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Durs Grünbein war schon immer ein Skeptiker der Gesellschaft,
der mit satirischer Lust die gänzlich unsatirische Alltagsmonotonie
scharfzüngig konterkarierte. Ihm ging es immer schon darum, sarkastisch
die vor allem urbane Paralyse spätmoderner Zivilisation darzustellen
oder die Seele als Ammenmärchen zu entlarven.
Dass sich das bittere Hohnlachen, getrieben von eigenen Schockerfahrungen,
erhalten hat, zeigt sich in Grünbeins jüngstem Gedichtband, Nach
den Satiren. Der entgrenzte, aber mit-traumatisierte Dichter
seziert eine ihm mittelmäßige Welt, ob nun in kleinen, das Morbide
nur andeutenden Stills oder in ausgedehnten Reflexionsübungen.
Nach den Satiren ist der Versuch, zeitkritische Spannung über
den Umweg des Abtauchens in halb verschollene Geschichte zu erzeugen. Durs
Grünbein ist der conditio humana auf der Spur, den virulenten, zeitlosen
Traditionen der zivilisatorischen Entwicklung.
Ausgangspunkt der literarischen Ermittlungen ist zunächst die
Antike in der Form Römisches Reich. Grünbein gestaltet Szenen
aus der Saturiertheit des alten Roms, spiegelt den Alltag eingeübter
Hierarchien mit all seinen Chauvinismen und dem routinierten Masochismus
im trostlosen Ganzen. Die Historien, die der Autor verfasst, stellen weitgehend
hysteriefreie Schilderungen von der Kontinuität der Intrigen und der
unerträglichen Trivialität des Seins dar.
Das Ich, das sich aus den Randbereichen einer früheren Diktatur
meldet, ist mal bedenklicher Gast, mal stoischer Philosoph,
imaginiert sowohl das Opfer als auch den Täter. Mittels rapidem ‘Identitäts-Hopping’
übt sich das Grünbeinsche Ich in Kontemplation oder fängt
Smalltalk ein, werden Spielarten der vox populi vom anonymen Straßengänger
bis hin zum Despoten realisiert.
Übergangslos führt der Autor Geschichte in akute Gegenwart.
Das Ich schaltet um von Antike auf Konsumgesellschaft, zappt vom Panorama
Rom in die zeitgenössische Avenue of the Americas, und führt
die fernen Historien als ungleich plastischere Diagnosen der Gegenwart
fort.
Grünbein widmet sich gern und fast exegetisch neben dem Bedeutungslosen
der Vergänglichkeit. Der Mensch findet sich immer mal wieder zurückradiert
auf den corpus passatus, einen vergehenden Körper. Was von ihm bleibt,
Ich-frei zuletzt, ist nicht mehr als ein Fundstück für eine spätere
Archäologie. Auch dieses Kinn, das du manchmal im Spiegel siehst,/
Wird man irgendwann finden, den Kiefer dazu,/ Unter anderen Knochen. Heute
noch unrasiert,/ Wird es schon morgen abstrakt sein, ein weißer Bügel,/
Rein wie ein Notenschlüssel aus Draht.
Im Fundus Grünbeinscher Lyrik findet sich aber nicht nur die düstere
Erfahrung der Kontingenz der menschlichen Natur in einer Art bitterer Nekrolog.
Grünbein ist mehr als zynischer Nihilisierer hochgradig Sarkast, den
das Design der Postmoderne nicht täuschen kann. Ihm geht es um die
Beobachtung des konditionierten Menschen in den Routinen einer Potemkinschen
Welt.
Obwohl hin und wieder dozierender Intellektualismus die Szene betritt,
obwohl manches in Gedankenhektik zerflattert, manches in überbordender
Sprache träge fließt und vieles wie eine nur neu ausgemalte
Karte zu einem schon bekannten Atlas erscheint, muss man Nach den Satiren
zugestehen: Stellenweise ist keine bessere Lyrik möglich.
Ron Winkler
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Danke.
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