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John Gardner (1932-1982) lehrte als Professor für Anglistik an verschiedenen US-Universitäten und lebte seit den sechziger Jahren als freier Schriftsteller. Neben Romanen Wie "Grendel" schrieb er auch Erzählungen und Märchen für Kinder. Zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten zählt eine Biografie über den englischen Dichter des Mittelalters Geoffrey Chaucer (1977). "Grendel" ist sein bekanntester Roman. Gardner starb bei einem Motorradunfall.
Handlung
Vom Ungeheuer Grendel ist den meisten Anglistikstudenten nur bekannt, daß es ihm bestimmt war, vom Recken Beowulf im Epos gleichen Namens erschlagen zu werden. Denn Grendel ist ein Mittelding zwischen Mensch und Tier, das in einer Höhle unter Wasser haust, zusammen mit seiner kaum der Sprache mächtigen Mutter, und nachts hervorkommt, um die Mannen des jütländischen Dänenkönigs Hrodgar zu erschlagen und zu fressen.
Gardner hat in seinem wunderbaren Buch die Sage auf den Kopf gestellt und erzählt sie vom Standpunkt des Ungeheuers aus, in der Ich-Perspektive, das dadurch viel von seiner Ungeheuerlichkeit verliert. Vielmehr wird es zum Repräsentanten natürlicher Triebhaftigkeit und damit natürlicher Freiheit, wohingegen die Menschen ihre Untaten mit Verschlagenheit, Habgier und Grausamkeit planen und durch schöne Worte rechtfertigen. Brudermord, Landraub, Frauenschacher - all dies ist nur gerecht in den Worten des Oberpriesters Hrodgars, solange er sagt, daß es dem großen Gott gefällt. Dennoch kommt Grendel nicht darum herum, die Menschen für ihre Kunst und Poesie zu bewundern - regelmässig gerät er in Verzückung, wenn der Barde, hier "Bildner" genannt, von Heldentaten erzählt. Sehr oft zitiert Grendel/Gardner selbst die alliterierenden Stabreime der klassischen nordischen Epen.
Grendel, nicht der Recke Beowulf, wird hier zu einem modernen tragischen Helden, der um seinen mit Naturnotwendigkeit eintretenden Untergang weiß und ein düster-pessimistisches Weltbild vertritt. Grendel ist verwirrt von der Art der Menschen und berät sich darüber mit einem anderen nichtmenschlichen Wesen: dem Drachen am Grunde der Welt (die Midgard-Schlange?). Dies ist ein wunderbar intelligentes Wesen und sehr raffgierig: Genau wie Tolkiens Drache Smaug der Glänzende sitzt Grendels Drache auf einem Berg von Juwelen und Gold, den niemand auch nur anfassen darf. In seiner Weisheit sieht der uralte Drache eine Zeit voraus, wenn die Menschheit die Welt zerstört und nur noch Tod herrscht. Grendel schaudert, als der Drache seine zynische Philosophie über die Welt entwickelt und kehrt an die Oberwelt zurück. 12 jahre dauert sein Krieg gegen Hrodgar, und dank eines Zaubers, den der Drache vrliehen hat, kann ihm kein Schwert oder Speer etwas anhaben.
Im letzten Kapitel landet ein großer Recke am Strande Jütlands, der mit seinem Mannen dem alt und gebrechlich gewordenen König Hrodgar beizustehen. Nie wird Beowulfs Name auch nur erwähnt - überflüssig. Er erscheint als eiskalter Killer, eine Maschine, ein zukünftiger Typus Mensch, der die Jütländerrasse ablösen wird. Beowulf ist Gaute (vgl. Götland) aus Südschweden. Es gelingt ihm jedoch, Grendel den Arm abzureißen, der daraufhin flieht. Im Sterben flüstert er den neugierigen Tieren des Waldes zu: "Dem armen Grendel ist ein Unglück zugestossen. So kann es bald euch allen ergehen."
Fazit
In einer poetisch eindringlichen, wunderbar klaren Sprache, sinnlich-anschaulich im Detail, vielfach von Humor durchzogen, erzählt der Autor seine sagenhafte Geschichte. Sie ist an keiner einzigen Stelle langweilig, denn die völlig andersartige, zynische Betrachtungsweise Grendels wirkt wie ein Augenöffner. Als er stirbt, ist man traurig und gerät ins Grübeln, was der Mensch in seiner Eroberung der Welt wohl noch alles an Wundern vernichtet haben mag. Die Welt ist durch Grendel Tod ärmer geworden, doch da er zu den Verlierern gehört und die geschichte von den Siegern geschrieben wird, erinnert man sich nur noch an Beowulf, den neuen Menschen, den Killer.
Michael Matzer / michael@matzer.de © 1999ff
Info: Grendel, 1971; Suhrkamp 1989, Nr. 1611, Frankfurt/M.; 161 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Andreas Vollstädt
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