Peter Engstler
Der Sanitäter Nr. 7/96
Lyrik. Verlag Peter Engstler,
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Peter Engstler, engagierter Verleger aus der Rhön, hat im letzten
Jahr die 7. Nummer der unregelmässig erscheinenden Literaturzeitschrift
Der Sanitäter herausgegeben. Der Sanitäter ist, wie die von Jürgen
Ploog herausgegebenen Gasolin/23 Hefte in den 70ern oder Helmut Salzingers
Zeitschrift FALK/Loose Blätter für alles Mögliche in den
80ern, ein Schlüsselorgan für die Vermittlung der amerikanischen
Beat Literatur im deutschen Sprachraum, und wie die erwähnten Magazine
ist auch dieses ein Sprachrohr für deutsche Gegenwartsliteratur. Das
7. Heft enthält Beiträge von zahlreichen amerikanischen und deutschen
Autorinnen und Autoren, Schwerpunkt Lyrik, Gedichte in Erstübersetzungen
von Allen Ginsberg oder Anne Waldman sowie Gedichte von Paulus Böhmer,
Jörg Burkhard, Christoph Derschau, Hadayatullah Hübsch, Hilka
Nordhausen u.v.a.
Ein Kleinod in der heterogenen Textsammlung ist die von Reinhard Harbaum übersetzte Kolibri Ode des amerikanischen Lyrikers McClure. Michael McClure wurde am 20. Oktober 1932 geboren, an Rimbauds Geburtstag, in Marysville, mitten im weiten Prärieland von Kansas. Er wollte in seiner Kindheit Naturkundler werden. Bereits in früher Jugend stieg er über einige alte Nummern des in Paris erschienenen Avantgarde Magazins Transition in die Lektüre der Modernisten, darunter Pound, Artaud, Schwitters, ein und begann unter ihrem Einfluss freie Verse zu schreiben. Ab 1954 studierte McClure in San Francisco Anthropologie und Kunstphilosophie der Nachkriegsjahre. Bald agierte er als Drahtzieher zwischen der Kunst, dem Theater und der Lyrik der San Francisco Renaissance. McClure will, und darum hat ihn hierzulande auch Helmut Salzinger geschätzt, Lyrik aus der Biologie, der Naturbeobachtung schöpfen, und er will, dass diese Lyrik von soziologischer Relevanz ist; "New Society will be biological", lautet McClure's Maxime, auf der noch die Kolibri Ode basiert. Sie stellt ein Klagelied auf einen an der Fensterscheibe zerschmetterten Vogel dar. Nach dem Anruf der Schönheit des toten Kolibris mündet McClure's Gedicht in Fragen, die den vereinzelten Zwischenfall im All transzendieren:
WAS BEFINDET
SICH AUF DEINER SEITE DES SCHLEIERS??
TAUCHST DU DEINEN SCHNABEL
in die unermessliche schwarze Lilie
des Alls? Hält die Süsse
des Schmerzes an?
GIBT ES MUT IN JENER NACHT?
WO SIND DIE FREUDEN DIE DIE BLÜTE
deines Körpers erschufen? Weben sie noch
in der Luft? Deine Gefährtinnen,
deine Lieben? Bist du jetzt
mehr als dieses Fleisch? Endgültig
EIN STERN??
Florian Vetsch
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