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Das Alltägliche, das täglich Gebrauchte, der vormals eilig konsumierte Massenproduktionsauswurf emanzipierten sich gegenüber den sakralen Höhepunkten der abendländischen Kulturen zu einer Palette von Forschungs- und Sehnsuchtsgegenständen. In dieser Emanzipationsgeschichte des Trivialen bleibt nichts ununtersucht und Frank Gnegel hat einen täglichen Ritus erforscht, der bisher in der Literatur verwaist war: Die Selbstrasur. Grob gerechnet kennt etwa die Hälfte der Menschheit diesen Akt, der mit Schaum vor dem Mund beginnt und nicht selten mit Blut endet. Wer mit Gnegel bronzezeitliche Rasiermesser betrachtet, wird sich nicht des Phantomschmerzes erwehren können, den stumpfe Klingen verursachen. Alle Zeiten hatten ihre eigenen Techniken, mit diesem deplacierten Haarwuchs fertig zu werden. Lästige Biologie oder Zierde, das ist die Frage, ob´s nobler im Gemüt, den Bart stehen zu lassen oder gegen ein Meer von Stoppeln zu kämpfen.
Der Kämmerer des französischen Königs, Estienne Chevalier, liebte es im 15. Jahrhundert glatt bis aalglatt. Andreas von Rechenberg entschied sich dagegen Anfang des 16. Jahrhunderts für waagerecht gestutzte Mannespracht. Etwas später regierte die Eleganz gestreckter Gesichter: also setzte man auf Spitzbärte. Aber nicht nur Ästhetik manifestierte sich im rechten Backen- und Lippenhaarwuchs, spätestens im 19. Jahrhundert wird der Bart politisch. Der "politischste" aller Bärte mag jener von Karl Marx gewesen sein, dessen politische Potenz erst so recht im 20. Jahrhundert sprießte.
Aber wie wird man diese Wolle wieder los? Barthobel, Gillettes erste Patent-Apparate oder so bizarre Geräte wie "Collins Safety Razor" rückten an die vorderste Front wuchernder Haare und mit den Jahren wurden die Waffen immer raffinierter. Einige werden noch den berühmten "Philishave" der fünfziger Jahre erinnern, der noch bescheiden eine Klinge kreisen ließ. "Über die beste Rasiermethode entscheiden Sie selbst" warb der "Sunbeam shavemaster" zu Beginn der fünfziger Jahre und die Entscheidung ist im Laufe der Gesichtshaarbekämpfung nicht einfacher geworden. "Sie werden am Apparat verlangt" konterte Philips und das gilt heute mehr denn je.
Epilieren ist indes nicht auf Herrenbartträger beschränkt. Gnegel widmet der Historie des "Ladyshave" ein eigenes Kapitel und wenn auch die Damen weniger geplagt sind, mußten sie doch immer wieder die Klingen kreuzen, um den Schönheitsidealen der Bartmännerwelt zu entsprechen. Zwischen "Lady Schick" und seidensanften Beinen wurde der gnadenlose Feldzug des Ausrasierens geführt, der mit unverminderter Klingenschärfe auch heute noch anhält.
Bliebe nur die Frage, wo die Geschichte des Barts endet. Immerhin sind die kleinen Messer Resultate millionenschwerer Entwicklungen und solange Genmanipulationen das Thema nicht endgültig wegrasieren, gibt´s auch weiterhin viel zu schneiden. Dank Gnegel wissen wir nun, daß bis hin zum neuen futuristischen "Mach 3" der Gesichtskahlschlag eine Kulturgeschichte hat, die noch weiterzuschreiben ist.
Dr. Goedart Palm
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Danke.
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