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Weniger als ein großes Lied
Dies ist weder ein Drenai-Roman noch eines der besten Bücher, die Gemmell geschrieben hat. Vielmehr ist der Schauplatz eine gänzliche neue Welt, mit eigener Zivilisation, Kultur etc., in die eine andere Welt einbricht - im wörtlichsten Sinne! Allein schon diese willkürliche Konstruktion trägt nicht gerade zur Plausibilität des Geschehens bei. Die Ausbrüche an willkürlicher Magie tun es noch weniger.
Die Handlung
Die Welt wird beherrscht von den beinahe unsterblichen Avatars, eine Rasse von Kriegern und Gelehrten, die der restlichen Welt auf ihren Eroberungsfeldzügen die "Segnungen" der Zivilisation gebracht haben will. Dies erinnert stark an die Kolonialisierungsphilosophie des Britischen Weltreiches. Die Eroberten, meist wilde Stämme, wurden zur Seßhaftigkeit und zu Ackerbau veranlaßt - so ließen sie sich leichter beherrschen.
Die Avatars beziehen die Quelle ihrer Lebenskraft und die Energie für ihre Maschinen und Waffen aus magischen Kristallen. Die Kristalle müssen aber erst mit Kraft und Energie geladen werden. Dazu dienen Pyramiden, die Energie von der Sonne beziehen und so die Kristalle laden können. Die Funktionsweise der Pyramiden wird vom Autor ebensowenig erklärt wie die der Kristalle - Hauptsache, Magie ist am Werk. Nur die "Musik des Universums" scheint eine gewisse Rolle zu spielen. Doch die meisten Avatars haben die Musik der Magie vergessen. Lediglich der weise Renegat Anu ist noch im Besitz dieses Wissens.
Die Welt der Avatars ist somit dem Untergang geweiht. Zudem: Aus einer anderen Dimension des Raums ist eine andere Welt eingebrochen, wobei sie eine Sintflut und eine neue Eiszeit mit sich brachte. Der Lebensraum der Stämme wird zunehmend auf die Äquatorialzone eingeschränkt, weswegen sie begehrliche Blicke auf das fruchtbare Land um die prachtvollen Städte der Avatars dort werfen. Die energiespendenden Pyramiden, verschwunden unter dem vordringenden Eis, verlieren, abgeschnitten vom Sonnenlicht, ihre Kraft. Doch die Zahl der Kristalle ist begrenzt.
Da landen die Schiffe der eingedrungenen Barbaren, bringen Tod und Vernichtung und fordern die Unterwerfung der Avatars. Zunächst werden sie zurückgeschlagen, doch es gelingt ihnen, größere Armeen an Land zu bringen und mit diesen das Umland zu erobern, bevor sie die Städte angreifen. Die Avatars sind über Berichte entsetzt, daß den eroberten Menschen nach ihrer Tötung das Herz herausgerissen wird, in das sofort ein Kristall eingesetzt wird. Auch die Barbaren laden ihre Kristalle mit der Lebenskraft der "Unter-Menschen" auf, genau wie es auch die Avatars tun (wenn auch im geheimen)!
Das Machtgefüge verschiebt sich. Die Partisanen in den Avatarstädten werden an der Macht beteiligt - zuvor undenkbar. Der Rat ergreift Maßnahmen zur Verteidigung, doch die Milizen der vormals Unterdrückten sind nicht ausgebildet und schlecht motiviert. Sie werden vernichtend geschlagen. Mittlerweile hat man erfahren, daß die Göttin der Eindringlinge, Almeia, die Kraft der Kristalle benötigt, um zu überleben und ihre Welt in der Avatarwelt zu halten. Gelingt es, die Göttin zu töten, so ist die Welt gerettet. Ein Häuflein Tapferer macht sich zu diesem Unternehmen auf: der Avatar-Krieger Talaban, der Stammeskrieger Touchstone und die Kristallzauberin Sofarita, die zwar aus dem Volk der Unterdrückten stammt, aber von einem der Avatars mittels Kristall von Krebs geheilt worden war. Seitdem ist sie von der Macht der Kristalle erfüllt, verfügt über telepathische und telekinetische Kräfte. Leider ist der Preis hoch: Langsam verwandelt sich ihr Körper selbst in einen Kristall, ein Schicksal, das auch die fremde Göttin Almeia bedroht. Nur weitere Energiezufuhr kann Almeia vor Sofaritas Schicksal bewahren.
