Lena Gorelik
Meine weißen Nächte
Roman. SchirmerGraf, 273 Seiten. ISBN: 3-86555-010-X
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Anja ist elf, als der abenteuerlichste Augenblick ihres Lebens gekommen ist: ihre Familie verlässt Sankt Petersburg, um in das gänzlich unbekannte Deutschland umzusiedeln. Nicht dass sie das unbedingt gewollt und geplant hätten. Aber weil es auch in der postsowjetischen Mangelwirtschaft gilt, sich in Schlangen einzureihen, wenn man etwas besonderes ergattern möchte, stellt sich ihr Bruder eines Tages an, ohne zu wissen wofur, bekommt eine Nummer und vergisst sie. Als die Mutter zufällig den Zettel mit dem sonderbaren Aufdruck mit lateinischen Buchstaben findet, stellt sich heraus, dass er vom deutschen Konsulat für die Ausreise russischer Juden ausgegeben wurde. Ein halbes Jahr später sitzt die Familie im Zug nach Berlin.
Sie landen in einem Asylbewerberheim und lernen den goldenen Westen mit all seinen Verlockungen und Überraschungen zunächst aus einer wenig befriedigenden Perspektive kennen. Mit Staunen registrieren sie zwar den Luxus, aber mit ihrem geringen Taschengeld müssen sie genauestens haushalten. Für Anja kommt nun eine harte Zeit, wird sie doch ohne Deutschkenntnisse in den normalen Schulalltag hineingeworfen, was die verschiedensten Probleme mit sich bringt.
Jahre später ist die Familie voll in der deutschen Realität angekommen. Anja ist Studentin, hat einen festen Freund und eine eigene Wohnung. Eigentlich beste Voraussetzungen um glücklich zu sein. Aber einmal gibt es da ihre entschieden zu fürsorgliche Mama, und andererseits taucht Ilja auf, ihr erster Freund. Er ist umwerfend charmant und sucht eine Assistentin für eine russische Reisegruppe. So begleitet Anja ihn nach Paris, in die Stadt der Liebe.
Lena Gorelik ist 1992 nach Deutschland gekommen. Sie wird also etliches selbst erlebt haben oder zumindest aus erster Hand erfahren haben. Vor allem diese autobiografischen Jugenderinnerungen aus Russland und der Eingewöhnungszeit in Deutschland sind der Autorin in ihrem Debütroman vorzüglich gelungen; sie strotzen nur so vor Komik. Die Geschehnisse um die aktuellen Liebesnöte Anjas sind dagegen etwas aufgesetzt, aber trotzdem von einer erfrischenden Lebendigkeit. Eine viel versprechende junge Stimme, von der man noch einiges erwarten kann.
Dietmar Adam
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