Akos Doma

Der Müßiggänger

Roman. Rotbuch Verlag, 348 Seiten. 44.00 DM . ISBN: 3-434-53075-4

Akos  Doma: Der Müßiggänger

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Akos Domas Müßiggänger ist ein Oblomov von Heute und das Erzähler-Ich des Textes. Junger Student oder Romanschreiber, aber vor allem einer, der viel schläft, liegt und viel nichts tut. Einer, der aufgehört hat, sich seinen Platz in der Konsum-Gesellschaft zu suchen, der keine Fragen mehr stellt. Er ist unglaublich unscheinbar und bedürfnislos, was er nicht müde wird, bisweilen kokett zu vermitteln. Die Existenz als Negation. Zeit, um sich mit der eigenen Identität und den ihn umgebenden Mitmenschen auseinanderzusetzen, hat er genug. Ein leerstehendes Haus, das er bewohnt, bietet dazu den optimalen Rahmen. Hier werden Erinnerungen, Träume, Reflexionen ins Präsens der Gegenwart geholt. Das wirkt authentisch.

Die Geschichte der Ich-Figur beginnt da, wo sie für andere endet: mit einer Flucht. Die steht synonym für ein geistiges Abtauchen. Verschwunden in der Wüste, für immer vermisst, so lautete der Plan, den der Erzähler mit seinem Freund entworfen hat.

Jetzt wird rückblickend erinnert, großzügig und verschlungen, Personenrede wird nur sparsam gestreut. Mit traumwandlerischer Sicherheit kreuzen sich immer wieder irgendwo die Wege von drei Frauen, zwei Männern und dem Erzähler, dem Fixpunkt des Reigens. Sie sind Schauspieler, Modedesigner, Sachbearbeiter … Figuren, die alle eine besondere Beziehung untereinander und mit dem Erzähler haben, die durch eine starke geistige Intimität geprägt ist.

Es wird geliebt und wieder geliebt, aber wo Liebe ist, ist nie Gegenliebe, weil der eine immer einen anderen liebt. Sie scheinen wie aus dem Nichts aufzutauchen und sich gegenseitig magisch anzuziehen, dann lassen sie sich los, um sich wiederzufinden und wieder zu verlieren. Sie wirken fragil, eigenartig, wie Traumgebilde. Zwei, die ganz losgelassen haben, sind tot, oder konsequent geflüchtet.

Ihre Begegnungen scheinen losgelöst von Zeit und Raum stattzufinden und erzeugen eine dichte atmosphärische Stimmung. Da passiert es auch, dass die Sprache, die sich anstrengt, die bisweilen bildertoll und manieriert ist, in die Überanstrengung kippt oder sich bei Platitüden ausruht wie “es gibt keine Wahrheit” und “alles hängt mit allem zusammen”. Schöner und von großer Suggestionskraft sind die poetischen Passagen, die häufig um die Beschreibung der Figuren oder Naturphänomene gespannt werden. Sie machen den Text nicht düster, aber melancholisch.

“Ich liege auf dem Bett, und doch nicht.” Nichts ist, wie es scheint. Symptomatisch für ein Existieren zwischen Traum und Wirklichkeit – “Habe ich geschlafen, wach geträumt?” - sind motivisch wiederkehrende Absencen des Erzählers, die von Schwindel, Trance über Ohnmacht bis zur Bewusstlosigkeit reichen. Auch das delierende oder trunkene Subjekt wird mit einem innerem Diskurs besetzt. Das hinüber gleiten und wieder verlassen dieser Position, dem inneren Monolog, geschieht unwillkürlich. Das ist eine Position, in der nicht nur für die Befindlichkeit der Psyche des Erzählers gebürgt wird, sondern die auch Simultaneität von Erleben und Erzählen verwirklicht. “Los, aufstehen, à la hopp! Das Bad ist leer, oder doch nicht? Mir ist so schlecht, Verbeugung, tief hinunter, auf die Knie, wer stiert mich so an?(...) Wo ist mein Gesicht?” Doma macht das gut und intensiv.

Wenn nichts ist, wie es scheint, ist gegen ein Happy End nichts einzuwenden. In prallen Farben wird das warme Bild vom Familienidyll (wer mit wem wohl?) gezeichnet, und wir können uns wohlig zurücklehnen, wenn uns nicht just in diesem Augenblick die Realität des Erzählers, unsere Realität, aus drohenden Augen entgegenblickte. Dass eine sonderbare Spannung latent im Text ist, spürt der Leser schon lange. Sollte er bis dahin geschlummert haben, wacht er spätestens jetzt auf. Abtauchen geht eben nicht, und die Liebe ist zerbrechlicher denn je.


Textauszug:
Adela steht am Fenster im grellen Gegenlicht der Sonne, ihr Körper und ihre Seele, wie immer, weit aufgeschlossen. Ich setze mich auf das Bett. Zoltán erhebt sich sofort und nimmt im Sessel gegenüber dem Bett Platz. So verharren wir, gefangen in dem unsichtbaren Feld, das sich zwischen uns gebildet hat, jeder von uns isoliert in seinem eigenen Universum: Adela im Universum ihrer Liebe, Zoltán im Universum seiner Rache und ich im Universum meines Nichthandelns, unbewegt wie Fixsterne, Lichtjahre voneinander entfernt und doch magnetisch aneinandergekoppelt. Denn das, was zwischen uns entstanden ist und uns nicht mehr entläßt, ist die Wärme.


 

 






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