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Für einen rechten SPDler bin ich ein RAF-Ideologe, für einen KSV-Vertreter bin ich ein Sozialdemokrat, für andere ML-Richtungen bin ich trotzdem ein Trotzkist, für den Genossen Steigerwald von der DKP bin ich in Kumpanei gegen die Sowjetunion, also ein Anti-Kommunist...
Rudi Dutschke (1940-1979)
Die Welt am Ende der sechziger Jahre: die USA wüten in Vietnam und Indochina, der Prager Frühling wird durch illiberalen Eiswind zu einem jahrelangen Herbst der Demokratie, die heranwachsende Generation stellt unangenehme Fragenn und versucht, dem Konservatismus etwas mehr Progressivität und Freiheitlichkeit beizubringen.
Und Deutschland? In dem Teil, der diesen Begriff damals für sich beanspruchte, hat es ein 1968 gegeben, das keine durchschnittliche Jahreszahl geblieben ist. Also Stichwort '68 und Beispiel Bundesrepublik – und wenn man dann an die reformbestrebte Bewegung im postadenauerschen Staat denkt, dann liegt die Assoziation zum Namen Rudi Dutschke nicht sehr weit. Dutschke war Fokus und Feindbild der Neuen Linken zugleich. Die einen bewunderten ihn als Idol der außerparlamentarischen Opposition, die anderen – moderate SDSler (Sozialistischer Deutscher Studentenbund), von Dünkel behaftete Altbundesrepublikaner oder sonstige das Wort "Pazifismus" falsch verstehende Traditionalisten; der Staat sowieso – sahen in ihm den subversiven Zerstörer demokratischer Strukturen, und selbst Jürgen Habermas ließ sich kurzzeitig zur Äußerung Linksfaschist hinreißen.
Auf jeden Fall war Dutschke aber politisch agil: Ich bin ein Revolutionär. Ein Revolutionär muß die Revolution machen, sprach er bereits 1964. Zu finden ist diese Aussage in dem Buch: Wir hatten ein schönes, barbarisches Leben, in dem Dutschkes Ehefrau Gretchen auf 500 Seiten Einblick in ihres Mannes Leben und gesellschaftliche Hintergründe gibt
Trotz der Einflechtung des Erzählten in die politischen Ereignisse der Zeit bleibt das Buch im Rahmen einer Biographie im Sinne menschlicher Annäherung. Gretchen Dutschke ist geborene Amerikanerin und lebt als Autorin heute wieder in den Staaten. Die Autorin ist dem Buch anzumerken: lebhaft und relativ gleichgewichtig wird das Leben ihres Mannes beleuchtet. Die Rückschau beginnt in Luckenwalde, bei den Kinder- und Jugendjahren des Menschen Dutschke, der nähen und stricken mußte, weil seine Mutter keine Tochter hatte. Gretchen fokussiert erste Probleme mit dem ostdeutschen System und schildert, wie angesichts der '53er Unruhen in der DDR oder dem '56er Aufstand in Ungarn sich sein Gefühl für Selbstbestimmung ausprägte. Weiter geht der Blick auf Repressionen gegen ihn, die dann zwanghafte Ausreise nach West-Berlin und den Mauerbau, mit dessen Realität eines 2-Staaten-Deutschland sich Rudi nie abfinden konnte.
Gezeigt wird Dutschke, wie er den SDS aus der Agonie der langfristigen Planung löste und über die antiautoritäre Theorie in seinen unzähligen Reden die studentischen Masse mit sensibilisierte und aus existentialphilosophischem, von Beat-Klängen getragenem Opportunistentum eine politische Bewegung machte. Er verurteilte die linke Intelligenz, die es so schwer hatte, 'sich vom Geist des Individualismus zu befreien und sozialrevolutionäre Organisationsarbeit zu leisten', schreibt die Biographin.
Dann, die '68er Revolte: Gretchen Dutschke schildert Entstehen und Verwerfen politischer Konzepte, die Auflehnung der StudentInnen und die Folgen, inclusive der Springer-Verlag-generierten Progromstimmung. Es folgen das Attentat auf den roten Rudi und die Flucht der Familie nach England. Die Revolution verebbt und die Dutschkes finden sich in Dänemark wieder, einer intellektuellen und emotionalen Öde, wie des Revolutionärs Frau schreibt. Dort lebt Dutschke größtenteils, bis er stirbt – nah an Deutschland, und doch für ihn viel zu weit weg.
Gretchen Dutschke hat den letzten Text des Aufstandes von 1968 geschrieben, wirbt der Verlag für das Buch. Das läßt sich weder bestätigen noch verneinen, sicher ist aber, daß es eine wichtige Biographie ist. Sie ermöglicht einen ungezwungenen Zugriff auf das Arkadien deutscher studentischer Initiative und die Geschichte des Staates, in dem wir leben. Der Subjektivität kann sich die Autorin sicher nicht entziehen, aber neutral ist das Buch trotzdem, auch wenn man den Eindruck hat, sein Leben wird auf das Politikum Dutschke hin ausgelegt. Dutschke ist nicht gleich '68, das darf man nicht vergessen, er war Märtyrer einer untergegangenen Revolution – und wurde nur von einem Jahrzehnt gebraucht.
Ron Winkler
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Danke.
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