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Anna
Katharina Hahn ist eine nette, junge Frau, die böse Geschichten erzählt.
Nicht in dem Sinne böse, dass wir Mördern und Unholden bei ihrer
Arbeit zuschauen; sondern in dem wir Menschen begleiten, die auf ihrem Lebensweg
immer mehr ins Stolpen geraten; wobei sich das Mitleid der Schöpferin
ob ihrer Schützlinge eher in Grenzen hält: Zwölf dieser Geschichten
liegen jetzt in gebundener Form vor. Sie tragen knappe Titel wie "Angeber",
"Körperschmuck" oder "Weiberwirtschaft" und berichten
bis auf eine Ausnahme vom rauen Leben in der Großstadt.
Geboren wurde
Anna Katharina Hahn an ganz anderer Stelle, im süddeutschen und von
Weinbergen umgebenen Städtchen Ruit. Später verschlug es sie nach
Hamburg. Hier blieb sie, studierte Germanistik und Anglistik, übte
sich im Schreiben - und Hamburg zeigte sich ob ihrer erworbenen Fähigkeiten
dann auch im vergangenen Jahr erkenntlich: Anna Katharina Hahn erhielt den
Förderpreis für Literatur der Hamburger Kulturbehörde.
Es sind immer wieder
ihre genauen Alltagsbeobachtungen, die mittels eines unaufdringlichen Realismus
betören: Ob sich da eine Frau im Schwimmbad unter der Dusche mit einem
halben Liter aprikosenfarbenen Shampoo einseift oder ein Mann die Handtasche
seiner Geliebten hastig durchsucht - präzise und unbarmherzig wird
noch die nebensächlichste Bewegung registriert, auf dass sich der Vorhang
für ein kleines menschliches Drama hebt.
Als Kulisse mag
man sich eher die schmucklosen Backsteinbauten der Stadtteile vorstellen,
in denen Arbeiter, Angestellte und ihre Hausfrauen ihre Zeit verbringen,
denn die großbürgerlichen Wohnungen entlang der berühmten
Isestrasse oder die bemüht wildgestalteten Unterkünfte des Medienvolkes
in den üblichen Szenevierteln. Überhaupt ist es nicht ihre Sache,
sich mit denen zu beschäftigen, die sich selbst für den Mittelpunkt
der Welt halten. Ihre Mühseligen und Beladenen schleppen sich an Billigsupermärkten
und Sonnenstudios vorbei, sie bemühen auch schon mal nach dem Mittagessen
das Fernsehprogramm: Arbeitslose, alleinerziehende Mütter, Männer
in Cordsamthosen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Sie trinken Bier aus
Dosen und wenn es mal eine Party gibt, dann nicht, weil man nicht weiß,
wohin mit seiner guten Laune. "Es sind keine Rebellen, es sind die
Leute, die die Arschkarte gezogen haben. Auch wenn sie es erst nicht merken.",
so skizziert Anna Katharina Hahn im Gespräch ihre Helden.
Jede Mutmaßung,
dass, was sich an Obskurem und Intimen vorzugsweise zwischen Männern
und Frauen vollzieht, könnte ihren eigenen Lebenserfahrungen entsprungen
sein eine Unterstellung, die ihr von Zeitungsreporterinnen gerne
und süffisant gestellt wird -, weist sie entschieden zurück: "Ich
schreibe nicht autobiografisch. Um es flapsig zu sagen: Es ist alles ausgedacht."
Wobei sie selbstkritisch anmerkt, dass ihr die Geschichten, in der ein männlicher
Held durchs Leben stolpert und aus seiner Sicht der Dinge berichtet, vielleicht
am besten gelungen sind.
Immer wieder inspirierte
sie auch der Lesestoff, den ihr Kollegen hinterlassen: "Der Boden,
auf dem ich stehe, besteht aus all den Papieren, die ich gelesen habe."
Lesen und immer wieder lesen, sich von Büchern begeistern lassen, das
ist neben der Beobachtung ihrer Alltagsmitmenschen die zweite Inspirationsquelle
der studierten Mediavistin, die sich beruflich mit mittelalterlichen Handschriften
beschäftigt. "Die wenigsten haben bemerkt, dass in meinen Geschichten
hier und dort mittelalterliche Motive auftauchen." Dies ist am offensichtlichsten
in der Story "Ihr Tag", eine ganz jetztzeitige Version des altfranzösischen
Melusine-Stoffes - nur dass der Graf ein Schuhverkäufer ist und die
Meerfee in einem Geschäft Fische verkauft.
Doch auch scheinbar
profane und unliterarische Quellen werden von ihr genutzt: die Seiten in
den Tageszeitungen mit den Überschriften "Vermischtes" oder
"Aus aller Welt" etwa. Dort fand sie eines Tages eine schmale
Notiz über einen Kater, der von einem Nachbarn kastriert worden war,
als sein Besitzer im Urlaub weilte. Hahn schmiedete daraus die Erzählung
"Saft und Kraft" - ein ebenso sarkastisches wie düsteres
Protokoll darüber, wenn mit dem Einzug eines neuen Hausbewohners das
über Jahre eingeübte Verhältnis zwischen alteingesessenen
Nachbarn aus dem Gleichgewicht gerät.
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