Frank Bröker

Jukebox BRD - Klappentexte des 21. Jahrhunderts

Kurzprosa. Verlag Jens Neuling, Rodenbach. ISBN: 3936526001

Der Stockreim-Bröker / "Spiel mir das Lied vom PUNK!"
Frank  Bröker: Jukebox BRD - Klappentexte des 21. Jahrhunderts

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Dabei und zwar an vorderster Front war Frank Bröker, als der Punk in die Provinz kam, Friedensbewegte in den Knast und... er anderswohin.

Vor fast zehn Jahren war es in allen Ecken, man spürte es in Kneipen, hörte davon in Jugendzentrumskellern, sah es in Copy-Shops. Manchmal sogar ließen sich die professionellen Kulturmumifizierer und hemdsärmlichen Bürokraten des Lit-Betriebs darüber aus. Schwarz auf elfenbeintürmchen-weiß stand im muffelnden Feuilleton: "Harte Autoren mit hohem Anspruch" melden sich. Lautstark. Frisch und frech wie die NDW reimten, lasen und schrien die neuen Literaten des Downtown Deutschland (Isabel-Rox-Verlag, Essen) in einer Sprache, die jeder versteht, mit Tönen des Punkrock, einem Rhythmus bei dem man mit muss. Social Beat sorgte für frischen Wind, neues Selbstbewusstsein. So wie die NDW war er stilistisch nicht auf einen Nenner zu bringen, das Label bald ausgelutscht, passé. Viele Agitatoren begaben sich zurück in ihre Alltagsjobs als Lkw-Fahrer, Schiffschaukelbremser oder Drucker, engagierten sich bei Poetry-Slams oder in der Bukowski-Gesellschaft. Sie waren und bleiben weit ab von dem Gemache der etablierten Größen und Konzerne, deren Ausstoß man von Tischen in (und Wühlkisten vor) Buchhandlungen kennt. Die Auflagen sind immer noch näher am zwei- als vierstelligen Bereich, gedruckt wird im Copyshop, auf dem Fußboden wird alles sortiert und zusammengeheftet - der Punk lebt weiter. Statt harmonisch-korrektem Middle-of-the-road-Getue alles sehr off; wie einer der nicht-klein-zu-kriegenden Szenestars - Sir Jan Off (Neues aus der Braunschweiger Sonderschule usw.).

Einer, der immer mehr Punk als NDW war, der in seinem Hauptberuf als Sozialarbeiter ("Da stranden ja viele. In der Laberei") mit Süchtigen und Strichern zu tun hat, ist der Sache treu ergeben wie am ersten Tag: Frank Bröker, nebenher Gitarrist bei Fette Helden, Fanzine-Herausgeber, überführter Täter am "Schreibtisch Grössenwahn", Kolumnist, Happening- und Festival-Organisator. Zu dem Roman Schwer verletzt (mit Paralyse City bei Minotaurus, Vevais) tourte er diesen Sommer mit Nice Noise durch die Republik. Sein Uptempo-Cow-Punk ist ganz der Tradition - und dem Knackpunkt - des Social Beat verhaftet: Er unterhält, schnell & gut, aber eher in einer Meute Leute als allein zuhaus'. Auch andere seiner Fiktionen sind radikal subjektiv, ohne Distanz und - wie sein Leben - voller Kaputtniks. Das kann langweilen, ist gleichzeitig natürlich irrer Stoff, direkt aus den Adern eines rohypnol-kennenden bekennenden Hyperaktiven, der nach Nelson Algrens und Bukowskis Maxime handelt - dass ein Schreiber nämlich erstens das Leben kennen sollte, bevor er sich darüber auslässt und zweitens trainieren und immer am Ball bleiben muss wie ein Boxer. Irgendwann werden die Druckerpatronen schon einen Treffer landen. "Wir wollen hasten, hasten an die Tasten, Blatt um Blatt bedrucken, bis die Finger jucken."

So richtig in die Vollen geht Bröker nun mit einem €7,50-Bändchen, in dem er Singles und Jingles seines Schaffens, "Klappentexte", aus seiner Jukebox BRD rollen lässt. Vieles mit wenig literarischer Tiefe, dafür stellenweise mit Augen- und Einblicken voller Klappmesserschärfe, abgrundtiefen An- und Einsichten. Während Pop-Literaten ihre CD-Sammlungen durchkonjugieren, suchte er in Plenums und besetzten Häusern nach dem Leben, wundert er sich heute über "rammsteiniges, böhsonkliges oder tothosiges Lied zwischen den Lippen und Marlboro-Kippen [...] Wes' Lied ich pfeif, des Geistes Kind ich bin". Zwischen nicht wirklich fertig produzierten Nummern kommen aus seinem "verplombten, zerbombten Trottkopf" Zeilen, die es in sich haben. In einem Takt, bei dem nur sitzen bleibt, wer in der Schule immer in der ersten Reihe war - "Wir sind die Jukebox BRD, die Hitparade der Deutschen, aller Volksempfänger Dröhnung, immer auf der Welle, stets auf Empfang. Wir kommen, wann immer man uns drückt. Wir sind die Pickel am Arsch der Vorkriegszeit. Die Gnade der frühen Geburt, die bis in die Steppen des späten Orients hineinblüht. Wir sind Klatschmohnweiber und Steckrübenkerle, immer auf der Suche nach einem lauten, donnernden Sinn, einem materiellen Gott, der uns die kurze Zeit zwischen Himmel und Sand, zwischen Regen und Rinne, Kimme und Korn versüßen soll und doch nur grinst wie ein Honigkuchenpony im Butterfass der EU. Stumpf ist Trumpf. Nicht nur in den Minenfeldern Afghanistans. Mitten in Europa. Tief drin in einem schiefgelaufenen, hochnäsigen, sabbernden Land. Im globalen, nassen Plattfuß, dem kein eleganter Stiefel passt [...] Jeder köchelt in seinem Brei, seiner Ursuppe möglichst einsam vor sich hin..."

Wetten, Bröker hat außer Slime auch Abwärts' Amok/Koma in sich aufgesaugt?

© Matthias Penzel, 2004. Original erschien dieser Artikel in Rolling Stone 10/2002






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