carpe librum -- rezensionen

suchen -- buch-shop -- forum -- weiterempfehlen

Fjodor M. Dostojewski

Der Idiot

Klassiker. Piper Verlag, München, Zürich. 983 Seiten. 14.90 EUR . ISBN: 3-492-20400-7

Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.

Dieses Buch kaufen bei Amazon.de

Buy Fjodor M. Dostojewski: Der Idiot at Amazon.com (USA)

Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.

Fürst Myschin, der Held von Dostojewskis 1869 erschienenem Roman, sitzt im Zug und reist nach Petersburg. Und da er lange Jahre in einer Heilanstalt für Epilepsie und andere Geisteskrankheiten verbracht hat (tja, so hieß das damals eben...) ist ihm die Welt, in die er dort kommt, vollkommen neu: Ihre Bewohner, die Regeln, nach denen sie funktioniert, ihre kleinen und großen Gemeinheiten.
Er ist hochgradig naiv, unschuldig und will überall, wo er Schlechtes sieht, nur Gutes tun - ein "im positiven Sinne schöner Mensch", wie sein Autor selbst es formuliert hat. Er liebt die Menschen (weil er nur Gutes von ihnen denkt), er liebt die Wahrheit, er hat ein fühlendes Herz und außerdem ein wenig Geld in der Tasche.
Leider kehrt sich aber alles, was er anfasst, ins pure Gegenteil dessen, was er eigentlich beabsichtigt hat; er meint es einfach zu gut, zu gut mit allen. Er unterscheidet nicht zwischen 'Feind' und 'Freund'. Die Welt erkennt, wie leicht Myschkin auszunützen ist, nützt ihn entsprechend aus und erklärt ihm bei jeder sich bietenden Gelegenheit überdeutlich, wofür sie ihn hält:
Für einen Idioten eben.
Wo immer Myschkin auch auftritt, stets stiftet er Verwirrung, Hass und Leid. Und der letztendlich am meisten Leid Tragende ist natürlich niemand anders als - er selbst.
Nun, so etwas ähnliches steht ja bereits im Neuen Testament. Frage: Warum sollen wir so was lesen?
Antwort: Weil dieser Idiot ein Held (oder Anti-Held) ist, wie er nur im Buch steht, aber trotzdem mit all seinen Schwächen und Stärken, mit seinen Gefühlen und seiner Ehrlichkeit eine Identifikationsfigur sondergleichen vorstellt, die man einfach lieben muss. Weil er so menschlich, liebevoll und psychologisch einfühlsam geschrieben ist. Weil Dosjtojewski Seite um Seite um Seite und Seite mit Landschaftsbeschreibungen, Personenbeschreibungen, Personencharakteristiken und Exkursen über Gott und die Welt füllen kann - ohne dass einem beim Lesen jemals langweilig würde. Und weil auch die Handlung, so vorhersehbar sie sein mag, bis zuletzt packend und aufregend bleibt.