sich bei einem deutschen Autor naturgemäß
nicht beschweren, das Lektorat hat zudem einige beklagte Rechtschreib- und
Grammatikfehler der Heyne-Ausgabe bereinigt.
Homepage des Autors bzw. des Ulldart-Zyklus:
http://www.mahet.de/ und
http://www.ulldart.de/
Michael Birke [10.05.2005]
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Danke.
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