Schnitt zurück: Am letzten Tag der Schlacht um ihre Stadt reiten die überlebenden Avatars zur letzten Attacke gegen die feindlichen Armeen - es gelingt ihnen, die Pulvervorräte zu vernichten, doch alle scheinen dabei umzukommen. Im selben Augenblick gelingt es dem Weisen Anu, mit Hilfe einer neuartigen Pyramide die Kraft der Kristalle auf der ganzen Welt zu beenden. Die Göttin Almeia, entsetzt darüber, verliert ihr Leben, und ihre Welt reißt sich von der Avatarwelt los. Ein zweiter Weltuntergang folgt, doch mit weitaus besseren Perspektiven als nach dem ersten. Sofarita entgeht Almeias Schicksal, da sie sich nicht mehr in einen Kristall verwandelt, sondern nur noch Mensch ist. Sie teilt ihr Leben mit einem ehemaligen Avatar, Ro. Talaban starb im Kampf. Touchstone, der Stammeskrieger der Anajo, und Ro erzählen die Geschehnisse weiter in den Legenden der Anajo. Relevante Abschnitte der Legenden sind einzelnen Kapiteln vorangestellt.
Fazit
"Echoes of the Great Song" liest sich flott und spannend, hat aber mehrere Mängel. Der erste wurde bereits erwähnt. Zudem ist das erste Drittel des Buches verschachtelt aufgebaut und unterscheidet sich ob seiner fehlenden Kohärenz beträchtlich von den folgenden zwei Dritteln des Textes. Hier hat Gemmell offenbar umgedacht. Danach ist der Lauf der Handlung flüssiger, und es ist für den Leser einfacher, den Motiven und Gedanken der Handelnden zu folgen sowie Sympathie für sie zu entwickeln.
Das schwerste Manko des Buches ist das Fehlen einer zentralen Figur, die alles integriert. Talaban ist ein tapferer Krieger und Kapitän, dem romantische Gefühle zugestanden werden - er gleicht am ehesten Druss aus Gemmells Drenai-Saga. Questor Rael, einer der obersten Avatars, ist ein General und Befehlshaber à la Caesar, doch ist er mit den moralischen Makeln der Herrscherrasse behaftet - nicht gerade ein Sympathieträger. Der Avatar Viruk ist ein Schlächter und vollkommen verrückt - ihn als Blumenliebhaber hinzustellen, ist schon kühn. Sofarita, die von Viruk als Hure benutzt und dann geheilt, aber von ihrer Familie verstoßen worden war, ist eine Mischung aus Heilerin und Hexe, wie man sie oft in Legenden bzw. Fantasy findet - dabei will sie doch nur ihrer Welt helfen.
Wie man sieht, sind die ungleichen Helden dieses Buches ein Team, ohne es zu wissen. Das mag der Realität nahekommen, in der große Taten vielleicht nur unwissentlich und unkoordiniert vollbracht werden, aber es ist ästhetisch unbefriedigend. Dies trifft auf der moralischen Ebene auch für Avatars und Vagars, die Unterdrückten, zu. Fünf Avatars stellen zwar die Helden (Rael, Talaban, Viruk, Anu, Ro), sind aber durch die Ausbeutung der Vagars moralisch diskreditiert. Die Vagars wiederum, denen unsere Sympathie als den Unterdrückten gilt, greifen zu Meuchelmord als politischen Mitteln, um die Avatarherrschaft abzuschütteln - auch nicht gerade ethisch einwandfrei. So bleibt dem Leser neben der personellen Relativität auch die moralische zu bewältigen. Diese Präsentation der Dinge verrät eine erwachsene und nüchterne Sichtweise. Der Autor Gemell mag dies als notwendig und angebracht empfinden, der Leser - oftmals nicht so erwachsen - belohnt dies jedoch in den seltensten Fällen.
"Echoes of the Great Song" mag zwar große Augenblicke aufweisen, doch insgesamt bleibt seine Lektüre - als ein Stück Fantasy - unbefriedigend. Vielleicht muß man das Buch einfach anders lesen. Vielleicht hätte man es auch nicht als Fantasy anbieten sollen, sondern als Science Fiction. Doch allein schon der Name des Autors steckt das Buch in die Schublade "Fantasy", mit allen Vor- und Nachteilen dieses Genres und seines Marktes.
Michael Matzer © 1999ff
Info: Echoes of the Great Song, 446 Seiten
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Danke.
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