Sebastian Haffner

Zwischen den Kriegen. Essays zur Zeitgeschichte. hrsg. von Uwe Soukup

Sach. Verlag 1900 Berlin, 250 Seiten. ISBN: 3-930-27805-7

Sebastian  Haffner: Zwischen den Kriegen. Essays zur Zeitgeschichte. hrsg. von Uwe Soukup

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Geschichte und Gegenwart waren gleichermaßen sein Terrain. Deutschland in den Ausprägungen von Kaiserreich, faschistischer Diktatur und Bundesrepublik sein Metier. Anfang Januar 1999 verstarb im Alter von 91 Jahren Sebastian Haffner, einer der bedeutendsten deutschen Publizisten der Nachkriegszeit.

Haffner, eigentlich Raimund Pretzel, begann seine Laufbahn im Justizdienst, für den er als ‘reinrassiger Arier’ auch nach 1933 akzeptabel war. Aber die Ratifizierung der nationalsozialistischen Fremdenhassideologie zwang ihn 1938, zusammen mit seiner jüdischen Ehefrau nach England zu emigrieren. Vorher schon für den Ullstein-Verlag journalistisch tätig (Modezeitschriften), avancierte er beim Observer, damals noch einem behäbigen Sonntagsblatt, zum Kommentatoren der Geschehnisse in Deutschland.

Um seine Verwandten in der alten Heimat zu schützen, gab er sich – in Anlehnung an Johann Sebastian Bach und Mozarts Haffner-Sinfonie – das Pseudonym Sebastian Haffner. Bereits 1940 erschien von ihm ein famoses Buch über das Dritte Reich. Germany: Jekyll & Hyde erwies sich als profunde Analyse mit prognostischer Kraft, die als Fußnote zur Goldhagen-Debatte wieder auftauchte, weil sie Aspekte bearbeitete, die in der deutschen Geschichtsaufarbeitung nur am Rande gestanden hatten (Das Buch wurde erst 1996 ins Deutsche übersetzt.)

Nach dem Krieg durchlief Haffner eine ambivalente Entwicklung. Dem Observer blieb er, mittlerweile britischer Staatsbürger, als Kommentator treu, bis er 1954 aufgrund von Differenzen als Korrespondent nach Berlin ging. Von dorther sandte er in der Sache kritische, aber dennoch hoffende, gutmütig-joviale Botschaften an die Insel. Nach einiger Zeit fand er jedoch, seinen damaligen Ansichten auf Deutschland entsprechend, als Kolumnist vor allem der Welt einen neuen Wirkungskreis. Haffner entwickelte sich zum "Kalten Krieger", seine essayistischen Kampfgebiete waren die Ost-West-Auseinandersetzung mit dem Brennpunkt Westeuropa und besonders die Deutschlandfrage. Er sah noch 1952 "weiterhin die Gefahr einer russischen Invasion"; die Innenpolitik der DDR ("Zone") verglich er mit dem "Terror eines skrupellosen Konzentrationslagerregimes", das "zu antideutschen Zwecken missbraucht wird".

Haffner galt fortan für viele als rechts. Dennoch bewahrte er sich einen eigenen Standpunkt jenseits von politischen Strömungen. In seinen Beobachtungen der Zeitgeschichte lässt sich eine stets um auktoriale Perspektive bemühte Feder erkennen. Zwar war er verkettet in die Positionen des nordatlantischen Weltgefüges und betrachtete Hochrüstung als "unverzichtbare Versicherung gegen die Risiken des Krieges", opponierte aber andererseits auch gegen die beinahe erleichterte Hinnahme des Mauerbaus durch die Westalliierten.

Schlüsselerlebnisse wurden für ihn die Spiegel-Affäre 1962 und die Springer-Kampagne gegen den studentischen Aufruhr im 68-er Juni ("kaltblütig geplanter Pogrom"), die ihn vehement für den Rechtsstaat eintreten ließen. Haffners ‘linke Phase’ begann. Er langte bei Henry Nannens Stern und dem damaligen apo-Organ konkret an. Dort konnte er auch eigenwilligste Positionen vertreten – wegen seiner Sicht auf die Deutschlandfrage wurde er deswegen von der Welt am Sonntag verfemt: zum "Paradepferd des Ulbricht-Regimes".

Der jüngeren Geschichte, die er immer bis auf die Basis des Kaiserreichs auslotete, blieb er treu. Deutlicher als jeder andere benannte er die Schuld Eberts und Noskes am Ende der Revolution von 1918/19 (Der Verrat). 1978 erschienen die kontroversen Anmerkungen zu Hitler, ein bis dato völlig unüblicher, knapper und paraphrasierter Blick auf Hitler, den Haffner zunächst nach "Leistungen" und "Erfolgen" bestimmt, ehe er ihn anhand der "Irrtümer", "Fehler", "Verbrechen" und des "Verrats" demontierte. Spätestens mit dem 79-er Preußen ohne Legende, einem eigenwilligen Werk über ein anderes Preußen, verschaffte er sich auch bei den Professionshistorikern Respekt; auch wenn ihm Kritiker immer wieder Plakativität, Schwadronieren und Opportunismus vorwarfen.

In den Achtzigern schrieb Die Zeit über Haffners "manchmal sehr persönliche Vermächtnis", er habe "wie kein zweiter das historische Bewusstsein der Öffentlichkeit beeinflusst und auch die Fachhistoriker immer wieder herausgefordert". Haffner hat die Geschichtsschreibung vielleicht mehr katalysiert, als er sie bestimmt hat – ein feiner, aber gewichtiger Unterschied. Er war von Anfang an unangepasst und ließ sich nicht reglementieren. Sein "stereoskopischer" Exilblick hab ihn, den "naturalisierten Engländer", geprägt – und durfte gleichzeitig als Alibi dienen.

Sebastian Haffners Vision war, Geschichte lebendig zu halten und sie wie die Gegenwart vor Legenden und Lügen zu bewahren. Große Fehleinschätzungen blieben ihm erspart, vom fatalen Vergleich Ulbrichts mit Hitler einmal abgesehen. Haffner suchte das Gespräch, auch mit Politikern, und forderte stets den politischen Essay. Seine eigenen Beiträge zu diesem Genre bleiben, wenn man das publizistische Umfeld richtig zu bewerten versteht, weithin gültige Dokumente. Eine Auswahl von Schlüsseltexten bietet die Essaysammlung "Zwischen den Kriegen".

Ron Winkler

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