William Gibson

Idoru

SF. Heyne, München. ISBN: 3-453-15636-6

William  Gibson: Idoru

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Während sich die Charaktere in Gibsons Büchern sonst eher im amerikanischen "Untergrund" bewegen, widmet er sich diesmal dem Medienbusiness im Tokio der nahen Zukunft. Wer allerdings denkt, die Charaktere hätten deswegen eine weißere Weste und weniger Probleme, sieht sich getäuscht ...
Beim ersten Hinsehen geht es um Rez, Leadsänger einer schon seit Jahrzehnten erfolgreichen Rockgruppe, der seine Heiratsabsichten kundgetan haben soll - allerdings mit einem "Idoru", einer nur virtuell existierenden Medienfigur. Sein Sicherheitsdienst denkt, er sei durchgedreht, und versucht alles darüber zu vertuschen, ja engagiert sogar eine Art "Netz-Detektiv" um herauszufinden, was mit Rez los it. Doch natürlich kommt die Meldung den weltweit organisierten Fanclubs von Rez zu Ohren und in Seattle beschließt man, der Sache auf den Grund zu gehen: Man schickt die 14-jährige Chia nach Tokio, um herauszufinden, was an der Sache dran ist.
Wie gesagt, geht es nur auf den ersten Blick um Rez: Durch den Kunstgriff, die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive der naiven Chia, die schon während ihres Flugs nach Tokio in Schwierigkeiten kommt (die sie bis zum Schluß begleiten), und des angesprochenen "Detektivs" Laney, der die Fähigkeit zum intuitiven Finden von Informationen in den riesigen Datenmengen des Netzes besitzt, zu erzählen, liegt das Hauptaugenmerk vielmehr auf diesen beiden Charakteren.
Urteil: Es dauert zwar eine Weile bis die Story in Fahrt kommt (und man versteht, um was es eigentlich geht), aber dann liest sich das Buch wirklich spannend und sorgt für gute Unterhaltung - bis dann gegen Ende hin die Luft irgendwie draußen ist und der etwas unbefriedigende Schluß sein Übriges dazu tut.
Stilistisch gesehen ist Gibson immer noch auf dem hohen Niveau seiner Frühwerke, seine bildreiche Sprache zieht einen immer noch in ihren Bann. Allerdings führt die häufige Verwendung von Begriffen, die vermutlich sogar dem Durchschnittsamerikaner unbekannt sind, dazu, daß man hierzulande wohl nicht in den vollen Genuß der sprachlichen Fähigkeiten Gibsons kommen wird. Was man in dem Buch jedoch etwas vermißt ist die Atmosphäre eines "Neuromancers": Einzig die Otakus (Shadowrunner unter Euch werden sich erinnern) und die Idee der sich selbst reproduzierenden Nanotech-Einheiten zeigen, daß immer noch Einiges an visionärer Kraft in Gibson vorhanden ist.
Als Fazit läßt sich sagen, daß Cyberpunk-Fans wahrscheinlich nicht enttäuscht sein werden - Neulinge sollten sich vielleicht aber erstmal mit seiner Neuromancer-Trilogie beschäftigen.

(Oliver Faulhaber)






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