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Im Jahr 2015 umkreist die japanische Solarstation NIPPON die Erde, um die mit Hilfe gigantischer Sonnensegel gesammelte Solarenergie zur Erde zu transferieren - einer Erde, der das Öl ausgegangen ist und deren wichtigste ölverbrauchende Staaten wie etwa die USA, Kanada und Europa bereits im Niedergang begriffen sind. Dafür geht es den pazifischen Anrainerstaaten unter der Hegemonie Japans umso besser. Japan hat alle US-Shuttles gekauft und die Rolle der NASA übernommen. Es betreibt die Forschungs- und Produktionseinrichtungen an Bord der NIPPON.
Leonard Carr, ein früherer "Wüstensturm"-Kampfflieger, ist unser Mann an Bord. Als Hausmeister kann er sich überall unauffällig umsehen und kennt sich aus. Vom Kapitän über Sabotage an Bord unterrichtet, betätigt er sich als unfreiwilliger Freizeitdetektiv. Selten hat man die Schilderung einer zukünftigen Station so verständlich und detailliert gelesen, herübergebracht mit einem trockenen, manchmal sogar schwarzen Humor, so daß man als Leser weiß: Dieser Erzähler weiß, wovon er redet, und man kann sich ihm unbedenklich anvertrauen, wohin auch immer die Reise gehen mag. (Eschbach absolvierte ein Studium der Raum- und Luftfahrttechnik, ehe er in die EDV-Beratung einstieg.)
Nach einem Mord überschlagen sich auf der NIPPON die Ereignisse: Fanatische islamische Glaubenskrieger kapern mit einem ausgetüftelten Trick die Station und übernehmen das Kommando. Nur ganz langsam wird das Geheimnis um ihr wahres Ziel gelüftet: Sie wollen die Heilige Stadt des Islam, Mekka, mit dem energiereichen Mikrowellenstrahl der NIPPON vernichten, damit die Muslim-Armee, die die Stadt belagert, durch dieses "Wunder Gottes" unüberwindbar erscheint und die Welt erobern kann - der Anfang vom Ende der freien Welt.
Doch die Dschihadis, wie sich die Terroristen nennen, haben die Rechnung ohne Carr gemacht. Ungefähr in der Manier von Bruce Willis in den "Die Hard"-Filmen schafft er es im Alleingang, in einem packenden doppelten Finale die Terroristen auszuschalten und ihren Anführer ins Nichts des Weltraums zu schicken. Selten hat man die besonderen Gegebenheiten der Schwerelosigkeit und des Vakuums so effektvoll in Szene gesetzt gelesen wie hier. Um mal wie "TV-Spielfilm" zu werten: drei Action-Punkte, jeweils zwei für Anspruch und Humor sowie einen süßen, kleinen Erotik-Punkt für "Solarstation".
Dieser Thriller ist aus einem Guß, sprachlich vielseitiger als "Die Haarteppichknüpfer", mitreißend und überzeugend erzählt und in seiner Menschlichkeit sympathisch. Auffällt an Eschbachs Stil, daß er für jeden Durchschnittsleser verständlich ist. Er setzt keine Fachkenntnisse voraus, sondern liefert sie en passant und unterhaltsam mit - ebenso wie das ein guter Kriminalschriftsteller tun würde (bzw. sollte). 1997 wurde "Solarstation" mit dem Kurd-Laßwitz-Preis der deutschen SF-Kritiker als bester deutscher SF-Roman 1996 ausgezeichnet.
Michael Matzer (c)1997ff
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