Philip First

In tiefer Finsternis

SF. Heyne, München. ISBN: 3-453--

Philip  First: In tiefer Finsternis

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Den Namen Philip First sollte sich der an Phantastik interessierte Leser merken: First schreibt Bücher mit gutem Stil und gehaltvoller Handlung und Aussage. First gibt sein deutsches Debüt mit einem "metaphysischen Thriller". Dieses Etikett sollte man nicht allzu ernst nehmen. Es handelt sich um ein existentialistisches Buch, in dem ein von Gedächtnisverlust geplagter Mann zu sich selbst zu kommen versucht und am Ende getötet wird, weil das den Menschen, die ihn manipulieren, zu gefährlich erscheint – gerade als er die Stücke des Puzzles zusammengesetzt hatte. Denn nichts in diesem Buch ist so wie es zunächst scheint.

Handlung

Der unter Amnesie leidende Adam Shatt ist nicht das unschuldige Opfer eines von der britischen Regierung finanzierten und geplanten Forschungsexperiments, das Menschen mit Hilfe mikroskopisch kleiner Schaltkreise steuerbar machen will. Ganz im Gegenteil hat er sich – wie seine Frau Judith – als einer der höheren Beamten selbst zur Verfügung gestellt. Die Leitung des Experiments lag in den Händen eines Psychiaters namens Dr. Geld, doch es scheiterte. Shatt konnte aus der Klinik entkommen, wurde aber bei seinem Fluchtversuch überfahren. Das Buch beginnt zu der Zeit, als er wieder gesundet ist, aber ohne Erinnerung.

Der Autor stellt die geistigen Gehversuche Shatts in Richtung Selbstfindung jenen Sitzungen gegenüber, auf denen sich die Leitenden des Forschungsprojekts namens "Evangelium", darunter Judith und Geld, einfinden, um die Lage zu besprechen. Der Effekt: starke Ironie, die zuweilen in Zynismus umschlägt, so etwa, als die Entscheidung fällt, Shatt aus dem Verkehr zu ziehen. Die Beamten reden sich mit Decknamen wie Engel Eins bis Sechs an, und es gibt einen Gott namens Gard. Dieser ist – wie Godot – schon lange nicht mehr gesehen worden und schickt keine Direktiven. Die "Engel" sind sehr verunsichert, was sich wiederum in mehreren Morden manifestiert, die sich in Shatts Bekanntenkreis ereignen. Shatt beginnt unter Verfolgungswahn zu leiden. Ein Spion in Regierungskreisen klärt ihn auf, wessen Opfer er ist, und wird wenig später ermordet.

Die Schlußrunde wird eingeläutet, als Shatt eine Psychologin in Berlin besucht, die ihn weiterführt in eine nicht benannte Stadt im ostdeutschen gebirge. Hier trifft Shatt "rein zufällig" seinen besten Freund aus London wieder: Helmut Wasser, einen Poeten und "Philosophen des kybernetischen Zeitalters". Nach mehreren kafkaesken Szenen stellt sich heraus, daß Helmut "Engel Sechs" ist, der von den Regierungsbeamten gesandte Killer. Nach einer Aussprache tötet er Shatt mit einer aus London ferngezündeten Bombe.

Fazit

Dies ist ein philosophischer Roman mit Action. Der sinnhafte Überbau dieser knapp skizzierten Handlung ist vierfach. 1.) Er übt Kritik an skrupellosen, menschenverachtenden Regierungspraktiken. 2.) Der Zustand von Moral und Ethik zu Ende des 20. Jahrhunderts ist katastrophal; Helmut Wasser gibt die Losung aus "Alles ist erlaubt", da niemand mehr moralische Autorität besitzt und Gott seit Nietzsche (der häufig zitiert wird) eh schon tot ist. 3.) Shatt steht in mystischer Verbindung mit Gaia, dem Lebewesen, das die Gesamtheit der auf der Erde lebenden Kreaturen darstellt und über Bewußtsein verfügt. Dies äußert sich zum Beispiel in einem toten Wald in Ostdeutschland so, daß Shatt einen schmerzenden Ausschlag bekommt und sogar das Bewußtsein verliert. Diese ist eine unverblümte Weiterführung der ökologischen These "Erst stirbt der Wald, dann der Mensch". 4.) Platons Höhlengleichnis, das im Anhang abgedruckt ist, stellt eine höhere philosophische Ebene her, die erkenntnistheoretische und die politische. Platon postuliert, daß diejenigen Menschen, die sich aus den Fesseln der Unkenntnis befreit und zum Licht des Wissens begeben haben, verpflichtet sind, ihr Wissen an die "in tiefer Finsternis" Zurückgebliebenen weiterzugeben, sie "aufzuklären". Diese Wissenden dürfen weder Eigennutz noch Machtgier kennen, müssen also (laut platon) Philosophen sein. Diese seien als einzige zum Regieren geeignet. First zeigt in seinem Roman anhand der Figur des Helmut Wasser, daß dieses Postulat heutzutage erst recht gefährlich geworden ist.

Mit dem zweiten Titel "Das Evangelium des verstorbenen Adam Shatt" verweist First zugleich auf die "Frohe Botschaft" und auf das Forschungsprojekt des "Evangeliums", das das ultimative Glück des Menschen bezweckt- höchstes, bestes Wissen -, doch die illegalsten Mittel dafür einsetzt. Da Adam Shatt ("Adam" ist hebräisch und bedeutet "Mensch", "Shatt" ist ein Wort aus babylonischer Zeit) für den "Strom der Menschen" allgemein steht, wird aus seinem Weg zum Licht und seinem Scheitern eine Parabel auf das Schicksal der Menschheit in unseren Tagen, ein Scheitern in vierfacher Hinsicht.

Michael Matzer ©1999ff

Info: Dark night. A gospel according to the late Adam Shatt, 1989; Nr. 06/5064, 554 Seiten, aus dem Englischen von Ralph Tegtmeier






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